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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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Familienkutsche, den Golf-Kombi, hatten wir ja schon kurz nach Majas Geburt gekauft, und jetzt suchen wir tatsächlich ein Haus, mit Garten natürlich. Ich halte das hier in der kleinen Wohnung in der Himmelstraße, mit den achtundneunzig Treppenstufen, den lauten Nachbarn und dem ewigen Baulärm im » wachsenden Winterhude« nicht mehr aus. Baustellen, so weit das Auge reicht. Ich muss den Kinderwagen auf schmalen Brettern über Baugruben balancieren und bekomme dabei jedes Mal eine Herzattacke. Parkplätze fehlen an jeder Ecke, ich mag nicht mehr die Einkäufe und mein Kind vier Stockwerke hochtragen. Und was, wenn wir später mal doch noch ein zweites wollen? So furchtbar abgeneigt bin ich dem nämlich nicht mehr. Maja braucht ja auch jemanden zum Spielen. Und dafür ist die Wohnung dann viel zu klein. Und wo sollen die Kinder rumlaufen? Landluft ist ja sooo viel gesünder als Stadtparkluft. Jonas sieht es zum Glück genauso, also mache ich mich auf die Suche nach unserem Traumhaus. Es darf auch gerne so romantisch sein wie unsere rosa Hochzeitstortenvilla. Mit Türmchen obendrauf.

36

    Ich lag auf der Couch und versuchte trotz meines geschwollenen Gesichtes einigermaßen verständlich zu sprechen. » Jooooonas«, rief ich jammerig, » ich brauche einen neuen Lappen!«
    Jonas schlurfte ins Badezimmer und kam mit einem weiteren warmen Waschlappen ins Wohnzimmer. Dann setzte er sich neben mich und hielt meine Hand, während er den warmen Lappen auf meine Stirn legte. So ganz allmählich ließ die Gesichtslähmung nach meiner Massage nach, und ich konnte wieder einigermaßen schmerzfrei sprechen. Ja, richtig, eine Gesichtslähmung. Ich erläutere das kurz, und dann sprechen wir bitte nicht mehr darüber.
    Um mir kurz vor der Hochzeit noch eine kleine Entspannung zu gönnen, hatte ich mich gestern bei einer russischen Physiotherapeutin namens Natascha zu einer Ganzkörpermassage eingefunden. Nackt auf dem Bauch liegend, mit einem Handtuch auf dem Rücken und beplätschert von leiser Vogelgesangdudelmusik, konnte ich endlich, nach vielen Wochen Aufregung und Stress, ein klein wenig relaxen. Als Natascha mich fragte, ob ich auch eine Kopfmassage wünschte, konnte ich vor lauter Wohlgefühl kaum Nein sagen. Also drückte und knetete sie meinen Kopf, bis sich die Extentions fast lösten und mir ganz schwindelig wurde. Das wollte ich ihr sagen, aber mein Mund gehorchte mir nicht mehr!
    » Öööhm, maff…maffen wie, iff meime, meim Koppff, biffe auffhööen!«, bekam ich gerade noch heraus. Natascha zog erschrocken ihre Hände zurück, murmelte: » O njein, njicht schon wieder, Entschuuuldigung« in ihrem eigentlich ganz süßen Akzent– aber da ich nicht sprechen konnte, fand ich sie im Moment weniger süß. Fragend und entsetzt sah ich sie an, soweit meine gelähmten Muskeln einen erstaunten Gesichtsausdruck zuließen, während ich mich halb aufrichtete und mich dabei gleichzeitig noch kurz für meinen Hängebusen schämte.
    » Daaas kann sein eine Gesjichtslähmung…«, gestand die Physiotherapeutin. » Iist njicht schlimm, koomt ööfters vor«, beruhigte sie mich. Nee, ist klar, ist nicht schlimm. Fühlte sich auch fast gar nicht doof an. Wären wir jetzt in einem Comic, hätten sich rund um meinen Kopf diverse Fragezeichen eingefunden, danach wäre ich wie Bert aus der Sesamstraße einfach nach hinten gekippt. Aber jetzt lohnte es sich kaum, von der Liege zu kippen– ich musste was tun! Übermorgen war schließlich meine Hochzeit!
    » Umm mamm heht daff wiewer wech?«, bekam ich mühsam heraus.
    » Müüste morgen wiederr ijn Ordnung sein«, sagte Natascha, völlig ungerührt. Dabei räumte sie ihre Massagehandtücher weg, hielt mir die Hand hin und sagte: » Funfundzwaanzig Euro, biite.«
    Na, die würde noch was von mir zu hören kriegen, wenn ich wieder sprechen konnte. Ich zog mich an, gab ich ihr das Geld und fuhr mit meinem steifen Gesicht nach Hause. Dort legte ich mich aufs Sofa und auf meinen Kopf einen warmen Lappen, wie Natascha mir empfohlen hatte. Anscheinend hatte sie ein paar Nervenenden zu fest gedrückt, das sollte sich mit viel Wärme wieder regulieren lassen. Seufzend und stöhnend vor Elend lag ich vorm Fernseher und hoffte, dass mein Leben bald vorbei war.
    Aber das fing ja nun gerade erst an, und Jonas spielte darin die Hauptrolle. Da die Lähmung zum Glück, wie Natascha vorhergesagt hatte, nur kurzzeitig anhielt, konnte ich schon, als Jonas abends nach Hause kam, wieder einigermaßen

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