Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Maguire
Vom Netzwerk:
aufhören, und ich kann es nicht leugnen.«
    Â»Ich finde, du machst dich lächerlich.« Sie leerte die letzten Tropfen lauwarmen Tee. »Ich vermute, eines Tages wirst du auf diesen Sommer zurückblicken und dich vor Scham winden. Sie mag ja schön sein, Boq – nein, sie ist schön, ich gebe es zu –, aber du bist ein Dutzend von ihrer Sorte wert.« Als sie seine entsetzte Miene sah, warf siedie Hände in die Luft. »Nicht für mich! Ich meine doch nicht mich! O nein, dieser Leidensblick! Verschone mich!«
    Aber er war sich nicht sicher, ob er ihr glauben sollte. Sie raffte hastig ihre Sachen zusammen und fegte hinaus, wobei der Spucknapf scheppernd umfiel und ihr großer Schirm die Zeitung eines anderen Gastes zerfetzte. Sie schaute weder links noch rechts, als sie über den Eisenbahnplatz stürmte, und wäre um ein Haar von einem alten Ochsen auf einem schwerfälligen Dreirad umgefahren worden.
    7
    Als Boq Elphaba und Galinda das nächste Mal sah, vergingen ihm alle romantischen Gedanken. Es war in dem kleinen dreieckigen Park vor den Toren des Grattler-Kollegs. Er war wieder einmal zufällig vorbeigekommen, diesmal von Avaric begleitet. Die Tore hatten sich geöffnet, und kreideweiß im Gesicht und mit triefender Nase war Muhme Schmund herausgestürzt, gefolgt von einem Schwarm völlig aufgelöster Mädchen. Elphaba, Galinda, Schenschen, Fanny und Milla waren darunter. Außerhalb der schützenden Mauern drängten sich die Mädchen in wild durcheinanderredenden Grüppchen zusammen, standen bestürzt unter den Bäumen oder nahmen sich in den Arm und heulten und wischten einander die Tränen ab.
    Boq und Avaric eilten zu ihren Freundinnen. Elphaba hatte die Schultern hochgezogen wie eine knochige buckelnde Katze, und ihre Augen waren als einzige trocken. Sie hielt eine Armeslänge Abstand von Galinda und den anderen. Boq hätte Galinda am liebsten in den Arm genommen, aber sie sah ihn nur einmal an und vergrub dann das Gesicht in Millas Teckpelzkragen.
    Â»Was ist los? Was ist passiert?«, fragte Avaric. »Damsell Schenschen, Damsell Fanny?«
    Â»Es ist so furchtbar!«, riefen die beiden, und Galinda nickte, und dabei lief ihr die Nase und besudelte die Schulter von Millas Bluse. »Die Polizei ist da, und ein Arzt, aber wie es aussieht –«
    Â»Was denn?«, drängte Boq. Er wandte sich an Elphaba. »Elphie, sag, was ist geschehen?«
    Â»Sie sind dahintergekommen«, sagte sie. Ihre Augen glänzten wie altes Shizer Porzellan. »Irgendwie sind die Schweine dahintergekommen.«
    Knarrend ging das Tor wieder auf, und beregnet von blauen und dunkelroten Blättern frühherbstlicher Kletterpflanzenblüten, die über die Mauer geflattert kamen, wie Schmetterlinge in der Luft tanzten und dann langsam zu Boden sanken, trugen drei Polizisten und ein Arzt mit dunkler Mütze eine Bahre heraus. Der Patient lag unter einer roten Decke, doch der Wind, der die Blütenblätter aufwirbelte, fuhr unter eine Ecke und klappte die Decke zurück. Die Mädchen kreischten alle auf, und Muhme Schmund stürzte vor und schlug die Decke wieder um, doch da hatten schon alle die verdrehten Schultern und den nach hinten gekippten Kopf von Doktor Dillamond gesehen. Striemen geronnenen Blutes verkrusteten seine säuberlich aufgeschlitzte Kehle.
    Erschüttert und fassungslos setzte Boq sich hin und hoffte, dass er keinen Toten gesehen hatte, nur einen, der grässlich verwundet, aber noch zu retten war. Doch die Polizisten und der Arzt hatten keine Eile, es gab keinen Grund zur Eile mehr. Boq sackte mit dem Rücken an die Mauer, und Avaric, der den Geissbock nie zuvor gesehen hatte, drückte mit einer Hand Boqs beide Hände und hielt sich die andere vors Gesicht.
    Bald darauf ließen sich Galinda und Elphaba neben ihm nieder, und es wurde ausgiebig geweint, ehe jemand etwas sagen konnte. Schließlich erzählte Galinda, was passiert war.
    Â»Gestern Abend sind wir zu Bett gegangen, und Muhme Schnapp wollte die Vorhänge zuziehen, wie sie es immer macht. Da schaut sie hinaus und sagt wie zu sich selbst: ›Aha, das Licht brennt, Doktor Geissbock arbeitet wohl noch.‹ Dann guckt sie genauer hin und späht über den Hof und sagt: ›Hm, das ist aber komisch.‹ Und ich achte gar nicht darauf, sondern glotze nur vor mich hin, aber Elphaba sagt: ›Was ist komisch, Muhme

Weitere Kostenlose Bücher