Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
…“
„Danke!“ Svenja hauchte einen flüchtigen Kuss auf meine Wange. „Böse?“
Ich schüttelte den Kopf. „Nein, nicht böse. Eher überrascht.“
„Es ist doch nur ... es ist nicht wegen dir.“
„Versteh schon. Du willst solche intimen Fragen nicht vor deiner Mutter ausbreiten, richtig?“
„Quatsch! Anni will den Franzosen sehen.“ Schon flitzte sie davon, um ihrem Sascha die frohe Botschaft vom unverhofften Kinoabend zu verkünden.
Ich leerte den Putzeimer, füllte heißes Wasser nach und beseitigte die letzten Apfelsaftspuren. Dann holte ich Kimmie aus ihrem Bett und versorgte auch sie, bis ein seliges Lächeln über ihr Gesicht huschte. Zärtlich drückte ich das kleine bisschen Leben an mich. Wie arm wären wir alle ohne dich, kleine Kim!
April: Schmetterlingsblüten
14
Was für ein Tag!
Es begann schon damit, dass Ingo mich um sechs Uhr morgens aus dem Bett klingelte.
„Aufstehen, Yvi, Training!“, säuselte er ins Telefon.
„Um die Zeit? Hastdusienochalle?“
„Irgendwann musst du sowieso aufstehen.“ Verspielt senkte er die Stimme. „Denkst du auch brav an unseren Trainingsplan? Er hat mich einiges gekostet.“
„Wieso?“ Im Geist ging ich alles durch. „Das ist nicht dein Ernst, oder? Weißt du eigentlich, was heute alles auf meinem Plan steht?“
„Laufen, Yvi!“
„Keine Zeit, ich muss arbeiten.“
Ingo ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ich erwarte dich heute Nachmittag um fünf am Wasserbahnhof.“
Ich stöhnte. „Geht nicht, heute Abend muss ich auf Kim aufpassen.“
„Musst du nicht, das macht Anni. Sie kommt um halb fünf.“
„Seit wann redest du mit Anni?“
„Seit du mich zu deinem Trainer gemacht hast, erinnerst du dich?“
„Hmm. War wohl eine selten blöde Idee. Und warum ausgerechnet die Ruhrwiesen?“
„Weil wir dort prima laufen können. Bis nach Kettwig. Und jetzt fang wieder an zu atmen, dort steht nämlich mein Wagen und bringt dich zurück zu deinen Lieben.“
In meinem Kopf drehte sich alles. „Aber das sind locker 15 Kilometer! Das schaffe ich nie, so spät am Abend!“
Ingo flötete noch immer. „Sollst du auch gar nicht. Ist eher eine Ausdauerübung: Laufen, gehen, laufen, gehen, Pause. Und dazwischen der eine oder andere Sprint, schon wieder vergessen?“
„In welcher Zeit?“
„Egal, so lange es dauert eben.“
Warum hatte ich bloß gefragt? „Hab ich eine Wahl?“
„17:oo Uhr, Yvi!“
„Also gut, du hast gewonnen. Aber erwarte keine Meisterleistung von mir!“
„Werd ich nicht. Und schlag dir den Bauch nicht so voll heute Mittag, sonst bekommst du Seitenstechen. Ciao!“
Da ich schon mal wach war, konnte ich auch aufstehen und einen ruhigen Kaffee trinken, in letzter Zeit echter Luxus. Ich verschmähte den Frühstücks-Toast, zwang mir stattdessen zwei Löffel Müsli rein und erstellte einen Zeitplan:
06:10 Uhr - duschen (weil ich bei zwei zerknautschten Teenagern und einem Baby später keine Zeit mehr dafür haben würde)
06:20 Uhr - Frühstück für die Kids richten
07:00 Uhr - Pause (meine Fahrdienste wurden nicht mehr benötigt, die beiden Turteltauben wollten es sich nicht nehmen lassen, zehn Minuten früher aufzubrechen und gemeinsam auf den Schulbus zu warten)
07:45 Uhr - an mir die Spuren der Nacht wegretuschieren, Kimmie bei Frau Sanders abgeben und auf zur Arbeit
08:15 Uhr - Dienstbeginn bei KESKO
12:45 Uhr - Dienstende; noch schnell selber einkaufen und dann zurück zu Frau Sanders, Kimmie abholen
13:15 Uhr- hoffen, dass Kim schläft, und ein superschnelles Mittagessen zaubern (Grießpudding mit heißen Kirschen geht immer)
13:30 Uhr - Svenja und ihr Schatz kommen mit vollen Köpfen und knurrenden Mägen von der Schule und fordern Input
13:45 - auf Anni warten, die den Begleitservice für Svenjas Gynäkologenbesuch machte, und im Gegenzug ihre Zwillinge hüten (wenigstens war Sascha verständig genug, um sich zum Lernen in die Wohnung seiner Eltern zu verkrümeln).
Danach hatte ich frei. Obwohl, frei war übertrieben, denn die bislang standhaft ignorierten Zuschriften der PEPITA-Leserinnen warteten nach wie vor auf meinen Einsatz. Aber danach … Nee, leider auch nicht, denn da war ja noch der Anruf von eben und Ingos Termin. Blieb also nur gute Miene zum bösen Spiel machen. Schließlich war der 2. Mai nicht mehr weit.
Wie weit genau?
Ich kämpfte den Panikanfall nieder und flitzte zum Kalender. Mit zittrigen Fingern zählte ich nach: 31 Tage! Es waren
Weitere Kostenlose Bücher