Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)
heute auf Kosten des Hauses.“
„Wie reagiert eigentlich die Umgebung auf so eine Typveränderung?“
Mareike spülte das Shampoo aus und massierte die Kopfhaut. „Unterschiedlich. Ich hatte schon Ehemänner, die allen Ernstes forderten, die abgeschnittenen Haare wieder anzuschweißen oder blondierte Strähnen nachzudunkeln.“ Sie feixte. „Männer halt, was willst du da erwarten?“
Ich schluckte. „Aber sie sind nicht alle wütend, oder?“
„Oh nein, wo denkst du hin, dann würde ja niemand mehr kommen. In der Regel sind die Ergebnisse überwältigend, und die Reaktionen ebenfalls. Neulich erst erzählte mir eine Kundin, dass sie beim Metzger nicht mehr erkannt wurde – wenn das keine Reklame ist, weiß ich es auch nicht.“
Nicht wiederzuerkennen? Das hörte sich fast so gut an wie Australien.
„Wie findest du das eigentlich, wenn Frauen sich derart … verändern?“ Langsam arbeitete ich mich zum Kern meines Anliegens vor. „Was denkst du über sie?“
„Ehrlich gesagt habe ich darüber noch nie nachgedacht. Es gibt schon welche, die ich im Stillen belächele, was ich natürlich nie zugeben würde. Aber die meisten gewinnen durch den Wechsel so sehr an Ausdruck, dass ich sie beneide.“
„Beneiden? Worum?“
„Um ihren Mut, die Dinge in die Hand zu nehmen. Jemand anderes sein zu wollen, als das Schicksal ihnen zugedacht hat.“ Oha! „Sei doch mal ehrlich, Ivy: Wer hat denn heute noch die Gelegenheit dazu?“
Neid? Mut? Das hatte ich nicht erwartet, schon gar nicht von Mareike. Aber es gefiel mir.
„Du würdest also niemanden verachten, der mit seiner Identität spielt?“
Neugierig rückte sie näher heran. „Spuck es aus, Yvi: Wer ist es?“
„Was? Wie? Ich …“
„Du machst mir nichts vor: Erst die heimliche und ungeheuer wichtige Reise nach Frankfurt, für die du sogar Svenja allein gelassen hast. Dann versteckst du dich wochenlang hinter Aschenputtel, und jetzt soll es plötzlich eine Prinzessin sein. Wer ist der Kerl?“
Spiel, Satz und Sieg, Yvi!
‚Ich möchte jetzt nicht darüber reden‘ war keine Option, aber was dann?
Wenn man eh schon nass ist, kann man auch ins Wasser springen , riet Anni.
Also gut. „Du hast mich erwischt, Mareike. Aber nicht weiter sagen!“
„Wo denkst du hin? Schließlich müssen wir Großmütter ja zusammenhalten, oder nicht?“
Oha! Hatte da jemand noch eine Rechnung offen? Ich brauchte schnellstens einen Geistesblitz!
Nimm die Oma!, drängte Thea . Mareike steht grad auf das Thema.
„Das trifft du die Sache ziemlich gut. Es ist – ich bin 35, Mareike, und keine 50. Wie soll ich mich da als Oma fühlen?“
Unerwartet wurde die Ärmste watteweich. „Ach das ist es also – kenn ich, Yvi. Dein kleines Geheimnis ist bei mir in den besten Händen.“
Wer‘s glaubt, wird selig!
„Aber das ist doch noch nicht alles, oder? Ist es wegen Ingo?“
Ich schnaubte. „Was ihr nur alle mit Ingo habt … Er hilft mir gerade, die Folgen des Oma-Daseins im Griff zu halten, weiter nichts. Dafür ist er als Trainer ja da: Ernährungstipps, Ausdauerübungen, Entspannungstraining …“
Ich dachte an seine Hände auf meinen Schultern und schaute schnell weg.
„Wie schade!“ Mareike war die Enttäuschung anzusehen, sie lechzte förmlich nach einer Geschichte.
Dann gib ihr doch eine, flüsterte Anni . Eine, die dir in die Hände spielt. Notfalls wirf ihr einen deiner ungeliebten Frösche zum Fraß vor.
Warum eigentlich nicht?
„Also wenn ich ehrlich bin: Es gibt da tatsächlich einen Grund, warum ich mich wieder attraktiv fühlen möchte“, säuselte ich und senkte die Stimme.
„Also doch! Ein Mann, stimmt’s?“
„Wie du das wieder erraten hast … Aber ja, es ist ein Mann. Ich habe ihn auf eben jener Reise kennen gelernt und … ja, ich finde ihn interessant.“
„Und er dich auch?“
Ich dachte an Andreas Finger und die Hitze, die sie erzeugten, und nickte. „Ich denke schon. Aber so, wie ich mich in letzter Zeit fühle, werde ich ihn nie für mich gewinnen. Vielleicht sind deine roten Fransen ja der Jungbrunnen, der die Oma wegzaubern kann.“
„Nicht nur das, Yvi“, sagte Mareike und klatschte in die Hände. „Du wirst Rapunzels Haare nicht mal vermissen, glaub mir.“
16
„Nervös, Yvi?“ Falk gab sich große Mühe, normal zu wirken, erreichte aber das Gegenteil.
„Was soll schon sein?“, bellte ich in den Telefonhörer. „In vier Tagen kommt die neue PEPITA raus und du regelst gerade meinen
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