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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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konnte, aber dann kann sie sich– im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten– durchaus frei entfalten.
    Jonas’ Antrag auf Sonderurlaub war inzwischen schon in der zweiten Instanz abgeschmettert worden. Offiziell ist er seit Anfang des Jahres nun Produktionsingenieur, was sich auch auf seinem Konto bemerkbar macht. Leider kann das Theater nun noch weniger auf ihn verzichten. Er ist für jede technische Einrichtung zuständig und muss zu jeder blöden Premiere. Ich nehme dagegen zu Hause weiter vorsichtig Bilder von der Wand und schraube Regale auseinander, und während unser Umzugstermin in immer greifbarere Nähe rückt, wird mir immer leichter und fröhlicher ums Herz. Endlich, unser eigenes Haus, ein schöner großer Garten, und meine Schwiegereltern hatten sogar schon eine Gartenbabyschaukel für Maja organisiert.
    Alles ist schön so, wie es ist– aber trotzdem nagt etwas in mir, an meinem Bewusstsein, und zwingt mich, alles zu hinterfragen und in Alarmbereitschaft zu gehen. Ich versuche, diese Gedanken zu lokalisieren. Ach, es sind nur meine alten Bekannten, die Selbstzweifel, die sich lange nicht mehr bei mir gemeldet hatten. Na, jetzt wird es aber auch mal wieder Zeit. Und da kommen Sie auch schon hereinspaziert und machen sich breit, wie eine Nachbarin mit fettem Hintern, die sich uneingeladen auf die Couch fläzt und sich gleich mal ein paar meiner Weingummis in den Mund schiebt. Trotzdem, sie wollen beachtet werden, also höre ich, was sie zu sagen haben: Sophie, flüstern sie, bist du noch dieselbe Frau, die Jonas geheiratet hat? Bist du unabhängig, spontan und lebenslustig? Oder bist du bald nur noch die träge Vorstadthausfrau, zu der du niemals werden wolltest? Sophie, Sophieeee, wispert und flüstert es um mich herum, du musst dringend etwas unternehmen, um ein Leben zwischen Herd, Windeln und Lego zu verhindern. Wir haben das Gefühl, du bist ein bisschen bequem geworden, ein bisschen faul, nicht wahr, Sophie? Mit einer ärgerlichen Handbewegung scheuche ich die wispernden Stimmen beiseite.
    Als ich Maja ausnahmsweise mit ein bisschen Elektrospielzeug in ihren Laufstall stecke, um die Wohnzimmerwände gelb und orange zu streichen, kommt mir eine Idee. Die Zeitschrift Mütter hat sich noch immer nicht bei mir gemeldet– jetzt will ich deren Glück noch ein bisschen auf die Sprünge helfen. Vielleicht hatte ich mich in meinem Bewerbungsschreiben nicht klar genug ausgedrückt. Ich werde es unter dem Motto » Autorin sucht Kolumne« einfach noch mal versuchen.
    Maja brabbelt munter vor sich hin und drückt an ihrem plärrenden Bauernhof mit der elektronischen Stimme immer wieder den Knopf: » Das rosa Schweinchen, das rosa Schweinchen, das rosa, das rosa, da-da-da-da, das rosa Schweinchen«, dazu lacht sie vergnügt und wiederholt: » Hosa Weinssen.«
    Abends setze ich mich in der alten Wohnung an meinen PC, der auf dem Fußboden steht, weil alle Möbel schon eingepackt und umzugsfertig sind, und schreibe spontan meine erste Kolumne.
    Mein Moment
    Ja, es gibt sie, die kleinen Momente, die das Mama-Leben sinnvoll und lebenswert machen. Man muss gut aufpassen, dass man sie erwischt, denn manchmal erkennt man sie nicht. Und dann muss man sie festhalten, solange sie da sind. Denn schon verlassen sie einen wieder, fliegen davon, und noch mit diesem liebevollen, glücklichen Gefühl in sich fängt man an, die Scherben aufzuheben, den Boden zu wischen, das Trinkfläschchen zu füllen, oder was sonst so auf dem Mama-Plan steht.
    Unser Tag war ganz normal. Er fing damit an, dass Maja mich mit einem zerfledderten Buch in der Hand weckte. »Lola geht aufs Töpfchen« hieß das, und die Damen in der Bibliothek warteten schon seit zwei Wochen darauf. Ich freute mich, dass es wieder aufgetaucht war – wahrscheinlich hatte es einen Kurzurlaub unter Majas Bettchen verbracht – andererseits war ich über seinen labilen Zustand doch mehr als entsetzt.
    Mit einem sanft gelächelten »Och Mausi, das müssen wir jetzt kleben und dann fragen, ob die Bücherei es noch zurücknimmt« legte ich Lola samt ihrem Töpfchen aufs obere Regal. Tesafilm musste ich also kaufen – aber einkaufen stand ja eh noch auf dem Zettel sowie die ganz alltägliche Hausarbeit.
    Bis »mein Moment« passierte, der mir das Glück meines Lebens aufzeigen sollte, wie ein Fingerzeig Gottes, wie ein Sonnenstrahl zwischen dicken Wolken, vergingen aber noch etliche Stunden, in denen ich mich als schlechte Mutter fühlte. Maja ließ sich ihre

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