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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
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Farben. Wie man es auch betrachtete, der Synkretismus des Mythos sprach daraus, seine hemmungslose Aneignungslust. Drückte dieses Bild womöglich die Befürchtung eines beunruhigten Mönchs aus, dass die Tiere ihre Fähigkeiten durch eine Taufe ganz anderer Art erhalten hatten, durch das Trinken an der Brust der kumbrischen Hexe? Dass sie durch die Milch der Hexe erweckt worden waren?
    Solche Analysen waren nicht Boqs Stärke. Er tat sich schon schwer genug mit den Nährstoffen und den Hauptschädlingen der Gerste. Er sollte das Undenkbare tun und diese Schriftrolle Doktor Dillamond vorlegen. Sie war es wert, erforscht zu werden.
    Oder konnte es nicht auch sein, dachte er, als er die Rolle in der tiefen Tasche seines Capes unbeschadet aus der Drei-Königinnen-Bibliothek geschmuggelt hatte und jetzt überlegte, wie er es anstellte, sich schleunigst mit Elphaba zu treffen, konnte es nicht sein, dass die Hexe das klatschnasse Tier gar nicht stillte, sondern es tötete? Dass sie es den Fluten opferte?
    Kunst war ihm einfach zu hoch.
    Auf dem Basar war er auf Muhme Schnapp gestoßen und hatte sie gebeten, Elphaba einen Zettel zu überbringen. Die gute Frau war ihm freundlicher als gewöhnlich vorgekommen – ob Galinda in ihren privaten vier Wänden sein Lob sang?
    Es war das erste Treffen mit der seltsamen grünen Springbohne seit ihrer Rückkehr nach Shiz. Und tatsächlich erschien sie pünktlich zum erbetenen Zeitpunkt im Café, gehüllt in ein lappiges graues Kleid und einen an den Ärmeln ausfransenden Strickpullover, einen großen schwarzen Männerschirm unterm Arm, der eingerollt einer Lanze glich. Elphaba ließ sich auf den Stuhl plumpsen und begutachtete die Schriftrolle. Sie betrachtete sie genauer, als sie sich überwinden konnte, Boq zu betrachten. Aber sie hörte sich seine Auslegungsideen an und fand sie dürftig. »Wieso soll das nicht die Feenkönigin Lurlina sein?«, fragte sie.
    Â»Weil die glamouröse Staffage fehlt. Die goldene Aureole der Haare. Die Eleganz. Die durchsichtigen Flügel. Der Zauberstab.«
    Â»Diese silbernen Schuhe sind ziemlich schrill.« Sie knabberte an einem trockenen Keks.
    Â»Es sieht nicht aus wie die Darstellung einer zielgerichteten Handlung oder meinetwegen der Schöpfung. Es sieht weniger aktiv als reaktiv aus. Diese Gestalt ist zumindest verwirrt, meinst du nicht?«
    Â»Du hast dich zu lange mit Krapp und Timmel herumgetrieben, kehr lieber zu deiner Gerste zurück«, sagte sie, während sie die Rolle einsteckte. »Du wirst vage und affektiert. Aber ich werde sie Doktor Dillamond geben. Ich sage dir, er erzielt einen Durchbruch nach dem anderen. Diese Geschichte mit den gegenüberstehenden Linsen hateine ganze neue Welt der Teilchenzusammenhänge eröffnet. Er hat mich einmal schauen lassen, aber ich konnte nicht viel erkennen außer Spannung und Bewegung, Farbe und Puls. Er ist sehr aufgeregt. Meines Erachtens besteht das Problem jetzt darin, ihn zum Aufhören zu bewegen – ich glaube, er steht kurz davor, einen völlig neuen Forschungszweig zu begründen, und jeden Tag werfen die Ergebnisse hundert weitere Fragen auf. Klinische, theoretische, hypothetische, empirische, sogar ontologische, vermute ich. Er arbeitet bis tief in die Nacht im Labor. Wenn wir abends die Vorhänge zuziehen, brennen bei ihm immer noch die Lichter.«
    Â»Braucht er vielleicht noch irgendetwas von uns? Ich bin nur noch zwei Tage dort in der Bibliothek, dann fängt das Semester an.«
    Â»Ich bringe ihn einfach nicht dazu, irgendwie auf den Punkt zu kommen. Ich glaube, er wirft einfach alles, was er findet, auf einen Haufen.«
    Â»Und Galinda«, fragte er, »wenn wir fürs Erste mit der Bibliotheksspionage fertig sind? Wie geht es ihr? Fragt sie nach mir?«
    Elphaba gestattete sich einen Blick auf Boq. »Nein. Galinda erwähnt dich mit keinem Wort. Um dir eine Hoffnung zu geben, die du nicht verdienst, sollte ich hinzufügen, dass sie in letzter Zeit kaum mit mir geredet hat. Sie schmollt heftig.«
    Â»Wann werde ich sie wiedersehen?«
    Â»Bedeutet dir das so viel?« Sie lächelte matt. »Boq, bedeutet sie dir wirklich so viel?«
    Â»Sie ist meine Welt«, antwortete er.
    Â»Deine Welt ist zu klein, wenn sie nur aus ihr besteht.«
    Â»Die Größe einer Welt kann man nicht kritisieren. Ich kann nichts dagegen machen, und ich kann nicht damit

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