Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
und hart. „Im Moment sehe ich nirgendwo Prinzen, Anni, nur Frösche. Vielleicht könnte ich mit Andrea tatsächlich den besten Sex meines Lebens haben, aber was ist danach?“
„Schwerer Fall von Lebenskrise“, konstatierte die Freundin. „Wenn es den perfekten Mann gäbe, meine Liebe, würde die Welt aufhören, sich zu drehen, und dein Leben wäre zu Ende. Zumindest würde es aufhören, Spaß zu machen. Nicht ein Mann für jede Gelegenheit, sondern für jede Gelegenheit einen Mann, weißt du nicht mehr? Männer sind keine Märchenprinzen, die sich beim ersten Kuss verwandeln, da musst du schon flexibel sein!“
„Aber müssen es denn gleich Frösche sein?“, jammerte ich. „Könnte nicht wenigstens ein Ritter dabei sein oder ein Bauer? Ich will nicht wählerisch sein, Anni, aber sie passen einfach nicht.“
„Ich weiß, Engelchen, also brauchen wir neue Prinzen. Ich könnte ja mal deinen Ingo …“
„Untersteh dich! Und jetzt muss ich Schluss machen, bevor meine Tochter auf dumme Gedanken kommt.“
„Na dann gute Nacht, Froschkönigin!“
„Gute Nacht, Anni! … Sag mal, können belgische Frösche eigentlich küssen?“
„Untersteh dich!“
15
Die nächsten Wochen entwickelten sich zu einem Marathon ganz eigener Art. Während Beelzebub, Thea und Anni es sich in meinem Oberstübchen gemütlich machten und jeden Schritt kommentierten, richtete Ingo sich an meiner Seite ein. Wie ein treuer Schäferhund war er zur Stelle, sobald ich ihn brauchte – und sonst leider auch.
„Atmen nicht vergessen, Yvi!“, mahnte er jetzt, freundlich wie immer und mit einem verspielten Lächeln um die Lippen. Das Grübchen an seinem Kinn verschwand bei jedem Schritt, den ich auf dem Laufband machte, nur um gleich darauf wieder aufzutauchen und ich fragte mich, ob man es hinter einem Bart verstecken könnte, damit es einen nicht so ablenkt. Ingo hatte das absolut perfekte Gesicht für einen Vollbart, gerade wenn er so blond wäre wie sein Haar.
„Ich atme ja, was hast du denn?“, schimpfte ich. „Zwei Schritte – einatmen. Zwei Schritte – ausatmen. Was willst du noch?“
„Dass du aufhörst zu reden und richtig atmest. Kreisatmung, weißt du noch? Mund ein, Nase aus. Bewahrt dich vor Seitenstechen.“
Prompt flog meine rechte Hand an die Leiste – Mistmistmist!!!
„Tempo raus und gehen, Yvi. Keine Widerrede!“
„Jawohl, Herr Lehrer!“
Ich ließ es zu, dass er auf dem Geräte-Display herumtippte, und nutzte die Pause für Gedankenspiele: Robert hatte gedrungene, weiche Hände, und Falks waren lang und schlank wie die eines Künstlers. Andrea hingegen – nun, der hatte vor allem flinke Finger, vor denen man sich in Acht nehmen musste. Ingos Hände, mit denen er jetzt auf den Tasten herumtippte, waren groß, sehnig und rau, man sah ihnen das regelmäßige Training an. Ob die Hornhaut an den Handballen wohl kratzte, wenn sie über …
„Treibst du außerhalb des Studios eigentlich auch Sport?“, fragte ich und versuchte, möglichst gleichgültig auszusehen. „Ich meine nur, weil deine Hände nicht nach Schreibtisch aussehen.“
Er fühlte kurz über die Schwielen. „Klettern, Paragliding, im Sommer Segeln und im Winter Tourenski. Ich halte mich gern im Freien auf.“
Ich nahm meinen Lauf wieder auf und freute mich über das moderate Tempo. „Warum arbeitest du dann in einem Sportstudio und nicht im Klettergarten?“
„Weil es hier zu wenig davon gibt. Das Ruhrgebiet ist meine Heimat, Yvi, ich liebe diese Stadt und das Revier. Berge, Wälder und Seen sind wie Marmelade, der Rest ist Brot. Ich mag Brot.“
Überzeugungstäter also. „Und was machst du an Wochenenden mit Dreckswetter? Die sich nicht für aufregende Freizeitaktivitäten eignen, meine ich?“
„Warum interessiert dich das?“
„Weil du mein Trainer bist und verlangst, dass ich dir vertraue. Außerdem verbringen wir so viel Zeit miteinander, findest du da nicht, dass wir mehr voneinander wissen sollten?“
„Raus mit der Sprache: Was geht in deinem Kopf herum?“
„Ach, nichts besonderes eigentlich. Außer vielleicht – hast du schon mal Kampfsport gemacht? Vielleicht einen schwarzen Gürtel in Karate oder so?“
Nun musste er doch lachen. „Nein, hab ich nicht, tut mir leid. Jetzt sag endlich, warum das so wichtig ist.“ Seine braunen Augen funkelten trotz Neonlicht und ich konnte seine Spannung körperlich spüren.
„Ach, es ist nur … nächste Woche kommt die neue PEPITA
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