Wickelkontakt - Roman
den Laden. Als ich auf die Straße trete, hole ich sofort mein Handy aus der Tasche und erzähle Jonas, noch schamrot im Gesicht, was gerade passiert ist. Er lacht so dermaßen, dass ich nicht anders kann als mitzulachen.
Auf dem gesamten Weg zur S-Bahn und auch auf dem Weg nach Hause kriege ich immer wieder halbe Erstickungsanfälle, weil ich versuche, mein Lachen zu unterdrücken.
Zu Hause werfe ich meine Ulla-Popken-Tüte in den Flur, treffe Jonas und Maja in der Küche an, nehme meine Maus auf den Arm, und mein Mann prustet los.
» Erzähl’s mir noch mal, bitte!«
Also gebe ich noch mal zum Besten, wie ich Herrn Kaiser meinen Po entgegengestreckt habe, und wir können gar nicht mehr aufhören zu lachen. Maja, die begreift, dass irgendwas wirklich Urkomisches passiert sein muss, grinst und gluckst ebenfalls, darüber freue ich mich so, dass ich aus dem Lachen gar nicht mehr herauskomme.
Es ist einfach so egal, welche Größe ich habe oder wie ich aussehe, oder ob mein Exchef mich halbnackt gesehen hat (na gut, das ist nicht ganz so egal), aber es geht mir gut, wir sind gesund, und ich habe eine süße, tolle Tochter und einen wundervollen Mann, der mich liebt.
Alles andere ist einfach nicht wichtig.
22
Abends erzählte ich Jonas von dem Gespräch mit meinem Chef. Nach seinem Feierabend kochte ich für uns Lasagne, und während der Ofen Wärme und einen köstlichen Duft verbreitete, saßen wir am Küchentisch, rauchten und tranken Wein.
Er murmelte: » O je« und » Ach, wie blöd« und Ähnliches, und ich fühlte mich absolut bestätigt, dass er der » Richtige« für mich war.
Zumindest einer der Richtigen, denn auf jeden Menschen kommen weltweit fünfzigtausend potenzielle Partner, hatte er mir an unserem Liebeswochenende erzählt. Nicht gerade romantisch. Aber gut, dass ich da gerade ihn kennengelernt hatte. Realistisch, wie er war, musste ich mir allerdings jetzt auch seine Sicht der Dinge anhören. Zu meinem Leidwesen fand er, dass Herr Kaiser nicht ganz Unrecht hatte. Klar war ich im Moment etwas durcheinander und vielleicht, das hatte Jonas ganz vorsichtig angesprochen, auch etwas leichtsinnig. Aber das würde ich ändern– ich wusste auch schon wie. Frei nach dem Motto: neuer Job, neues Glück! Wenn sich mein Liebesleben schon so dramatisch zum Guten gewendet hatte, würde es mir vielleicht guttun, wenn ich mir einen Job suchte, der etwas mehr zu mir und meinen Schlafgewohnheiten passte.
Im Hamburger Abendblatt war mir eine Stellenanzeige ins Auge gestochen, in der eine neue Hamburger Nachrichtenagentur für Fernsehen junge Redakteure suchte, die Lust hätten, den Laden mit aufzubauen und zu etablieren. Die erwähnten geregelten Arbeitszeiten dort würden mir vielleicht besser gefallen, als bei Hanseradio weiter die Frühschichten zu schieben. Zumindest konnte ich es mir ja mal ansehen. Nach dem Anschiss vom Kaiser hatte ich zunehmend das Gefühl, dass es einfach nicht verkehrt sein konnte, noch einen Trumpf im Ärmel zu haben. Auch Jonas fand die Idee gut und bestärkte mich, gleich am nächsten Tag dort anzurufen und mich telefonisch einmal vorzustellen.
Am Dienstag schlich ich mich also nach Ende meiner Frühschicht in eine Sprecherkabine, schaltete den Mikroregler auf » on air«, so dass draußen die rote Lampe leuchtete und mich niemand stören würde, und rief bei Hamburg Aktuell an. Meine schönste Radiostimme benutzend, fragte ich nach dem zuständigen Chef vom Dienst, und diesen dann nach kurzer Wartezeit, ob ich ihm meine Bewerbung schicken dürfe.
Ich versprach, ihm noch am selben Tag meine Unterlagen und Airchecks zu schicken– zum Glück gab es ja auch Aufnahmen von mir, in denen ich mich nicht verhaspelte und auch keine Löcher fuhr. Er würde sich dann ja wohl umgehend melden, so viel Selbstbewusstsein hatte ich zumindest, und außerdem ein gutes Gefühl, was diese Agentur betraf.
Jonas und ich sahen uns in dieser Woche jede freie Minute. So viele freie Minuten waren das allerdings nicht, da er immer bis mindestens einundzwanzig Uhr arbeiten musste, und ich wieder für eine Frühschichtwoche im Plan stand, deshalb mussten wir die Nächte ausgiebig nutzen.
Wir hatten den tollsten Sex der Welt, hörten Die Drei Fragezeichen zum Einschlafen, und pünktlich um vier Uhr morgens klingelte mein Wecker. Bis dahin genossen wir die Nähe des anderen, ohne uns dabei erdrückt zu fühlen.
Er hörte mir stundenlang zu, war lieb und aufmerksam, aber sparsam mit Komplimenten. Ich fand
Weitere Kostenlose Bücher