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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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einer Band und am Theater tätig. Immer wieder mal hatte er sich im Suff darüber beschwert, dass immer die Schauspieler den ganzen Ruhm ernteten, die Regisseure und Bühnenbildner im Hintergrund agierten und dass seine Arbeit so überhaupt nicht gewürdigt wurde. Er würde sich ganz bestimmt freuen, dass so viele ihn heute, an seinem hoffentlich schönsten Tag, sehen würden und es genießen, auch mal die Rampensau zu geben.
    Hm, Jonas als Rampensau?, hielt mein vernünftiges Ich wieder dagegen. Dabei musste man ihn nur mal ansehen. Diesen Leckerbissen von Mann der Öffentlichkeit vorzuenthalten kam einer Straftat gleich. Ich warf einen verstohlenen Seitenblick auf meinen Schatz, der murmelnd vor sich hin fluchte. Die Ausfahrt Pinneberg-Nord befand sich in Sichtweite, allerdings war die Fahrbahn vierspurig mit Autos vollgestellt, so dass wir den Stau nicht mal auf dem Seitenstreifen überholen konnten. Trotz der verfahrenen Situation sah Jonas in seinem schwarzen Schattenstreifenanzug zum Anbeißen aus, der Anstecker aus einer roten Rose mit einer Efeuranke an seinem Revers war wunderbar, auch wenn er überhaupt nicht zu meinem grauenhaften Strauß passte– er war und blieb der schönste Mann, den ich je gesehen hatte. Und genau den wollte ich gerne präsentieren! Wenn ich ihm zudem damit einen Gefallen tun konnte, bitte schön, dann war es sogar eine gute Tat.
    Leider standen wir weiterhin im Stau, und es war egal, wie wir aussahen. Nein, es reichte, ich konnte das jetzt einfach nicht mehr für mich behalten. Ich musste ihn endlich zumindest vorwarnen.
    » Äh, ich… ich meine nur… Wie fändest du das, wenn…«, fing ich an. In dem Moment wurde allerdings eine Lücke auf der rechten Spur frei, Jonas gab Gas, zog mit Warnblinklicht und lautem Gehupe auf dem Standstreifen an allen vorbei, und wir hatten sogar die Staumeute auf unserer Seite, zumindest, als sie meinen weißen Schleier sah, der aus meinem weit geöffneten Fenster flatterte. Unter Gehupe und Gekreisch und » Viel Glück«-Rufen verließen wir die Autobahn. Mir war allerdings weder nach Johlen noch nach Kreischen zumute, sondern einfach nur hundeelend. Das Gefühl, gleich kotzen zu müssen, wurde nicht besser, sondern immer schlimmer.
    Mit quietschenden Reifen hielten wir eine halbe Stunde zu spät, also um halb elf, auf dem Parkplatz vorm Pinneberger Rathaus. Der rote Backsteinbau wirkte vertrauenerweckend, nur die vielen Menschen davor ängstigten mich. Im kurzen Überblicken kam mir auch niemand vertraut vor.
    Jonas wollte gerade aussteigen, als ich ihn am Ärmel seines Anzugs festhielt. In Windeseile stürzten nun schon die ersten Freunde und Gratulanten auf unser Auto zu. Schnell, viel Zeit blieb mir nicht.
    » Hör zu, Schatz, egal, was jetzt passiert– ich liebe dich!« Mein gehetzter Tonfall ließ Jonas verwundert innehalten. Er drehte sich zu mir um, die Hand auf dem Türgriff. Ich sprach schnell weiter.
    » Du wirst dich gleich sehr wundern, aber es ist…« Mir stiegen Tränen in die Augen, ich sprach mit tränenerstickter Stimme weiter– jetzt klang ich wie Veronika Ferres in ihrer schlimmsten Rolle: » Es sollte dein Hochzeitsgeschenk sein, aber ich bin mir jetzt gar nicht mehr sicher, ob es dir gefällt!«, schniefte ich.
    In dem Moment wurde die Fahrertür von außen aufgerissen, Ole, Jonas’ Trauzeuge, zog Jonas aus dem Golf, schlug ihm auf die Schulter und johlte: » Na, ihr seid ja früh dran, hattet wohl noch was zu erledigen, hahahaha!«
    Richtig böse schien niemand zu sein, allerdings hatten wir den Standesbeamten auch noch nicht gesehen.
    In aller gebotenen Hast stürzte und stolperte ich aus dem Auto, verhedderte mich gekonnt in meiner Schleppe und plumpste vor versammelter Mannschaft in den Dreck. Den umstehenden Gästen– beim Aussteigen sah ich meine Mutter und meine Tante– entfuhr ein erschrockenes » Oh!«, als ich wenig ladylike aus dem Auto fiel, aber bevor mir jemand helfen konnte, hatte ich mich schon wieder aufgerappelt. Staub und Birkenpollen verzierten von nun an den Saum meines Kleides, und ich konnte mich nur noch mit dem Gedanken retten, dass es nun bestimmt nicht mehr schlimmer werden konnte. Bevor meine Mutter mich begrüßen konnte, stürzten sich schon meine Kollegen von Hamburg aktuell auf mich, Martin Marciewski und Kameramann Ralf. Drehend! Mein kleiner Ausflug in den Dreck war also schon im Kasten. Wunderbar. Marciewski grinste mich an, sagte » Schön, dass Sie auch schon da sind!« und versah

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