Wicked - Die Hexen von Oz
Schnapp?â¹ Und Muhme Schnappzieht einfach den Vorhang ganz fest zu und sagt in so einem merkwürdigen Ton: âºAch, nichts, meine Engelchen. Ich gehe nur mal kurz nachschauen und mich vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Geht ihr nur zu Bett.â¹ Sie sagt gute Nacht und verschwindet, und ich weià nicht, ob sie in den Hof hinuntergeht oder was, jedenfalls schlafen wir beide ein, und am Morgen kommt sie nicht mit dem Tee. Sie kommt immer mit dem Tee! Immer!«
Galinda überlieà sich den Tränen und sank zu Boden, dann hockte sie sich auf die Knie und versuchte, ihr schwarzes Seidenkleid mit den weiÃen Epauletten und den weiÃen Klöppelspitzen zu zerreiÃen. Elphaba, trockenen Auges wie ein Wüstenstein, fuhr fort.
»Wir haben bis nach dem Frühstück gewartet, aber dann sind wir zu Madame Akaber gegangen«, berichtete sie, »und haben ihr erzählt, wir wüssten nicht, wo Muhme Schnapp ist. Und Madame Akaber sagte, Muhme Schnapp hätte in der Nacht einen Rückfall gehabt und liege auf der Krankenstation. Erst wollte sie uns nicht zu ihr lassen, aber als Doktor Dillamond zu unserer ersten Vorlesung nicht auftauchte, sind wir hingegangen und haben uns einfach Einlass verschafft. Muhme Schnapp lag in einem Krankenhausbett. Ihr Gesicht sah so merkwürdig aus. Wir haben sie angesprochen: âºMuhme Schnapp, Muhme Schnapp, was ist geschehen?â¹ Sie hat nichts gesagt, obwohl ihre Augen offen waren. Sie schien uns gar nicht zu hören. Wir dachten, vielleicht schläft sie oder ist im Schock, doch ihr Atem ging regelmäÃig und ihre Hautfarbe war gut, obwohl ihr Gesicht verzerrt war. Als wir gerade gehen wollten, hat sie sich umgedreht und zum Nachttisch geguckt.
Neben einer Arzneiflasche und einer Tasse mit Zitronenwasser lag ein langer rostiger Nagel auf einem Silbertablett. Sie streckte zitternd eine Hand nach dem Nagel aus, nahm ihn und hielt ihn zärtlich in der Hand, und dann redete sie mit ihm. Sie sagte so etwas wie: âºJa, sicher, ich weiÃ, dass du mir letztes Jahr nicht in den Fuà stechen wolltest. Du wolltest nur meine Aufmerksamkeit haben. Genau damit fängt das unartige Benehmen an, dass man ein kleines bisschen Sonderzuwendung haben will. Aber mach dir keine Sorgen, Nagel, denn ichliebe dich genauso sehr, wie du es nötig hast. Und nachher, wenn ich mein Nickerchen gemacht habe, kannst du mir erzählen, wie es kam, dass du im Bahnsteig von Frottika so eine tragende Funktion innehattest, denn das ist doch ein ziemlicher Aufstieg von deinen frühen Jahren als gewöhnlicher Halter eines Schildes ÃBER WINTER GESCHLOSSEN an diesem schäbigen Hotel, von dem du gesprochen hast.â¹Â«
Aber Boq hatte für solchen Quatsch kein Ohr. Er hatte keinen Sinn für die Geschichte von einem lebendigen Nagel, während dort auf der Bahre ein toter Geissbock lag, umringt von aufgeregt betenden Mitgliedern des Lehrkörpers. Boq konnte das Plappern der Gebete um den Frieden seiner Seele nicht mit anhören. Er konnte den Abtransport der Leiche nicht mit ansehen. Denn ein kurzer Blick auf das unbewegte Gesicht des Geissbocks hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass die Kraft, die dem Doktor seine mitreiÃende Art verliehen hatte, schon entwichen war.
Eine verschworene Gemeinschaft
1
Niemand, der die Leiche gesehen hatte, zweifelte daran, dass man hier von Mord sprechen musste. Die Art, wie das Fell um den Hals herum zerzaust und verklebt war wie ein schlecht gesäuberter Malerpinsel, die blutige gelbbraune Augenhöhle. Offiziell verlautete, der Doktor habe ein VergröÃerungsglas zerbrochen, sei gestolpert und habe sich dabei eine Halsschlagader aufgeschnitten â aber das glaubte niemand.
Die Einzige, die sie fragen konnten, war Muhme Schnapp, doch die lächelte bloÃ, wenn sie mit einem Strauà sich hübsch verfärbender Blätter oder einem Teller später Perther Trauben zu Besuch kamen. Sie verschlang die Trauben und plauderte mit den Blättern. Eine solche Krankheit hatte noch nie jemand gesehen.
Glinda â denn als verspätete Abbitte für ihre anfängliche Schroffheit gegenüber dem gemeuchelten Geissbock nannte sie sich jetzt so, wie er sie einst genannt hatte â Glinda schien es angesichts des Zustands von Muhme Schnapp die Sprache verschlagen zu haben. Sie wollte die Ãrmste weder besuchen noch ein Wort über ihre Krankheit verlieren, und so blieb es
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