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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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sie einen Wutanfall bekommen, die Gabeln fortwerfen und beleidigt aus dem Zimmer stapfen konnte ging ich zur Tür.
    „Ich geh schon, Svenja. Mach weiter, du schaffst das schon.“ Wenn das nicht pädagogisch war!
    Ein giftiger Blick aus schmalen Augen und ihr zu einem Strich zusammengekniffener Mund ließen allerdings Zweifel aufkommen.
    Schnell weg!, empfahlen Thea und Beelzebub wie aus einem Mund.
    Ich gehorchte. Weg von diesem kurz vor dem Ausbruch stehenden Vulkan und hin zu dem winzigen, hilflosen und unschuldigen Wesen, das Zuwendung brauchte, mich anlächeln würde und so die Produktion der körpereigenen Glückshormone in unendliche Höhen schnellen ließ ...
    Von wegen seliges Lächeln! Unter Kims Rücken hatte sich ein feuchter Fleck gebildet, sie war wohl länger nicht gewickelt worden. Doch statt Svenja an ihre mütterlichen Pflichten zu erinnern, nahm ich die Kleine aus dem Bett und wanderte mit ihr im Zimmer herum, bis sie sich beruhigte und nur noch leise schluchzte.
    Ich besah mir das Durcheinander in Svenjas Zimmer. Hier würde ich garantiert keinen Platz zum Wickeln finden. Noch immer fest entschlossen, keinen Streit anzufangen, drückte ich Kimmie an meine Schulter und schritt ins Bad. Sollte Svenja doch selbst ihr Zimmer aufräumen, sie hatte es ja auch vermüllt.
    Die Waschmaschine bot einen akzeptablen Ersatz für den Wickeltisch. Ich breitete ein flauschiges Saunatuch darauf aus, richtete eine Schüssel mit warmem und eine mit kaltem Wasser und begann, mein Enkelkind zu säubern.
    Seltsam, wie routiniert die Handgriffe auch nach so vielen Jahren noch von der Hand gingen, die Bewegungen waren so selbstverständlich wie Autofahren. Was Svenja jetzt erlebte, war dem Gefühl bei der ersten Fahrstunde sicher nicht ganz unähnlich. Und wo es an Erfahrung fehlt, passieren halt Fehler ...
    Irgendwann spürte ich ein störendes Prickeln im Nacken. Svenja stand in der Tür und sah mir interessiert zu.
    „Wann hast du deine Tochter eigentlich zuletzt gewickelt?“, fragte ich trotz aller guten Vorsätze. Und sah förmlich, wie Supernanny Thea von Grünberg die Augen verdrehte.
    Du kannst es nicht lassen, oder?
    „Um sieben“, gab Svenja patzig zurück, drehte um und verschwand in Richtung Küche.
    Jetzt war ich nicht mehr zu bremsen. „Da habt ihr doch beide noch geschlafen!“
    „Bei dem Krach, den du und Sascha beim Aufstehen macht, konnte ich das ja wohl nicht mehr. Und da ich schon mal wach war, habe ich die Zeit genutzt und Kim gewickelt.“ Ein schmatzendes Geräusch verriet, dass der Braten endlich auf dem Brett gelandet war. „Und mit welchem Messer schneidet man das jetzt auf?“
    Ich wollte Svenja nicht so ohne Weiteres die Flucht erlauben, nicht mal zu Küche und Braten. „Warum hast du nicht gewartet, bis sie von selbst aufwacht? Ich hab dir doch erklärt, warum es für Babys wichtig ist, ihren eigenen Rhythmus zu finden.“
    Jetzt landete das Besteck endgültig auf dem Küchentisch und Svenja wieder im Türrahmen, die feuchten, fettigen Hände in der Luft, damit sie nichts voll tropften. „Mama, hör endlich auf damit, du bist nicht ihre Mutter!“
    Ich zuckte zusammen und griff in einem Anfall von Panik nach der Windel für Neugeborene. Erstaunlich, dass man so winzige Dinger überhaupt herstellen konnte!
    „Natürlich bin ich nicht Kims Mutter“, antwortete ich dünn.
    Svenja machte eine kurze Pause und fuhr leise fort: „Nein, bist du nicht. Du bist ihre Oma.“
    Ich schluckte, die Augen noch immer starr auf den winzigen Körper gerichtet, dessen Gesicht sich unter meinen geübten Händen zu einem wohligen Grinsen verzog. „Aha. Und was sollte eine Oma deiner Ansicht nach anders machen?“
    „Alles.“
    „Geht das konkreter?“
    „Überhaupt alles eben. Omas erziehen nicht, sie sind einfach da, man kann mit allem zu ihnen kommen. Sie schimpfen nicht sondern kümmern sich um kaputte Knie und Durst und eine Sechs in der Arbeit und so, aber sie meckern nicht dauernd an einem rum.“ Nun musste sie doch überlegen. „Weil, das tun die Mütter ja schon.“
    Puh, das saß! „Wie kommst du darauf, dass Omas nicht erziehen? Und was macht Lotta?“
    „Lotta erzieht nicht. Die hat Verständnis.“
    „Das habe ich aber ganz anders in Erinnerung.“
    „Ja, du vielleicht, du bist ja auch ihre Tochter. Mütter müssen ihre Kinder erziehen, dafür sind sie ja da. Zu mir ist Lotta ganz anders.“
    „Und wie ist sie zu dir?“
    „Wie ich gesagt habe. Sie ist da, wenn ich sie brauche,

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