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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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sprechen; und da es nicht schmerzhaft gewesen war, auch ein bisschen darüber lachen.
    So was passierte aber auch nur mir! Die gesammelten Katastrophen der Sophie Sonnenberg. Und morgen war mein Hochzeitstag. Juhu! Ich hatte so eine Vorahnung, dass es nicht so ganz der glücklichste Tag meines Lebens werden sollte…
    Hey, hey, hey, hier kommt Sophie…
    Vorhang auf– für meine Horrorshow!
    Jonas und ich hatten uns dagegen entschieden, die Nacht getrennt zu verbringen, und fuhren nun ganz klassisch zu zweit, eine Stunde vor der Zeremonie, die für zehn Uhr angesetzt war, mit meinem alten Klappergolf nach Pinneberg. Das Auto war festlich mit Rosen und Efeu geschmückt, aber leider hatten wir den Verkehr auf der A 23 unterschätzt– immerhin war Vatertag, Himmelfahrt, und alle Welt wollte fürs verlängerte Wochenende an die Küste. Da saß ich nun, in meinem Kleid, das jeden Moment zu platzen drohte, und hoffte, dass sich nicht mein Brautkleid, sondern der Stau bald auflösen würde. Ich bat Jonas, mir den Reißverschluss hinten herunterzuziehen, was, da wir ja alleine im Auto waren, auch nicht weiter negativ auffiel. Auf dem Schoß umklammerte ich meinen Brautstrauß, der nicht, wie bestellt, aus dunkelroten Rosen und Efeu bestand, sondern aus einer apricotfarbenen Calla mit viel Schleierkraut. Offenbar hatte die Floristin meinen wunderschönen Strauß eine Stunde vorher einer anderen Braut mitgegeben, die ebenfalls das Glück hatte, heute getraut zu werden. Tja, Pech für mich, Glück für sie, nun hatte sie meine Rosen und ich die hässliche Calla.
    Zehn vor zehn, und wir kamen immer noch nicht voran. Vor, neben und hinter uns hupten, grölten und johlten uns fremde Menschen zu, die uns als Hochzeitspaar identifizierten, was dank meines Schleiers, den ich mir vors Gesicht gezogen hatte, auch nicht weiter schwer war. Wir versuchten krampfhaft wie ein glückliches Pärchen zu wirken, das gerade auf dem Weg zu seiner Hochzeit war.
    » Mann, du Arsch, jetzt fahr doch da in die Lücke!«, schrie Jonas aber einen Augenblick später und verdarb damit den guten Endruck, den unsere Staunachbarn bis dahin von uns hatten.
    Ich hielt mir weiter den Schleier vors Gesicht. Jetzt bloß nicht die Maske fallen lassen, dachte ich. Zu allem Überfluss verschmierte auch schon mein Make-up, da es für Mai ungewöhnlich warm war. Um nicht zu sagen: Es war heiß und kaum zum Aushalten! Bestimmt siebenundzwanzig Grad!
    Die Schminke troff mir inzwischen schon in Streifen übers Gesicht, so sehr schwitzte ich vor Angst, Ärger und Anspannung. Außerdem war mir schlecht, aber das passte ja zur Situation, war also bestimmt kein Grund, sich darüber auch nur ansatzweise Gedanken zu machen. Klar hatte ich in der letzten Zeit öfter die Pille vergessen als sonst, aber da ich noch nie schwanger geworden war, würde ich es jetzt ja sicher auch nicht sein. Das hätte mir ja gerade noch gefehlt.
    Mir kam nun in den Sinn, wie sauer Marciewski wohl sein würde, wenn wir so viel zu spät kämen, dass ich meinen ersten Aufsager nicht mehr machen konnte. Gleichzeitig brachte mich die Sorge fast um, dass Jonas von seiner Hochzeitsüberraschung gar nicht angetan sein könnte. Mit dem Sender war abgemacht, dass ich vor und nach dem Standesamt, sowie vor und nach der Kirche jeweils berichten sollte, wie mir zumute beziehungsweise wie glücklich ich gerade sei, und wie die Planung bis jetzt verliefe.
    Der Beitrag sollte dann zusammen mit den Highlights der hoffentlich sehr romantischen Zeremonien und einigen Stimmen der anwesenden Gäste auf eine Länge von fünfzehn Minuten geschnitten und heute Abend an einen Privatsender überspielt werden, der sich wegen des Feiertags-Nachrichtenlochs schon darauf eingestellt hatte, ihn auch zu senden. Man nimmt, was man kriegt, lautete das Motto.
    Nur musste Jonas auch mitspielen und sich ganz als glücklicher Ehemann präsentieren, als den ich ihn eingeplant hatte. Wochen und Monate hatte ich mir fast überhaupt keine Sorgen gemacht– ja, bis jetzt, bis ich auf einmal darauf kam, dass es vielleicht gar nicht soo nett von mir war, ihn auf einem vergoldeten Silbertablett der Öffentlichkeit zu präsentieren, die aus weit mehr Zuschauern bestand als zur Hochzeit eingeladen waren. Wenn wir Pech hatten, waren es Millionen!
    Ach was, schob ich meine Zweifel mal wieder gekonnt in ihre staubige Ecke, aus der sie hervorgekrochen waren. Jetzt mal halblang. Hätte er keinen Hang zur Selbstdarstellung, wäre er ja nicht Sänger

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