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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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dabei. Entspannt saß ich im Friseurstuhl, las meine Gala und wartete darauf, dass die Alufolie mir endlich mal vom Kopf genommen wurde, damit ich nicht mehr so unglaublich dämlich aussah. Man fühlt sich ja nicht als Mensch, wenn man diese Streifen auf dem Kopf hat. Man hört nichts, man sieht nichts, und ich habe auch immer Angst, dass mich bei der Gelegenheit ein Blitz trifft, oder noch schlimmer, dass ich meinen Ex treffe, während ich gerade aussehe wie Galaktika vom fernen Stern Andromeda.
    Frau Meyer, die Friseuse, hatte aufgehört zu telefonieren und schlurfte auf mich zu.
    » So, min Deern, dann wollen wir mal schauen… Joa, is schon fast guuut, doa muss nur noch ’nen büsch’n Wääääme dran«, gab sie in plattestem Hamburger Slang von sich. Aber ich muss sagen, die Strähnchen von ihr waren bis jetzt immer super. Ich bekam noch mal » Wärme«, also die Trockenhaube, und Frau Meyer verschwand wieder in ihrem Séparée zum Kartenlegen, oder wohin auch immer. Mit dem Starten der Warmluft fing aber meine Kopfhaut furchtbar an zu jucken. Nach zwei Minuten konnte ich es kaum mehr aushalten. Aua, wie schlimm, ich wollte mich kratzen, kam aber nicht an die Stellen, da die heiße Luft mich fast verbrannte.
    Was sich jetzt gerade auf meinem Kopf zusammenbraute, ging auf keine Kuhhaut. Es brutzelte und knisterte, irgendeine chemische Reaktion vollzog sich da oben, und ich wusste nicht, was ich tun sollte, außer beten und um Hilfe rufen, also rief ich lauthals: » Frau Meyer!«, aber sie kam nicht. Ich hatte das Gefühl, fast zu verbrennen, mein Kopf glühte, meine Wangen wurden rot, ich schwitzte. Zu gerne hätte ich die Hitzequelle einfach beiseitegeschoben, aber ich kam nicht dran, so sehr ich mich wand und drehte.
    Der Friseurstuhl war einer von der festgeschraubten Sorte, so dass ich nur nach unten in meinen Sitz rutschen und hilflos weiter nach ihr rufen konnte, während mir schier der Kopf verbrannte. Weiter kam ich nicht, der Spiegeltisch des Friseurladens mit Fußstütze engte mich ein, und so hing ich halb in dem Sitz, halb auf dem Fußboden, während die Hitze der Wärmehaube mich weiter grillte.
    Die Folien runterreißen konnte ich ja auch nicht einfach, wer wusste, was ich meinem Haar damit antäte! Letztendlich bin ich dann vielleicht ganz kahl und muss bei meiner Hochzeit eine Perücke tragen, Gott bewahre! Dann sähe ich aus wie Tina Turner, es gibt ja kaum etwas Furchteinflößenderes. Mit all meiner Kraft rief ich: » FRAU MEYER, ES BRENNT!«, und tatsächlich kam sie auch endlich angewitscht. Im Salon roch es verkokelt, und ich ahnte Schlimmes. Frau Meyer auch.
    » Geben Sie mir Beruhigungsmittel, Tropfen, Drogen, irgendwas«, schrie ich die Apothekerin an, schniefte und wischte mir die Tränen weg, nachdem ich den ersten Schock über das, was vom Haar übrig blieb, verwunden hatte. Was heißt verwunden, verschwunden trifft es besser, denn das war mit meinem schönen, dunkelblonden Haar passiert. Ich hatte nur noch strohige, gelbe Stummel auf dem Kopf und fühlte neben der brennenden Kopfhaut fast auch noch Phantomschmerzen. Frau Meyer hatte offensichtlich eine zu starke Blondierung genommen und dann auch noch die Hitze viel zu hoch eingestellt, und das war das Ergebnis! Ich bettelte am Apothekentresen um Drogen, um meinen Schmerz zu betäuben.
    » Tja, da kann ich Ihnen kaum helfen«, sagte die junge, freundlich aussehende Apothekerin in ihrem weißen Kittel. Ich konnte genau erkennen, dass sie sich das Lachen verkneifen musste, die dämliche Schrulle, die sollte sich mit ihren hüftlangen braunen Locken mal in meine Lage versetzen!
    » Was ich Ihnen empfehlen kann, sind die Bachblüten-Notfalltropfen, die kann ich Ihnen zur Beruhigung geben, und die Schüssler Salze Nummer fünf für inneren Ausgleich.« Sie kicherte verstohlen.
    Jaja, gib her, Alte, dachte ich und freute mich schon auf die sieben Bier, die ich mir heute Abend reinschütten würde. Aber irgendwas Legales für tagsüber brauchte ich ja auch noch, in einer Woche war schließlich die Hochzeit und ich hatte noch jede Menge vor. Zuallererst würde ich, wenn ich zu Hause war, im Internet einen Killer engagieren, den ich auf Frau Meyer ansetzte. Und dann musste ich mal sehen, was man mit meinen Haarresten anfangen konnte. Vielleicht war eine Haarverlängerung gar keine schlechte Idee… Wäre ich nicht im totalen Schockzustand gewesen, hätte ich vielleicht sogar über das Groteske der Situation lachen können.
    » Nehmen Sie

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