Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell
»Es ist die wichtigste Aufgabe, die du jemals erfüllt hast.«
»Verlaß dich auf mich!« stieß Cuza hervor und ballte die Fäuste. »Niemand wird mir den Talisman abnehmen.«
»Ich halte es für unwahrscheinlich, daß jemand versucht, ihn dir zu stehlen. Und selbst wenn das der Fall wäre, bezweifle ich, daß man weiß, wie er sich gegen mich einsetzen läßt. Andererseits besteht er aus Gold und Silber. Wenn das Metall eingeschmolzen wird …«
Ein Hauch von Unruhe fraß sich in Cuzas Bewußtsein. »Nichts kann für immer verborgen bleiben.«
»›Für immer‹ ist auch nicht notwendig. Es genügt, daß du den Talisman hütest, bis ich Hitler und seine Männer erledigt habe. Nach meiner Rückkehr kümmere ich mich wieder selbst darum.«
»Bis dahin brauchst du dir nicht die geringsten Sorgen zu machen!« Selbstsicherheit und Zuversicht fluteten in den Professor zurück. Für einige Tage konnte er jeden beliebigen Gegenstand in den Bergen verstecken. »Ich werde die Quelle deiner Macht schützen, bis du wieder hier bist. Hitlers Tod! Oh, dann kann die ganze Welt aufatmen! Freiheit für Rumänien und die Juden! Und für mich – Rechtfertigung.«
»Rechtfertigung?«
»Meiner Tochter gegenüber … Sie riet mir, dir nicht zu vertrauen.«
Molasars Augen wurden plötzlich zu schmalen Schlitzen. »Ich hatte erwartet, daß du mit niemandem über diese Angelegenheit sprichst, nicht einmal mit deiner Tochter.«
»Sie wird sich über Hitlers Ende ebenso freuen wie ich. Sie kann nur nicht glauben, daß du es ehrlich meinst. Sie steht unter dem Einfluß eines Mannes, der zu ihrem Geliebten geworden ist.«
»Was für einen Mann meinst du?« Das bleiche Gesicht des Untoten schien noch blasser zu werden.
»Ich weiß nicht viel über ihn. Er heißt Glenn und scheint an der Feste interessiert zu sein. Aber …«
Molasar packte den Professor am Kragen und zog ihn hoch, so daß nur noch die Zehenspitzen den Boden berührten.
»Wie sieht er aus?« fauchte er.
»Er ist … groß«, keuchte Cuza, entsetzt von der enormen Kraft der eiskalten Hände. Nur wenige Zentimeter trennten sein Gesicht von den langen gelben Zähnen des gespenstischen Wesens. »Fast so groß wie du, und …«
»Sein Haar! Welche Farbe hat es?«
»Es ist rot …«
Molasar stieß Cuza von sich. Der Professor verlor das Gleichgewicht und prallte auf den Stein. Der Untote gab ein kehliges Knurren von sich und grollte etwas, das wie Glae ken klang.
Der Professor blieb einige Sekunden benommen liegen. Als sich die dunstigen Schleier vor seinen Augen verflüchtigten, sah er in Molasars Gesicht etwas, mit dem er dort nie gerechnet hätte: Furcht.
Glaeken? dachte Cuza. Hieß so nicht die geheime Sekte, die Molasar vor zwei Nächten erwähnt hat? Die Fanatiker, von denen er damals verfolgt wurde? Der Untote blickte erneut aus dem Fenster und beobachtete mit steinerner Mie ne das Dorf. Nach einer Weile drehte er sich zu Cuza um.
»Wie lange ist er schon hier?«
»Seit drei Tagen …« Cuza gab seiner Neugier nach und fügte hinzu: »Warum? Stimmt was nicht?«
Molasar schwieg zunächst. Er wanderte im Schatten jenseits des Kerzenscheins auf und ab: drei lange Schritte in die eine Richtung, drei in die andere. Dann blieb er plötzlich stehen.
»Offenbar existiert die Glaeken-Sekte nach wie vor«, sagte er leise. »Ich hätte es wissen müssen! Sie versuchte mit zäher Hartnäckigkeit, die Weltherrschaft an sich zu reißen! Die Nazis, von denen du mir erzählt hast … Der Kriegsherr namens Hitler … Jetzt ergibt alles einen Sinn.«
Cuza stand auf. »Was meinst du?«
»Die Glaeken haben immer hinter den Kulissen die Fäden gezogen und Massenbewegungen ausgenützt, um über ihre wahre Identität hinwegzutäuschen.« Molasar hob die Fäuste. »Jetzt verstehe ich. Herr Hitler und seine Gefolgsleute sind nur eine weitere Tarnung für die Glaeken. Was für ein Narr bin ich gewesen! Es hätte mir sofort klar sein müssen, als du mir von den Todeslagern berichtet hast – so etwas entspricht genau ihren Methoden. Und dann die Nazisymbole, die verdrehten Kreuze … Die Glaeken gehörten einst zur Kirche.«
»Aber Glenn …«
»Er ist einer von ihnen! Keine Marionette wie Hitler und die anderen, sondern ein Mitglied des inneren Zirkels. Ein wahrer Glaeken – ein Mörder!«
Cuza spürte, wie ihm etwas den Hals zuschnürte. »War um bist du so sicher?«
»Die Assassinen der Glaeken sehen alle gleich aus: blaue Augen, olivfarbene Haut, rotes Haar. Sie kennen
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