Wicked - Die Hexen von Oz

Konsequenzen!«
    Sarima, umringt von ihren aufgeregt tuschelnden Schwestern, sah sich langsam gezwungen, einzuschreiten. »Liebe Tante«, sagte sie,»du vergisst das Gastfreundschaftsgebot der Berge, dasselbe Gebot, nach dem du hier aufgenommen wurdest und nach dir deine alte Kinderfrau. Bei uns werden Besucher nicht abgewiesen. Bitte, meine Herren, verzeihen Sie unserer leicht erregbaren Freundin. Und uns ebenso. Wir haben schon eine ganze Weile keine Soldaten in Uniform mehr gesehen.«
    Die Schwestern machten den Männern schöne Augen, so gut es unter den Umständen möglich war.
    Â»Das lasse ich nicht zu, Sarima«, erklärte Elphaba. »Du kennst die Welt nicht, du weißt nicht, wer diese Männer sind oder was sie tun werden. Ich lasse es nicht zu, verstehst du?«
    Â»Es ist die Lebhaftigkeit, die Bestimmtheit des Auftretens, was das Zusammensein mit ihr zu einem solchen Vergnügen macht«, sagte Sarima ein wenig gehässig – im Allgemeinen genoss sie Elphabas Gesellschaft durchaus. Aber sie mochte es nicht, wenn jemand sich ihre Vorrangstellung anmaßte. »Hier entlang, meine Herren. Ich zeige Ihnen, wo Sie sich waschen können.«
    Irji wusste nicht so recht, was er von bewaffneten Männern halten sollte, und kam ihnen nicht zu nahe. Ob er befürchtete, eingezogen zu werden oder für sie zu schwärmen, konnte er selbst nicht sagen. Er nahm sein Bettzeug mit in die Kapelle und schlief dort, jetzt wo es warm genug war. Ämmchen war der Ansicht, dass er wunderlich wurde. »Glaub mir, nachdem ich mich so lange um den frommen Mann deiner guten Mutter und danach um deine Schwester kümmern durfte, erkenne ich einen religiösen Fanatiker auf den ersten Blick«, sagte sie zu Elphaba. »Der Junge sollte sich von diesen Männern ein wenig Männlichkeit abgucken, einerlei, was sie sonst im Schilde führen.«
    Liir dagegen war im siebten Himmel. Er folgte Kommandeur Kirschstein überallhin, solange er nicht fortgeschickt wurde, und in seiner unverhohlenen maßlosen Anhimmelei holte er den Männern Wasser und putzte ihnen die Stiefel. Um die Täler zu erkunden, die Furten des Flusses zu kartieren und günstige Stellen für Signalfeuerzu bestimmen, mussten sie viel umherstreifen, und das verschaffte Liir mehr Bewegung und frische Luft, als er je zuvor gehabt hatte. Seine Wirbelsäule, die langsam krumm wie eine Gebirgsharfe zu werden drohte, schien sich zu strecken. Die Soldaten beachteten ihn nicht weiter, aber sie waren nicht ausgesprochen unfreundlich, und Liir fasste das als Billigung und Sympathie auf.
    Die Schwestern kamen langsam wieder zur Besinnung, als sie sich vor Augen führten, was für eine Sorte Mann zum Militär ging. Doch es fiel ihnen nicht leicht.
    Einzig Sarima nahm die Störung ihrer Alltagsroutine gelassen hin. Sie sprach bei Dorfbewohnern vor, die ihr einen Gefallen schuldig waren, und bat um Unterstützung bei der Verköstigung der vielen Soldaten, und in einer Mischung aus Widerwillen und Furcht rückten ihre Nachbarn Milch, Eier, Käse und Gemüse heraus. Fast jeden Abend gab es Stracht oder Garmutt aus dem Fischbrunnen. Hinzu kam natürlich das Wild, in dessen Jagd sich die Männer als außerordentlich geschickt erwiesen, vor allem Vögel wie Wachteln, Bergphönixe und Rochjunge. Ämmchen vermutete, dass der Erkundungstrupp Sarima half, ihren Schmerz zu überwinden, denn immerhin kehrte sie an den gemeinsamen Essenstisch zurück.
    Elphaba jedoch war wütend auf alle. Sie und der Kommandeur stritten jeden Tag. Sie verbot ihm, Liir mitzuschleifen – und Liir, mitzugehen –, doch die Wirkung war gleich null. Ihre erste wahre mütterliche Empfindung war das Gefühl vollkommener Ohnmacht. Sie konnte nicht verstehen, wie die Menschheit jemals über die erste Generation hinausgekommen war. Am liebsten hätte sie Liir erwürgt, um ihn vor verführerischen Vaterfiguren zu bewahren.
    Je verbissener Elphaba versuchte, aus Kommandeur Kirschstein mehr über seinen Auftrag herauszuholen, umso eisiger und glatter wurde dieser mit jeder ausweichenden Artigkeit. Wenn sie sich auf etwas nicht verstand, dann auf höfliche Umgangsformen, und dieser Soldat war ein Meister darin. Sie kam sich vor wie seinerzeit unter den höheren Töchtern im Grattler-Kolleg. »Beachte diese Soldatengar nicht, irgendwann gehen sie von selbst«, sagte Ämmchen, die in