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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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Quadlinger verschlagen sein und nie die Wahrheit sagen.«
    Â»Was mag ein Quadlinger auf einen solchen Vorwurf erwidern, wenn ein Quadlinger immer lügt?« Er lächelte sie an.
    Sie schmolz wie Butter auf einem warmen Stück Brot. »Ihnen glaube ich alles.«
    Er erzählte ihr vom Leben im hintersten Huden, von den langsam im Sumpf verrottenden Häusern, von den Schnecken und Disteln, die sie aßen, dem gemeinschaftlichen Leben und dem Ahnenkult. »Sie glauben also, dass Ihre Ahnen Ihnen nahe sind?«, hakte sie nach. »Ich will ja nicht neugierig sein, aber ich interessiere mich neuerdings für Religion.«
    Â»Gnädige Frau mag glauben, dass die Ahnen ihr nahe sind?«
    Sie konnte kaum auf die Frage achten, so hell strahlten seine Augen und so wunderbar war es, »gnädige Frau« genannt zu werden. Ihre Schultern strafften sich. »Meine unmittelbaren Vorfahren könnten mir nicht ferner sein«, antwortete sie. »Ich meine damit meine Eltern – sie leben noch, aber sie gehen mich so wenig an, dass sie ebenso gut tot sein könnten.«
    Â»Wenn tot, sie mögen gnädige Frau oft besuchen.«
    Â»Bloß nicht! Sie sollen wegbleiben.« Sie lachte und machte eine scheuchende Bewegung. »Meinen Sie damit Gespenster? Das hätte mir noch gefehlt. Das wäre das Schlimmste von beiden Welten – sofern es überhaupt ein Anderes Land gibt.«
    Â»Es gibt eine andere Welt«, sagte er mit Bestimmtheit.
    Sie fröstelte. Sie hob Elphaba auf und drückte sie fest an sich. Die Kleine hing schlaff in ihren Armen, ohne sich zu wehren oder die Umarmung zu erwidern, denn es war für sie etwas Neues, angefasst zu werden. »Sind Sie ein Seher?«, fragte Melena.
    Â»Schildkrötenherz mag Glas blasen«, sagte er. Er schien das als Antwort zu meinen.
    Melena fielen plötzlich die Träume ein, die sie früher gehabt hatte, Träume von fremden Ländern, die sie nicht erfunden haben konnte, phantasielos, wie sie war. »Mit einem Pfarrer verheiratet und weiß nicht mal, ob sie an ein Anderes Land glaubt«, gestand sie. Sie hatte gar nicht sagen wollen, dass sie verheiratet war, obwohl das Kind sie wahrscheinlich verriet.
    Aber Schildkrötenherz hatte zu reden aufgehört. Er stellte den Teller hin (die Elritze hatte er übriggelassen) und holte aus seinen Tragetaschen einen kleinen Topf, eine Pfeife und ein paar Säckchen mit Sand, Sodaasche, Kalk und anderen Mineralien. »Mag Schildkrötenherz der gnädigen Frau für ihre Freundlichkeit danken dürfen?«, fragte er. Sie nickte.
    Er entfachte das Herdfeuer, sichtete und mischte seine Zutaten, legte sich alles zurecht und säuberte den Kopf seiner Pfeife mit einem speziellen Lappen, den er in einem eigenen Beutel aufbewahrte. Elphaba saß da wie gebannt, die grünen Hände an den grünen Zehen, Neugierde im scharf geschnittenen Gesicht.
    Melena hatte noch nie jemanden Glas blasen sehen, genau wie sie noch nie jemanden Papier schöpfen, Tuch weben oder aus Baumstämmen Balken hauen gesehen hatte. Es kam ihr so phantastisch vorwie die Dorfgeschichten von der umherziehenden Uhr, die ihren Mann so gründlich verhext hatte, dass er bis heute sein Amt nicht mehr richtig ausüben konnte, so sehr er es auch versuchte.
    Zu einem summenden Ton durch die Nase oder die Pfeife blies Schildkrötenherz eine unregelmäßig geformte Knolle, die trotz ihrer Hitze wie grünliches Eis aussah. Sie dampfte und zischte an der Luft. Er wusste, was er damit zu tun hatte; er war ein Glaszauberer. Melena musste Elphaba zurückhalten, damit sie sich nicht die Hände verbrannte, die sie danach ausstreckte.
    So schnell, dass es wie Magie erschien, war das Glas aus einem halb flüssigen Phantasma zu härtender, abkühlender Wirklichkeit geworden.
    Es war ein glatter, nicht ganz exakter Kreis, wie ein etwas länglicher Teller. Während Schildkrötenherz daran arbeitete, dachte Melena an ihren Charakter, an den Wandel vom jugendlichen Äther zur immer härter werdenden Schale, die völlig durchsichtig war. Auch zerbrechlich. Doch bevor sie in Selbstmitleid versinken konnte, nahm Schildkrötenherz ihre beiden Hände und führte sie dicht an das Glas heran, doch ohne dass sie die Oberfläche berührten.
    Â»Gnädige Frau mögen mit Ahnen sprechen«, sagte er. Aber sie wollte nicht mühsam mit alten langweiligen Toten im Anderen Land

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