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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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stapfte geradewegs ins Zentrum des zu erwartenden Sturmes. Vielleicht gab es ja eine lange Warteschlange und ich bekam noch Zeit, mir eine Strategie einfallen zu lassen.
    Doch die Hoffnung auf eine Galgenfrist wurde enttäuscht.
    „Yvi? Du hier? Was für eine Überraschung! – Julian, guck doch mal, wer da ist!“ Zuckersüß flog Mareikes Stimme aus der linken hinteren Ecke und ließ die Köpfe von Kunden und Mitarbeitern zu mir herüber fliegen - von wegen unauffällig!
    Julian nickte kurz und wandte sich wieder seinem Kunden zu.
    Mareike war weniger zurückhaltend: „Was verschafft mir die Ehre deines Besuches? Sag nicht, du willst dir die Haare machen lassen, das wäre ja eine Premiere.“
    Ehrlich gesagt hatte ich eher an Wimpernfärben gedacht, die sechs Euro hätte unser Etat schon noch verkraftet. Aber dieser Herausforderung konnte ich nicht widerstehen: „Es gibt Momente, da muss man einfach mal an sich denken.“
    Wofür die Schwiegermutter in Spe Verständnis hatte: „Endlich kommst du zu Verstand, Yvi! Sabrina, könnten Sie hier weiter machen, bitte? Darum muss ich mich selbst kümmern.“
    Mareike entschuldigte sich bei ihrer Kundin, drückte sie der eifrig herbeigeeilten Kollegin in die Hand und trippelte zu mir herüber.
    „Komm, wir setzen uns hier rüber und reden erst einmal. An was genau denkst du denn? Nur waschen und schneiden, oder mal ein neues Image? Etwas Farbe und ein frischer Schnitt können da Wunder wirken.“ Sie betrachtete mich skeptisch. „Wenn du mich fragst, ich bin für den Schnitt, deine Haare sehen wirklich fürchterlich aus.“
    Was sollte ich da noch sagen? Waschen und Schneiden wäre günstiger gewesen, aber das würde Mareike nicht bei Laune halten. Also verabschiedete ich mich von der stillen Reserve für Notfälle und holte tief Luft. „Das ganze Programm, Mareike, Schnitt, Farbe und Makeup. Ein neues Gesicht halt.“
    Oh ja, ich musste dringend mit Andrea wegen der Honorars reden. Oder besser noch mit Falk.
    Mareike strahlte und machte sich ans Werk. Sie zog etliche Bücher und Zeitschriften unter dem Tisch hervor und zeigte mir eine Frisur nach der anderen. Ich entschied mich schließlich für einen pfiffigen Kurzhaarschnitt mit Fransen.
    „Bist du sicher, dass du deine schönen Haare gleich ganz abschneiden willst? Sollten wir es nicht erst mal mit der halben Länge versuchen und sehen, wie die anderen reagieren?“
    „Salamitaktik? Nein danke. Wenn schon Imageveränderung, dann richtig.“ Ob die Zeit bis zur nächsten PEPITA ausreichte, um meine Umgebung mit einem Fransenkopf zu blenden? Immerhin hatte Thea beim Dreh einen zartgelben Schal um den Kopf getragen, so dass man ihre Haare nicht sehen konnte.
    „Kommen eigentlich auch Frauen zu dir, um sich komplett umstylen zu lassen?“, forschte ich.
    „Aber ja doch, öfter als du denkst. Gerade wenn das Geld nicht reicht, um eine neue Garderobe zu kaufen, muss der Kopf herhalten. Im Grunde leben wir davon, Cut & Go alleine macht nicht satt.“
    Wie wahr, wie wahr! „Und? Sind deine Kunden zufrieden?“
    „Kundinnen, Yvi. Wenn du es richtig machst, klappt es schon.“ Geübt fuhren ihre Hände in mein Haar und ließen die Strähnen durch die Fingerspitzen gleiten. „Was ist es denn bei dir? Verstecken oder verführen?“
    Ich wurde schon wieder rot. „Weder noch, Mareike. Ich brauche wirklich nur einen neuen Look, immerhin ist es Frühling und da …“
    „Schon klar, ein Geheimnis also. Das bei mir bestens aufgehoben ist, wie du ja weißt. Aber wie du willst, ich kann warten. Am besten bringen wir zuerst die Farbe auf und schneiden dann. Wie willst du es denn haben? Wieder blau-schwarz wie sonst? Oder wirklich neu?“
    „Wirklich neu, würde ich sagen. Was schlägst du vor?“
    „Rot. Dein Haar hat einen natürlichen Rotstich, den kriegst du mit keiner Tönung raus. Stattdessen solltest du ihn nutzen und betonen. Ich zeig dir was …“ Eifrig zog sie los, um die gefärbten Haarproben zu holen.
    Ich stöhnte. Sollte ich sie wirklich rot färben? Andererseits stimmte das mit dem Rotton und ich wusste auch, wem ich ihn zu verdanken hatte. Lotta hatte Theresa als stolze und mutige Frau beschrieben, die sich von Konventionen nicht verbiegen ließ – warum also nicht? Wenn schon neues Image, dann richtig, und ein starkes Vorbild konnte nicht schaden.
    Wir entschieden uns für ein warmes Kastanienrot, und Mareike machte sich gut gelaunt ans Werk.
    „Entspann dich, Yvi, und genieß die Massage, die geht

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