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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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Aber wahrscheinlich habe auch daran wieder ich Schuld.“
    „Hättest eben gestern die Zwiebeln nicht essen dürfen, ich hab ja gesagt, dass die Blähungen verursachen. Aber Fräulein Tochter weiß ja immer alles besser!“
    Bevor ich völlig die Beherrschung verlor, griff ich nach meinem Rucksack, drückte Svenja ihr Baby in die Hand und hechtete zur Tür.
    „Heute wirst du dich um sie kümmern. Geht von mir aus raus, ein bisschen frische Luft tut euch beiden gut. Und schieb das nicht wieder auf Sascha ab, der muss sich endlich mal auf seine Prüfungen vorbereiten. Wenn das nicht klappt, geht er morgen zurück zu seinen Eltern, wäre wahrscheinlich eh besser für seine Noten.“
    Mit diesen Unheil verkündenden Worten stapfte ich aus der Wohnung. Viel zu früh für den Dienst im Studio und zu spät für eine Trainingsrunde an der Ruhr. Dort würde es inzwischen von Spaziergängern, Radfahrern und frei laufenden Hunden nur so wimmeln, an geregeltes Lauftraining war nicht zu denken. Ingo wusste zwar nichts von meinen selbst verordneten Mammut-Läufen, aber mir war der von ihm erstellte Plan zu langweilig. 21,0974 Kilometer waren nicht mit gemäßigtem Dauerlauf zu überstehen, ich wollte mindestens zehn Kilometer am Stück. Jede Woche.
    „Mist! Mist! Mist!“, schimpfte ich und setzte mich mutlos hinter das Steuer. Wohin nur mit dieser Stunde? Ich war doch sonst nie verlegen darum, ein bisschen Zeit sinnvoll unterzubringen.
    Geh schlafen, dann bist du vielleicht wieder zu ertragen.
    Na danke, jetzt war ich also wieder an allem schuld.
    Kommt dir das bekannt vor?
    Ob Svenja und ich wohl jemals Ruhe in unseren Alltag bringen würden?
    Wie denn, wenn man von allen Seiten unter Druck gesetzt wird?, schmeichelte Thea.
    Wo kam die denn auf einmal her? Das dachte wohl auch Beelzebub:
    Ach, auf einmal? War es nicht dein Reden, Thea, dass für jede halbwegs normale Frau das Leben aus Aufgaben besteht und nicht aus Problemen? Dass sie dafür biologisch bestens ausgestattet ist und es sich schuldet, ihre Kreativität und Fantasie dafür einzusetzen, statt heulend in der Ecke zu sitzen und über die böse, böse Welt zu jammern?
    Fehlte nur noch, dass Lotta in meinem Kopf auftauchte und mit irgendeiner supernannyverdächtigen Lösung vor der Nase herumfuchtelte. Das Beste wäre vermutlich, sie alle einzeln aufzuspießen und ganz langsam über offener Flamme zu rösten.
    Doch so wohltuend dieser Gedanke auch war, ich riss mich von ihm los. Sie irrten sich alle: Ich würde nicht das Handtuch werfen und leise weinend davonlaufen. Und auch nicht weiter darum betteln, dass Lotta ihren Umzug nach Berlin aufgab oder wenigstens verschob.
    Hatte Svenja vielleicht recht? Hing ich mit meinen 35 Jahren wirklich noch am Rockzipfel meiner Mutter? Diesmal nicht, beschloss ich. Es musste einfach eine andere Lösung geben. Aber welche? Wer eignete sich als Aufsicht für Kimmies allerersten Vormittag ohne vertraute Bezugsperson, ohne Svenja und … ohne mich?
    Sascha vielleicht? Ich schüttelte den Kopf. Sascha fiel aus, der hatte Schule. Wer dann? Mareike? Schließlich war sie genauso gut Großmutter wie ich.
    Mareike?
    Beelzebubs bitterböses Lachen ließ mich schaudern. Nein, so niedlich Mareike auch war, als Babysitter kam sie nicht infrage. Julian? Immerhin war er Frisörmeister und …
    Beelzebubs Gelächter wirkte auf einmal frisch und befreiend, und ich fiel ein. Galgenhumor: Es gab einfach niemanden mehr, der einspringen konnte. Nicht einmal Robert, den so ein Vertrauensbeweis seiner Familie sicher gefreut hätte. Aber Robert Becker, Ex-Mann und treuloser Kindsvater, hatte nach dem Gespräch mit Andrea eine groß angelegte Werbeaktion mit Job- und Agentensuche gestartet und seine Teilnahme an einer Talentshow zugesagt. Eigentlich kein schlechter Zeitpunkt für ein wenig Engagement, beruflich wie finanziell.
    Das Handy riss mich aus dem angenehm gedämpften Grübelzustand. „Wer stört?“, bellte ich.
    „Ich wünsche Ihnen ebenfalls einen guten Morgen, Yvonne. Welche Laus ist Ihnen denn über die Leber gelaufen?“
    „Oh ... Hallo, Frau Sanders!“ Obwohl ich Lotta für solche Worte den Kopf abgerissen hätte, konnte ich der alten Dame nicht böse sein. „Sie wollen sicher die Haushaltsstunden für die nächste Woche absprechen, aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob ich überhaupt ... meine Mutter will nächste Woche verreisen, und jetzt habe ich niemanden mehr, der auf Kimmie aufpasst ... Svenja geht nämlich ab Montag wieder in

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