Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
und meint nicht dauernd, dass sie an mir rummachen müsste. Sie lässt mich Sachen ausprobieren, zum Beispiel Popopflege mit und ohne Babyöl, und anschließend entscheiden wir, wie ich es machen will. Sie sagt mir nicht einfach, was ich zu tun habe.“ Sie sah mich an. „So wünsche ich mir das auch für Kim, verstehst du? Eine Mutter hat sie ja schon, mich. Vielleicht solltest du dich ein bisschen zurückhalten, sonst hat sie irgendwann zwei Mütter, die an ihr rummeckern. Und keine Oma, die sie einfach nur in den Arm nimmt und tröstet, wenn sie mal einen Fehler macht oder unglücklich ist oder sich langweilt.“
„Aber es gibt so vieles, was du noch nicht weißt“, versuchte ich zu erklären.
Svenja schüttelte nur den Kopf. „Na und? Dann werde ich es eben lernen. Oder hast du schon alles gewusst, als ich auf die Welt kam?“
Hast du vergessen, wie man mit 15 ist?, fragte Anni . Unkaputtbar!
Ich dachte an die ersten Monate in Berlin, in denen so ziemlich alles schief gelaufen war. „Nein, Svenja, ich war nicht unfehlbar. Ich wollte niemanden um Rat fragen, besonders nicht Lotta, und habe gehörig Lehrgeld dafür gezahlt. Am Ende blieb mir nichts anderes übrig als sie zu bitten, nach Berlin zu kommen und mir zu helfen. Aber soll ich deswegen zusehen, wie du all diese Fehler noch einmal machst, wenn ich es dir ersparen kann?“
Sie lachte leise und stieß mich mit der Schulter an. Plötzlich war kein Ärger mehr zwischen uns und keine Konkurrenz. „Aber es sind dann meine Erfahrungen, Mama, und nicht deine.“
„Und wenn du dabei auf die Nase fällst?“
„Dann lerne ich eben, wie man wieder aufsteht. Oder meinst du, dass ich wie du mit 35 noch am Rockzipfel meiner Mutter hängen will?“
„Ich ... aber ...“ Satz und Sieg für Svenja!
Unerwartet schlich eine feuchte, vom Kampf mit dem Krustenbraten noch ganz klebrige Hand um meine Schultern und drückte sie sanft. „Nicht traurig sein, Mama. Vertrau mir einfach. Deine Ratschläge sind bestimmt toll und praktisch ich melde mich auch bestimmt, wenn ich sie brauche. So wie du bei Lotta.“
„Bestimmt?“
„Versprochen!“
„Ich werde Zeit brauchen, um das zu verdauen.“
„Weiß schon“, gab Svenja zurück und lehnte sich für einen Augenblick an mich. „Bist ja schließlich eine Blitz-Oma, ohne Vorbereitungszeit und so, da muss man Geduld haben.“
Ich dachte an den knubbeligen Franzosen, der diesen Begriff geprägt hatte, und konnte schon wieder lächeln. „Tja, da sagst du was. Ging wirklich ganz schön schnell die Sache mit dem Omawerden.“
Aus der Küche zischte es. Kimmies Mundwinkel zuckten verdächtig und ein erstes Schluchzen kündigte die kommende Katastrophe an.
„Oh je, die Suppe!“, quiekte Svenja und sprang auf. Halb in der Tür drehte sie sich noch einmal um und fragte panisch: „Und was jetzt?“
Ich unterdrückte ein Grinsen. „Platte kleiner drehen und Deckel runter, bis es nicht mehr kocht. Dann das Schaumsieb nehmen und ...“
„Was zum Teufel ist ein Schaumsieb?“
„Der riesige Löffel mit den vielen kleinen Löchern, von dem du nie wissen wolltest, wofür man ihn braucht. Stell dir einfach vor, er wäre ein kleines Sieb und du wolltest damit den Schaum abschöpfen.“
„Welchen Schaum?“ Svenjas Stimme schraubte sich bereits in Schwindel erregende Höhen.
„Sieh nach, dann weißt du es.“
Sie klappte den Mund zu und flitzte in die Küche. „Verdammt!“, hörte ich sie schimpfen, dann setzte hektisches Geklapper ein. Topfdeckel mit bloßen Fingern angefasst, vermutete ich und konnte mir gerade noch den Mund zu halten, bevor ein weiterer gut gemeinter Rat herausschlüpfte.
Ich legte Kimmie ins Bett und verließ das Zimmer auf Zehenspitzen. Nein, es war nicht leicht, Mutter zu sein, damals genauso wenig wie heute. Und wenn Svenja nur halb so viel Angst davor hatte wie ich, verdiente sie meine ganze Achtung dafür, dass sie es überhaupt versuchte. Wenn sie das konnte, würde ich doch wohl auch so einen dämlichen Marathon schaffen, oder?
13
„Du kannst nächste Woche nicht nach Berlin!“, protestierte ich. „Ab Montag habe ich Frühdienst an der Kasse, und Svenja geht wieder zur Schule. Ich brauche dich hier!“ Genervt von Babygeschrei und Rockmusik hatte ich mich wieder einmal ins Badezimmer verzogen, um wenigstens in Ruhe telefonieren zu können.
„Es ist ja nur für eine Woche“, beruhigte Lotta. „Lass dir was einfallen, Yvonne, werd kreativ. Es ist längst
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