Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
markiert. „Da, lies mal.“
Ich rieb mir die Augen und gähnte. „Gleich, bin noch nicht ganz wach. Ist ja auch erst – ach du Schreck! Schon so spät?“
„Nicht aufregen, Mama! Heute ist erst Freitag und außerdem der erste Mai, also Feiertag. Du hast noch Pause!“
Da ich keine Anstalten machte, mich um die Annonce zu kümmern, las sie vor: „Traumhaus mit Märchengarten in Mülheim-Heißen – verkehrsgünstig gelegenes EFH mit … EFH? Was soll denn das sein?“
„Gib schon her, das kann ja keiner mit anhören.“ Ungeduldig griff ich nach dem Anzeigenblatt und las selbst: „Verkehrsgünstig gelegenes EFH – das heißt wohl Einfamilienhaus – mit DBT – ich glaube, die meinen Dusche-Bad-Terrasse, bin mir aber nicht sicher.“
„Und warum schreiben die das dann nicht? Das versteht ja keine S…“
„Svenja!“
Schon waren die ersten Quäker von nebenan zu hören.
„Hol deine Tochter lieber, bevor sie richtig aufdreht“, schlug ich vor.
Svenja maulte, sprang aber doch aus dem warmen Bett und flitzte ins Nebenzimmer zu ihrer Tochter. „Na, meine Süße? Hast du gut geschlafen?“ Ruck-zuck war sie zurück und legte mir den Wonneproppen ins Bett.
„So ein Kinderbett sollte verboten werden“, schimpfte Svenja. „Sieht ja aus wie im Baby-Knast, hoffentlich ist das kein schlechtes Omen. Du magst das auch nicht leiden, nicht wahr, Süße?“
Ich wandte mich von dem Mutterglück ab und wieder der Annonce zu. „Kaufpreis VB – wenn das mal gut geht.“
„Was heißt VB, Mama?“
„Verhandlungsbasis. Lotta hat keinen Preis festgelegt, sondern will mit den Interessenten handeln.“
„Kriegt sie dann mehr?“
„Das solltest du besser deine Großmutter fragen.“
„Du sollst nicht so hässliche Worte benutzen, wenn du von mir sprichst“, lachte Lotta und öffnete die Tür mit den Ellenbogen. Auf den Händen balancierte sie ein voll gedecktes Frühstücks-Tablett. „Großmutter, wie hört sich denn das an! Als wenn ich hundert Jahre alt wäre. Ich dachte, das Thema hätten wir vom Tisch.“
Themenwechsel! „Frühstück ans Bett? Ist heute Muttertag oder so?“
Svenja stopfte sich schnell einen Toast in den Mund. „Die Ehre hast du, weil morgen Wettkampf ist und du dich schonen sollst. Und weil Ingo sagt, dass du deine Glykogen-Speicher vollstopfen musst, damit sie randvoll und leistungsfähig sind. Bist du eigentlich in ihn verliebt?“
Ich prustete und versuchte anschließend, den heißen Kaffee von meinem weißen Nachthemd zu tupfen, was aber nicht besonders gut gelang.
„Was geht dich das überhaupt an?“
„Ach, nur so, ist doch schließlich erster Mai. Sascha schwört, dass der Baum nicht von ihm ist, bleibt also nur einer deiner Verehrer.“
Ich sprang auf, verhedderte mich in der Decke und landete durch puren Zufall nicht auf dem Kinn sondern mit den Händen am Fensterbrett.
Tatsächlich, da stand ein junger, schlanker Birkenbaum in Lottas Garten, auffallend hübsch geschmückt mit frühlingsgrünen Bändern aus Krepp-Papier und jeder Menge Schnickschnack. Wie peinlich! Hoffentlich hielten die Nachbarn ihn für Svenjas!
Wem ich den wohl zu verdanken hatte? Dummerweise gab es derzeit mehrere Kandidaten, aber außer Robert war keiner romantisch genug, mir einen Maibaum zu stellen.
Ich hatte noch nie einen Maibaum bekommen!
Ich beschloss, das Thema zu vertagen, und machte mich über das Frühstück her.
„Eier zum Frühstück? Brauche ich denn so viel Nachhilfe, um morgen in Form zu sein?“
Lotta und Svenja nickten. Gleichzeitig. Wie Zwillinge oder gut eingespielte Synchronschwimmer.
„Und wenn ich nicht gewinne? Was ja nun sehr wahrscheinlich ist. Muss ich dann ausziehen und unter der Brücke schlafen?“
„Papperlapapp. Niemand erwartet, dass du gewinnst, Yvonne. Du willst es bis ins Ziel schaffen, das ist alles.“ Lotta köpfte ein Ei und setzte mir den Eierbecher vor die Nase. „Und du, Svenja, räumst deinen Platz in der Küche ab, ich sehe nicht ein, dass ich das auch noch mache.“
„Aber ich …“
„Jetzt!“
„Muss ich zu Hause auch nicht machen“, maulte Svenja, sprang aber trotzdem auf und verließ mit Kim das Gästezimmer. „Von wegen Besuch und Gastfreundschaft …“
„Wenn deine Mutter sich das gefallen lässt – ich nicht“, brummte Lotta hinterher.
Ich hatte weder Lust auf Diskussionen über Erziehung noch über Maibäume vor dem Fenster und zeigte stattdessen auf die Zeitung. „Bist du sicher, dass du das Haus verkaufen
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