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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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schwärmerisch und verträumt aus, dass ich vermute, damals sei eine größere Menge Drogen im Spiel gewesen, um die ich sie jetzt schon beneidete).
    Letzte Woche war sie außerdem während des Kurses in Ohnmacht gefallen, woraufhin acht Schwangere ein Wettwatscheln zum Wasserhahn veranstalteten, um die ältere Dame wiederzubeleben. Mindestens drei von uns hätten auch lieber auf dem Boden gelegen und ein Glas Wasser gereicht bekommen, stattdessen mussten wir uns nun um die umgekippte Hebamme kümmern. Und dafür zahlte die Krankenkasse auch noch Geld! Vielmehr hätte man UNS etwas zahlen müssen, vielleicht so drei Euro fünfzig pro Stunde, dass wir uns hier unsere Zeit mit dieser etwas irren Frau teilten, die so penetrant vom Wunder der Geburt schwärmte.
    Außer Hecheln und Tönen hatten wir von ihr auch noch nicht viel Praktisches gelernt, was uns die nahende Geburt hätte versüßen können. Einmal durften wir allerdings den Kopf einer sehr großen Puppe durch einen Gummiring von fünf Zentimetern Durchmesser drücken, um uns hinterher darüber freuen zu können, wie elastisch so ein Gummi doch sein kann. Das war der Abend, an dem ich das erste Mal höllische Angst vor der Geburt bekam und Jonas mich lange trösten musste.
    » Frau Ahorn, mir ist aufgefallen, dass Sie sich anscheinend vor der Geburt etwas fürchten«, fing sie an. Oh, das war ihr aufgefallen? Nachdem ich doch während der Erläuterungen zu Geburtskanal und Kopfumfang, Nabelschnur und Plazenta wenig dezent » O nein« gestöhnt und » Herrje!« gerufen hatte und einmal sogar in Tränen ausgebrochen war, war ihr das sogar aufgefallen? Da hatte ich es ja hier mit einer ausgesprochenen Intelligenzbestie zu tun!
    » Die Geburt ist nichts Schlimmes, sondern etwas vollkommen Natürliches. Wenn Ihr Körper bereit ist, wird das Baby sich seinen Weg bahnen, und die Wehen sind dazu da, das Kind zentimeterweise auf die Welt zu bringen– und das sollten Sie genießen und nicht ausschalten.«
    Ja, das hatte ich auch schon gehört. Aber warum hießen Wehen Wehen, wenn sie angeblich etwas Schönes sein sollten und nicht wehtaten? Vielleicht sollten sie lieber » Schmerzlose« heißen, dann wäre der Begriff an sich nicht schon so erschreckend.
    » Trinken Sie Himbeerblättertee, ruhen Sie sich viel aus, und sparen Sie Ihre Kräfte für die Zeit nach der Geburt. Wenn das Baby erst mal da ist, werden Sie darüber lächeln, wenn Sie daran denken, dass Sie die Schwangerschaft für anstrengend gehalten haben.« Frau Büttner klopfte mir auf die Schulter und räumte ihren Kram wie Leinwände, Gymnastikmatten und Riesengummibälle zusammen.
    Ich blieb jedoch skeptisch. Sollte sie doch mal mit dreißig Kilo Übergewicht durch die Gegend watscheln, in keine schicken Sachen mehr passen und beim Nachhausekommen in den vierten Stock Atemnot, Asthma und Sodbrennen bekommen.
    Schwangersein, schön und gut– aber vielleicht hätte ich doch das Kleingedruckte vorher etwas aufmerksamer lesen sollen.
    Mögliche Nebenwirkungen der Schwangerschaft:
    In einigen Fällen kann es bei Schwangeren, die gelegentlich Gebratenes, Getoastetes oder überhaupt irgendetwas essen, zu heftigem Sodbrennen kommen, gegen das es kein Mittel gibt. Gäbe es eines, dürften Sie als Schwangere es nicht nehmen.
    In häufigen Fällen kann es im Laufe der Schwangerschaft zu einer Gewichtszunahme von zwanzig bis dreißig Kilo kommen – auch wenn Sie sich natürlich vorher vorgenommen haben, nicht so viel zuzunehmen und sich nur gesund zu ernähren.
    In seltenen Fällen kommt es zu Atemnot, da das Baby ungünstig gegen die Lunge drückt, zu Asthma, das sich aus der Atemnot ergibt, oder zu einem eingeklemmten Ischiasnerv, da das Baby sich mit seinem Ellenbogen darauf abstützt und sich zu keiner anderen Schlafposition schütteln oder überreden lässt.
    In allen Fällen dürfen die Schwangeren nicht medikamentös behandelt werden, da Tabletten der Schwangeren und/oder dem Baby schaden könnten.
    Leiden Sie unter sonstigen Schwangerschaftsbeschwerden wie Depressionen, Gereiztheit oder Mordlust, wenden Sie sich bitte vertrauensvoll an den Erzeuger des Kindes.
    Ich packte resigniert Handtuch und Turnschuhe in meine Tasche und ging aus der Turnhalle nach draußen, um auf Jonas zu warten, der mich abholen wollte. Dabei dachte ich nach: Was war, wenn Frau Büttner Recht hatte? Wenn das Leben mit einem Baby noch anstrengender war als die Schwangerschaft selbst? Ich musste langsam mal anfangen, mich damit

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