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Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Wickelblues & Wimperntusche (German Edition)

Titel: Wickelblues & Wimperntusche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Wolff
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gäbe es keinen anderen Ort auf der Welt, an dem ich jetzt lieber wäre als bei Ihnen!“ Riesenseufzer! „Ich sitze seit zwei Tagen hier in Frankfurt in Verhandlungen; PEPITA geht es prächtig und wir wollen expandieren.“
    Na das konnte ja heiter werden!
    Aber es gab auch eine positive Nachricht: Als Maibaumspender schied er damit ebenfalls aus. Welch ein Glück, denn bei seinem Geltungsbedürfnis hätte sicher die ganze Welt davon erfahren.
    „Was genau verschafft mir die Ehre Ihres Anrufes, Andrea?“
    „Das wissen Sie doch ganz genau, carissima mia ! Ich bin untröstlich, dass wir Ihre Vorbereitungen auf den Halbmarathon nicht begleiten durften!“
    Schmunzelnd dachte ich an die Dreharbeiten und ihre Folgen.
    „Ich habe Ihnen doch erklärt, warum ich mir nicht in die Karten schauen lassen möchte. Und natürlich auch nicht in meinen Trainingsplan.“
    Der Italiener mit der romantischen Alt-Stimme seufzte preisverdächtig. In der Kategorie ‚Waidwundes-Reh-wie-kannst-du-nur-so-grausam-sein?‘hätte er sicher den ersten Platz gemacht.
    „Dann werden wir uns also wirklich erst morgen am Start wieder sehen? Nicht vielleicht eine winzige Kleinigkeit früher? Heute Abend zum Beispiel? Da bin ich nämlich zufällig in Köln, und von da aus wäre es nur ein Katzensprung bis nach Mülheim!“
    Der Fisch hängt am Haken!, freute sich Anni .
    Ich ließ den Fisch zappeln. „Es fällt mir wirklich unendlich schwer, Ihre Bitte abzuschlagen, aber es geht leider wirklich nicht. Meine arme Schwiegermutter, sie ist nun mal auf persönliche Pflege angewiesen. Und da ich sie bereits morgen allein lassen muss, habe ich versprochen, mich heute den ganzen Tag um sie zu kümmern. Ich stehe im Wort, und als Italiener werden Sie das sicher verstehen.“
    „Aber natürlich verstehe ich das, cara mia , und werde mich zurückziehen und Sie Ihren Pflichten überlassen. Also dann – sogni d’oro , schöne Träume, Thea“, und legte auf.
    Schöne Träume? Woher wusste er, dass ich noch im Bett lag?
    Hektisch blickte ich aus dem Fenster, sah die flatternden Krepp-Bänder und dachte an morgen. Wie Andrea den Schlag wohl wegstecken würde?
    Meine Kandidatenliste für den Baum war weiter geschrumpft. Blieb eigentlich nur noch einer …
     
    Der Rest des Tages verlief erfreulich ruhig. Lottas Haus bot ausreichend Platz für die ganze Familie und ich fühlte mich unerwartet wohl in dem Trubel. Glücklich machte ich es mir auf der Terrasse gemütlich und genoss die Sonne.
    Einmal nicht selbst zu rotieren, nicht der Mittelpunkt zu sein, um den dieses kleine Universum sich drehte, war erstaunlich entspannend. Zuzusehen, was andere so trieben, und auf einen großen Plan zu vertrauen, der alles wieder ins Lot bringen würde, irgendwie.
    Alle gaben sich große Mühe, mich zu schonen und mit ausreichend Kohlehydraten für den morgigen Wettkampf zu füttern. Aber als Svenja mir zum Mittagessen einen riesigen Berg Spaghetti in Sahnesauce servierte, streikte ich doch.
    „Seit wann kannst du so etwas kochen?“
    „Seit Robert mir ein Kochbuch geschenkt hat.“
    „Aha. Aber hast du mal darüber nachgedacht, wie ich morgen den Wettkampf bestreiten soll mit einer riesigen Kugel unter dem Bauchnabel?“
    Mit dem Mund voller Spaghetti war Svenjas Antwort nicht ganz einfach zu verstehen, aber das jahrelange Kaugummi-Training half.
    „Sag das dem da“, nuschelte sie und wies zum Gartentor. „Er hat uns angestiftet. Und Nüsse sollst du auch noch essen, aber die haben Zeit bis zum Kaffee. Du brauchst sie auch nicht zu knacken, das hab ich schon gemacht.“
    Ich drehte mich um und fand Ingo. Still stand er am Gartentor und beobachtete die Szene.
    „Darf man reinkommen und mitfeiern?“
    Großes Gejubel folgte, zumal mein Personal-Trainer nicht allein gekommen war sondern Anni und ihre Jungs mitgebracht hatte.
    Für einen Moment war ich glücklich. Hier, zwischen Familie und Freunden, fühlte ich mich zum ersten Mal seit Langem wieder richtig frei. Fühlte Familie sich so an? Warum hatte mir das früher niemand gesagt?
    Ich suchte Svenja und fand sie glücklich bei Sascha, das Baby im Arm und über das ganze Gesicht strahlend. Was für eine Art Beziehung die beiden wohl führen würden? Eine chaotische wie Robert und ich? Eine einsame wie Lotta oder auch Falk? Oder vielleicht eine heftige, aber glückliche wie Anni und ihre Männer?
    Ach, was soll‘s, dachte ich wehmütig und nippte an meinem Sekt. Um meinen morgigen Erfolg nicht zu gefährden,

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