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Whitley Strieber

Whitley Strieber

Titel: Whitley Strieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Kuss des Vampirs
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John Blaylock.
    Nach ihrer Wiedergeburt hatte Sarah die Welt mit ganz anderen Au- gen betrachtet. Das Spiel des Sonnenlichts auf einer Teelöffelkante konnte sie verzaubern. Der schiefe Gesang eines Kindes klang wie himmlisches Glockengeläut. Jeder Atemzug ihrer Lungen fühlte sich

an, als streichelte sie ein Engel. Sie hatte gelernt, für den Augenblick zu leben, konnte sich daran erfreuen, über weiches Leder zu strei- chen, konnte mit einem Mal die frische Morgenluft genießen, wie ver- zaubert einem vorbei flatternden Vogel nachschauen oder einen trop- fenden Wasserhahn fasziniert beobachten. Sie hatte all ihre Zweifel und Ängste mit ihrer verlorenen Vergangenheit begraben (in der es einen langweiligen Freund, ein kleines Apartment und eine viel ver- sprechende Berufskarriere gegeben hatte). Ihre Angst vor den Särgen auf dem Dachboden schien wie weggeblasen, und dies ging soweit, dass sie des öfteren nach oben ging, sich in ihren eigenen Sarg legte, den Deckel zuklappte und so lange dort liegen blieb, bis wegen der drohenden Erstickung ihre Vagina zu pochen begann und sie halb wahnsinnig wurde. Es war pervers, das wusste sie. Miriam hatte eine biedere junge Ärztin in eine dekadente, mordlustige Freidenkerin mit einer kranken, bemitleidenswerten Seele verwandelt. Aber es war so schön ... oder es war schön gewesen, bis diese schreckliche Sache in Paris geschehen war, was immer es sein mochte.
    Gleich nachdem sie wieder auferstanden war und zum ersten Mal ihre Erlöserin gesehen hatte, war Sarah vor Miriam spontan auf die Knie gefallen. Sie, Dr. Sarah Roberts, war Lazarus, aus Dankbarkeit für alle Zeiten Sklavin der Person, die sie wieder zum Leben erweckt hatte. Um die sklavische Unterwürfigkeit, die sie nun empfand, besser zu verstehen, hatte sie zahllose Bücher über sexuelle Abhängigkeit gelesen und sich schließlich sogar mit Zombie-Kunde beschäftigt. Sie hatte alles versucht, um sich aus ihrer Abhängigkeit zu befreien, war sogar nach Haiti geflogen, um mit einem Mann zu reden, der bei ei- nem Zombie-Ritual getötet und von einem Medizinmann wieder zum Leben erweckt worden war. Auch er war auf geheimnisvolle Weise an den Mann gebunden, der ihn ausgegraben und wieder auferstehen lassen hatte, indem er ihn mit einem aus Rattenblut angerührten Schaum einrieb. In dem Augenblick, als die wässrigen Augen des Mannes ihre eigenen getroffen hatten, hatten sie gewusst, dass sie Seelenverwandte waren.
    Miriam nahm den Kopf von ihrer Schulter und flüsterte: »Ich sollte dich wirklich bestrafen, du kleiner Teufel.«
    Sarah wandte sich zu ihr und schaute in ihre bemerkenswerten, mit der frischen Intensität eines Kindes blickenden Augen. Wenn man in diese Augen sah, glaubte man, Miriam wäre ein kleines Mädchen. Nicht der geringste Hinweis war zu erkennen, dass dies ein Jahrtau-

sende altes Geschöpf war. Wenn man genau hinsah, mochte man be- merken, dass der Lippenstift auf seltsam schmale Lippen aufgetragen war, und man könnte erahnen, dass ihre Wangen mit Implantaten et- was fülliger gestaltet worden waren. Aber dies zu erkennen bedurfte schon eines sehr guten Beobachters. Für die meisten Menschen sah Miriam wie eine wunderschöne, elegant gekleidete, wohlhabende junge Frau aus, auf der noch der Tau ihrer Jugend schimmerte. Miriam seufzte, und Sarah stieg der säuerliche Duft ihres Atems in die Nase. »Hol mir einen Wodka«, sagte ihre Herrin.
    Sarah erhob sich aus ihrem Sitz und ging durch den Gang auf den Steward zu, der in der Zweiten Klasse die Mahlzeiten servierte. »Oui, Mademoiselle?«
    »Die Dame auf sieben-A wünscht einen Wodka, sehr kalt, ohne Eis.« »Oui, Mademoiselle, einen Moment bitte.«
    »Sofort.«
    Der Steward verstand ihren Tonfall und schenkte ihr augenblicklich einen großen Drink ein.
    Sarah brachte ihn zu Miriam, die ihn mit einem Schluck hinunter- spülte.
    Es war offensichtlich, dass Miriam in den letzten Tagen Schreckli- ches erlebt hatte. Sarah hatte geglaubt, dass ihre Odyssee zu den Konklaven eine Enttäuschung werden würde, aber was immer gesche- hen war, war noch viel schlimmer gewesen.
    »Noch einen?«
    »Vielleicht in ein paar Minuten.«
    »Ich weiß, wie sehr du dieses Flugzeug hasst.«
    »Ich kann nur hoffen, dass alle möglichen Unfallursachen ausge- merzt wurden.«
    »Hoffen wir's.«
    »Ich nehme doch einen. Bring gleich die ganze Flasche.«
    »Mademoiselle, fürchtet sich die Dame? Möchte sie, dass der Pilot kommt und mit ihr spricht?«, fragte der Steward,

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