Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
außer dem Brief von PEPITA weitere Überraschungen? Einen neuen Freund vielleicht?“
„Quatsch! Was du immer gleich denkst!“ Ich wischte die Bemerkung vom Tisch. „Höchstens der Gutschein von Falk, aber ich wüsste nicht, was daran so ...“
„Gutschein? Welcher Gutschein? Davon weiß ich ja gar nichts.“
„Ich muss dir ja wohl nicht über alles Rechenschaft ablegen, oder?“, schnappte ich.
„Du vielleicht nicht“, entgegnete sie. „Aber Svenja würde mir so etwas bestimmt nicht vorenthalten. Also schieß los: Was war das für ein Gutschein?“
Ich erzählte alles: Vom rosa Umschlag über das babyblaue Briefpapier bis hin zu dem Gutschein im Hotel AURORA, immer wieder von Heulanfällen und Naseputzen unterbrochen.
„Wo ist der Gutschein jetzt?“
„Weiß nicht mehr, irgendwo halt.“
„Und wo genau könnte irgendwo sein?“
„In der Schublade, denke ich, bei den Papieren. Aber da ist er mir gestern gar nicht aufgefallen, als wir nach dem Sparbuch gesucht haben.“ Das auf mysteriösen Wegen verschwunden war, genauso wie Svenjas Ausweis und eben dieser Gutschein für das Hotel Aurora. Gehetzt sprang ich auf und durchwühlte noch einmal alle Schubladen. Nichts, nur der achtlos zusammengefaltete Brief von Falk. Hatte Svenja ihn etwa gelesen?
„Ich muss ihn verlegt haben“, stammelte ich und begann hektisch herumzukramen. Svenja, meine Svenja, ganz allein mit nichts als einem Sparbuch und einem Koffer voller Sorgen …
Wenigstens Lotta blieb gelassen. „Hotel AURORA, sagst du? Weißt du noch, in welcher Stadt?“
„In Velbert, glaube ich, die Adresse weiß ich nicht mehr. Frag Falk, der muss es ja wissen.“
„Yvi, meine Teure, schön, deine Stimme zu hören“, flötete Falk, kaum dass er abgenommen hatte. Da mein Ex eigentlich ein Morgenmuffel war vermutete ich, dass er wieder einmal eine Nacht in der Kanzlei verbracht hatte. Arbeit statt Liebesleben – noch ein Grund, warum es bei uns einfach nicht geklappt hatte.
„Der Gutschein“, stammelte ich, unfähig dazu, einen klaren Satz zustande zu bringen. „In welchem Dorf liegt dieses verdammte Hotel?“
„Ah, du hast mein Valentins-Geschenk bekommen. Hat es dir gefallen?“
Ich war den Tränen nahe. Meine Tochter irrte mutterseelenallein in der Gegend umher, und er raspelte Süßholz. „Svenja ist weg“, heulte ich ins Telefon. „Mit deinem Gutschein und ihren gesamten Ersparnissen. Also sag mir jetzt sofort, wo dieses Hotel ist!“
Meine Stimme schrappte verdächtig an der Hysterie-Marke, aber das war mir gerade total egal. Es gab Wichtigeres als ein fragwürdiges neues Image, das sowieso gelogen war.
Falk überlegte kurz und riss dann – typisch Mann! – das Ruder meines hilflos umher trudelnden Rettungsbootes an sich. „Wo bist du?“
„In meiner Wohnung.“
„Allein?“
„Nein, Lotta ist bei mir.“
„Beruhige dich und trink noch einen Kaffee. Oder besser einen Likör, Hauptsache, du bleibst wo du bist. Ich rufe jetzt in dem Hotel an und frage nach Svenja. Die meisten Termine kann ich verschieben, in einer Stunde hole ich dich ab. Ach, und noch etwas: Vergiss die Ausweise nicht.“
„Ausweise? Wieso Ausweise?“, stotterte ich.
„Wer weiß, manchmal – nun, nicht alle Teenager wollen in solchen Situationen zu ihren Eltern zurück“, umschrieb er taktvoll seine Erfahrungen. „Und sie sind auch nicht immer allein. Je nach dem musst du vielleicht beweisen, dass Svenja noch keine achtzehn ist und du das Sorgerecht hast.“
Wie grauenhaft! Verglichen damit hatten Krankenhaus und Ausnüchterungszelle geradezu tröstlich geklungen!
„Hör auf, so zu reden, Falk, so eine ist Svenja nicht. Sie liebt ihren Sascha über alles, und nicht mal der weiß, wo sie ist.“
„Eben!“
Falk hielt Wort und bog pünktlich um halb elf um die Ecke. Ich erwartete ihn bereits, die Tasche mit meinem Ausweis und Svenjas Büchereikarte in der Hand, etwas anderes mit Bild hatte ich in der Eile nicht gefunden. Lotta wollte die Stellung halten für den Fall, dass Svenja sich meldete. Ach Svenja!
Unterwegs bemühte sich mein Rechtsanwalt, Ex-Freund und Ex-Chef redlich, aber leider erfolglos zu erklären, warum er trotz gebotener Eile nicht schneller fahren konnte. Wie durch ein Wunder verging die Zeit trotzdem und das Navigationssystem gab nach einer gefühlten Ewigkeit Entwarnung: „In zweihundert Metern rechts abbiegen. Sie haben Ihr Ziel erreicht“, teilte die stets freundlich bleibende Damenstimme mit.
„Na
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