Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
wissen, was ich wollte!
Zu spät!, grinste Anni und zog sich amüsiert in ihre Ecke zurück.
12
Überraschend fröhlich parkte ich eine Stunde später meinen Polo vor unserem Haus und pfiff erleichtert: Kein Babygeschrei, keine Qualmwolken aus dem Fenster, kein Blaulicht vor dem Haus. Wie es schien, war alles in bester Ordnung und ich konnte langsam von Wolke sieben zurück auf den Boden der allein erziehenden Mutter finden.
Von wegen langsam und gemütlich: Bereits im Hausflur empfing mich der Duft nach gekochtem Fleisch. Wer von den Nachbarn wohl um diese Uhrzeit schon sein Mittagessen vorbereitete? Bis auf Frau Sanders waren alle berufstätig, und die ließ sich Essen auf Rädern kommen. Sehr seltsam!
Ich öffnete die Wohnungstür und schnupperte. Unbestreitbar, der Duft kam aus der Küche. Aus unserer Küche wohl gemerkt, in die Svenja freiwillig keinen Fuß setzte, außer um den Kühlschrank zu plündern.
„Hi Mama!“, kam es von eben dort. „Du kannst dich gleich hinsetzen, ich hab schon gekocht.“
Angesichts des Anflugs von Stolz in ihrer Stimme entschied ich mich, das aufkeimende Misstrauen zu überhören und Zeit zu schinden. So flog erst einmal die Jacke auf die Garderobe.
„Riecht gut!“, log ich und beobachtete voller Stolz, wie meine Tochter konzentriert in einem Topf rührte.
„Mir war langweilig und da dachte ich, wenn du nach Hause kommst hast du vielleicht Hunger.“
Wie süß! Ob sie doch ein paar weibliche Gene geerbt hatte?
„Was gibt es denn Schönes?“
„Suppe.“
„Aha.“ Jetzt nur nichts Falsches sagen! „Riecht gut.“
Vorsichtig wagte ich einen Blick über Svenjas Schulter, konnte aber außer braunem Schaum und einem riesigen Fleischberg nichts erkennen. Immerhin, ein paar farbige Partikel ließen hoffen, dass sie gekörnte Brühe verwendet hatte, von Lotta liebevoll Maria Hilf genannt. „Was für eine Suppe wird das denn?“
Svenja drehte sich irritiert um und wurde steif wie ein Spazierstock. „Wie, was für eine Suppe? Suppe eben. Kannst ja gleich sagen, dass du keine willst, dir ist ja nie was recht.“
Jetzt geht’s lo-os !, freute sich Beelzebub.
Zickenalarm!, grinste Anni und rieb sich die Hände. Solange es nicht um ihre Kinder ging, fand sie solche Kämpfe erheiternd.
Nur nichts überstürzen !, mahnte Supernanny Thea und rezitierte pädagogisch wertvolle, aber im Moment leider unbrauchbare Ratschläge für den Umgang mit pubertierenden und daher schnell verletzbaren Teenagern.
Ich selbst hatte weder Lust auf einen Streit noch auf Pädagogik sondern fürchtete um die Suppe. „Sei nicht eingeschnappt und lass dir helfen, Svenja. Was du da kochst, riecht fantastisch und gibt bestimmt eine prima Grundlage für deine Suppe ab. Vermutlich sogar für mehrere Suppen. Welches Fleisch hast du denn genommen?“
Sie zuckte mit den Schultern und starrte weiter in ihren Topf. „Irgendwas aus der Kühltruhe“, knurrte sie. „Sah unappetitlich aus mit dem ganzen Fett dran, da hab ich gedacht, das ist bestimmt Suppenfleisch.“
Ade, du schöner Krustenbraten! Ich seufzte und versuchte es diplomatisch.
„Auf was für eine Suppe hast du denn Lust?“
„Nudelsuppe, mit Rindfleisch. So wie Lotta sie neulich gemacht hat.“
Ich verkniff mir den Impuls, alles abzusieben und in einen neuen Topf umzufüllen, und griff stattdessen zu einem Kochbuch. „Bis zum Mittag ist die Suppe fertig, du wirst sehen. Es geht zwar schneller, wenn man das Fleisch vorher in Stücke schneidet, aber so klappt es auch.“
Svenja schluckte ihre Enttäuschung hinunter, ein Anfang schien gemacht. „Ich kann es ja immer noch zerschneiden, ist ja noch nicht lange drin.“
„Wie lange etwa?“
„Eine halbe Stunde oder so. Glaube ich.“
Ich holte das große Holzbrett mit der Ablaufrinne, reichte Svenja zwei Gabeln und sparte nicht mit guten Ratschlägen, wie sie den großen und ziemlich widerspenstigen Fleischklotz aus dem siedenden Wasser heraus bekommen konnte. Irgendwann würde sie sowieso kochen lernen müssen, warum also nicht jetzt?
Svenjas Gesicht war inzwischen rot angelaufen. Immer wieder stürzte der missbrauchte Braten ins Wasser zurück und spritzte heiße Tropfen auf ihre ungeschützten Hände. Ich hielt weise den Mund.
Doch das Schicksal schien heute gegen mich zu sein, denn mitten in die gespannte Situation platzte Kims Weinen.
„Auch das noch!“, schimpfte Svenja und ließ den Braten fallen. Heiße Spritzer verteilten den Sud überall. Kurz bevor
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