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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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die Seele aus dem Leib, während ich einen netten Tag mit Schmetterlingen im Bauch verbracht hatte?
    Rabenmutter!
    Das ist noch untertrieben, Beelzebub!
    „Mit 200,- Euro können Sie in ganz Deutschland herumfahren, wenn sie wollen“, antwortete wenig später die nette Dame am Schalter.
    Ich stöhnte und eilte weiter in Richtung Ausgang. Was um alles in der Welt war mit meiner Tochter passiert? Hatte sie voller Angst nach mir gerufen und war enttäuscht worden, wieder einmal?
    „Was ist bei euch los, Yvonne? Warum ist Svenja weggelaufen?“
    „Weggelaufen? Das glaub ich nicht.“
    Oder doch? Um Fassung bemüht strich ich mir durch die heute Morgen noch so stolz geföhnten Haare. Es gab niemanden mehr, dem ich etwas vormachen konnte. „Ich habe keine Ahnung.“
    Hatte ich überhaupt je Ahnung gehabt? Konnte es sein, dass Svenja, meine süße kleine Svenja, einfach davongelaufen war? Dass sie ohne ein Wort davongeschlichen war und unserem gemeinsamen Leben den Rücken gekehrt hatte?
    Und schlimmer noch: Was hatte ich getan, dass sie mit ihren Sorgen nicht erst zu mir gekommen war?
    Beelzebub, der sich bisher gnädig zurückgehalten hatte, gähnte und zog gleich eine ganze Liste von Gründen aus der Tasche: Dass ich viel zu weit gegangen war, als ich Svenja wegen ihrer zunehmenden Körperfülle aufgezogen hatte. Dass mein betont pädagogischer Umgang mit Saschas grünen Haaren sie verletzt haben könnte. Und überhaupt waren die vielen Regeln, die das Zusammenleben zwischen uns leichter machen sollten, im Grunde völlig unangebracht, weil zu eng und überhaupt ...
    Ich wollte nach Hause.
    „Svenja ist ein kluges Mädchen“, sagte Lotta in meine trüben Gedanken. „Sie wird schon auf sich aufpassen.“
    Ich nickte, aber in meinem Kopf tauchten andere Bilder auf, schlimme Bilder. Ich musste unter allen Umständen verhindern, dass sie Wirklichkeit wurden.
    „Wir sollten die Polizei einschalten!“
    „Hab ich schon“, antwortete Lotta, und ihre Stimme hatte etwas Tröstendes. „Dort sagte man mir, dass es für eine Vermisstenanzeige noch zu früh ist, viele Jugendliche tauchen in den ersten 24 Stunden von alleine wieder auf.“
    Ich ahnte, dass der Beamte noch mehr gesagt hatte, hakte aber nicht nach. Es gab viele vermisste Kinder, zu viele.
     

5
     
     
    Ich versuchte benommen, die Augen zu öffnen, die sich dick und seltsam verquollen anfühlten. Was war da los? Hatte ich einen Kater und wusste von nichts?
    Auf der Suche nach Erklärungen blitzten Erinnerungsfetzen auf: Ein gestikulierender, rot livrierter Kellner im Speisewagen. Ein italienischer Charmeur im Jeansanzug. Lotta, die mir mit ernstem Gesicht einen Birnen-Schnaps aus ihrem Geheimvorrat reichte.
    Moment, das war zu schnell. Warum war sie so ernst? Und warum heulte ich am laufenden Band, statt den Alkohol zu genießen?
    Svenja ist weg!
    Auf einmal saß ich hellwach im Bett. Was zur Hölle war passiert? Was hatte meine wundervolle, durchgeknallte und überaus liebenswerte Tochter dazu getrieben, wegzulaufen? Mich zu verlassen?
Kommt dir das bekannt vor, Yvi?
    Ach, halt die Klappe, Beelzebub!
    „Bist du wach?“ Lotta linste durch den handbreit offenen Spalt an der Tür. „Schon fit genug für einen Kaffee?“
     
    „Also gut“, begann Lotta, nachdem ich endlich an meinem Küchentisch saß. „Krankenhaus und Ausnüchterungszelle fallen weg, die melden sich, falls noch was reinkommt. Aber wir sollten nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen, Svenja ist ein kluges Mädchen. Was könnte es sonst sein? Ist dir an Svenja irgendwas aufgefallen? War sie anders als sonst? Hattet ihr vielleicht Krach? Denk nach, Yvonne!“
    Als hätte ich mich das nicht selbst schon gefragt, oft genug. Dennoch bemühte ich mich um eine Antwort: „Wenn du die leidige Bettelei um ein Bauchnabel-Piercing oder neue Haarfarben mal weglässt, eigentlich nichts. Klar gab es die üblichen Diskussionen, aber die sind ja nicht neu.“
    „Dann vielleicht bei dir? War da etwas ungewöhnlich oder anders?“
    „Noch ungewöhnlicher als der Brief von PEPITA, meinst du?“
    Sie nickte. „Alles könnte wichtig sein. Denk nach!“
    Zum x-ten Male ließ ich die Erinnerung an die letzten Tage abspulen wie ein Videoband, das man beliebig vor- und zurückfahren konnte. „Vor zwei Wochen kam der Brief , an meinem Geburtstag, das weiß ich noch. Svenja war eingeschnappt, weil ich ihr nicht noch eine Hose kaufen wollte, ihre ist schon wieder zu eng.“
    Lotta winkte ab. „Was noch? Gab es

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