Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell
zu. Und als ihr Magen gefüllt war, breitete sich erneut die Hitze des Begehrens in ihr aus.
Diesmal liebten sie sich in ihrem Zimmer, auf ihrem Bett.
Und als sie Arm in Arm lagen, in Frieden mit sich selbst und dem Rest der Welt, begriff Magda, daß sie sich verliebt hatte. Glenn war einzigartig – kein anderer Mann konnte so sein wie er. Und er liebte sie ebenfalls. Sie wußte es, obwohl er nicht darüber gesprochen hatte.
Magda schmiegte sich enger an ihn, so glücklich war sie noch nie zuvor in ihrem Leben gewesen. Sie dachte weder an ihren Vater noch an Molasar, der nun wieder die Feste durchstreifte und vielleicht auf der Suche nach neuen Opfern war. Aber bevor sie sich auf die Realität besinnen konnte, war sie eingeschlafen.
Glenn beobachtete Magdas Gesicht in der Dunkelheit – es wirkte so friedlich und unschuldig. Die Züge eines schlafenden Kindes. Er schloß die Arme enger um sie, aus Furcht, sie zu verlieren.
Es wäre sicher besser gewesen, Distanz zu ihr zu wahren, aber er hatte seinen Gefühlen keinen Einhalt mehr gebieten können. Ihre Gegenwart brachte längst verloren geglaubte Empfindungen zurück.
Ein festes Band entstand zwischen ihnen, und der Rothaarige fragte sich besorgt, welche Folgen sich daraus für ihn ergeben mochten. Eine schwierige und möglicherweise fata le Konfrontation stand ihm bevor; er durfte sich unter keinen Umständen ablenken lassen. Wenn er versagte, kehrte das Grauen in die Welt zurück. Und wenn ich überlebe? Was dann? Wird Magda bei mir bleiben, wenn sie die Wahrheit über mich erfährt?
Er zog die Decke über ihre bloßen Schultern. Nein, er wollte sie nicht verlieren. Wenn es irgendeine Möglichkeit gab, mit ihr zu leben, nachdem er seine Aufgabe erfüllt hatte … Er war fest entschlossen, sie wahrzunehmen.
24. Kapitel
Die Feste
Freitag, 2. Mai • 21.37 Uhr
Wörmann saß vor seiner Staffelei. Er hatte sich dazu zwingen wollen, den schwarzen Fleck auszumerzen, doch als er den Pinsel in der Hand hielt, zögerte er und überlegte es sich anders. Sollte der seltsame Schatten, der wie ein Galgen aussah, ruhig bleiben. Er würde das Bild ohnehin hierlassen, wenn seine Truppe aufbrach; er wollte keine Erinnerungen an diesen gräßlichen Ort mitnehmen.
Der Zweifel kehrte zurück und verdichtete sich, bis er fast die Qualität von Gewißheit gewann. Vielleicht kommt niemand von uns mit dem Leben davon.
Draußen brannten die Glühbirnen. Die Soldaten hielten jeweils zu zweit Wache und waren bis an die Zähne bewaffnet und bereit, sofort zu schießen, wenn sie verdächtige Bewegungen bemerkten. Wörmanns Pistole lag auf dem Feldbett; sie steckte im Holster.
Wörmann hatte inzwischen seine eigene Theorie über die Feste. Er nahm sie nicht besonders ernst, aber sie berücksichtigte die meisten Fakten und erklärte viele rätselhafte Vorgänge. Das Kastell lebte. Darum ließ sich kein Mörder finden. Darum war die Suche nach dem Versteck des Unbekannten erfolglos geblieben, obwohl Dutzende von Mauern eingerissen worden waren. Die Feste selbst tötete die Eindringlinge.
Allerdings gab es einen wichtigen Umstand, den die Theorie unberücksichtigt ließ. Es hatte noch keine unheilvolle Atmosphäre geherrscht, als Wörmann mit seinen Leuten eintraf. Oh, sicher, es hatte auch damals keine Vögel gegeben, aber der Major hatte nicht die Aura des Bösen empfunden, die nun jeden Winkel erfüllte und aus den Steinen zu sickern schien. Sie war erst entstanden, als die beiden Gefreiten auf der Suche nach Gold den Stein in der Kellerwand herausgebrochen hatten. Daraufhin hatte sich die Feste verändert, und jetzt gierte sie nach Blut.
Niemand hatte das Gewölbe, in dem nun die Leichen lagen, gründlich untersucht. Dazu gab es auch gar keinen Grund. Seit dem ersten Todesfall waren ständig Wächter im Keller postiert, und ihrer Aufmerksamkeit entging nichts. Vielleicht ist irgendwo dort unten das Herz der Feste verborgen. Ein Herz aus Stein, im wahrsten Sinne des Wortes. Vielleicht sollten wir die Höhle erforschen. Nein, das würde eine Ewigkeit dauern. Zu den Kammern im Fundament des Kastells gehörten auch viele Tunnel, die sich kilometerweit erstreckten – bis tief in den Berg hinein. Außerdem war niemand besonders versessen darauf, jene Korridore zu betreten. In ihnen herrschte immerwährende Nacht. Und die Nacht galt inzwischen als Synonym für einen erbarmungslosen Feind.
Nur die Leichen fanden dort unten Ruhe.
Die Leichen …
Wörmann erinnerte sich
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