Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
Vom Netzwerk:
ging zu den anderen Geiseln, die in der einen Ecke des Raums kauerten.
     
    Jemand stand an der Tür.
    Kämpffer riß die Augen auf und erinnerte sich an seinen Alptraum. Aber diesmal war etwas anders: Er spürte keine dunkle, unheilvolle Präsenz.
    »Wer ist dort?«
    Keine Antwort.
    Es knarrte leise, als die Klinke bewegt wurde. Der Sturmbannführer sah dunkle Streifen im Licht, das durch den schmalen Spalt unter der Tür fiel, aber sie boten keinen Hinweis darauf, wer versuchte, sein Zimmer zu betreten.
    »Identifizieren Sie sich!«
    Das metallene Knarren verklang, und kurz darauf ertönte ein anderes Geräusch: ein dumpfes Knirschen, so als stemme sich eine schwere Masse an dickes Eichenholz. Kämpffer glaubte zu sehen, daß sich die Tür nach innen wölbte. Lieber Himmel, die Bohlen sind mehr als fünf Zentimeter dick! Er begann zu schwitzen und zu zittern und begriff plötzlich, daß er in der Falle saß. Er hatte keine Möglichkeit, den Raum zu verlassen. Er hörte ein Kratzen – wie lange Klauen, die übers Holz strichen. Der SS-Offizier wollte nach seiner Luger greifen, doch er war wie gelähmt und konnte sich nicht von der Stelle rühren.
    Mit einem plötzlichen Ruck gab der Riegel nach, und die Tür sprang auf. Zwei Gestalten standen auf der Schwelle – dunkle Silhouetten vor dem helleren Hintergrund. Wegen der Helme nahm Kämpffer an, daß es sich um deutsche Soldaten handelte, und die schwarzen Stiefel deuteten auf Angehörige seiner Einsatzgruppe hin. Eigentlich hätte er sich bei ihrem Anblick entspannen sollen, aber aus irgendeinem Grund blieb alles in ihm steif.
    »Wer seid ihr?«
    Die beiden Männer schwiegen und kamen wortlos näher. Sie bewegten sich wie zwei synchron gesteuerte Marionetten. Ihre Gangart erschien … seltsam. Einige Sekunden lang nahm Kämpffer an, die Soldaten würden einfach über ihn hinwegmarschieren, aber statt dessen blieben sie vor seiner Liege stehen.
    »Was wollt ihr?« Der Sturmbannführer versuchte, seine Stimme scharf und zornig klingen zu lassen, aber er hörte die in ihr vibrierende Furcht.
    »Antwortet endlich!« Kein Befehl, sondern ein Flehen.
    Die Gestalten blieben stumm.
    Kämpffer streckte die linke Hand aus und griff nach der Batterielampe, während sich seine Rechte um den Kolben der Luger schloß. Als die Finger den Einschaltknopf berührten, zögerte er. Er vernahm das Rasseln seines Atems. Er wollte die Gesichter der beiden ungebetenen Besucher sehen, aber gleichzeitig warnte ihn etwas davor, die Lampe anzumachen.
    Schließlich konnte er der Versuchung nicht länger widerstehen. Er stöhnte leise, als er den Knopf drehte und die Lampe hob.
    Flick und Waltz standen vor ihm, die Mienen kalkweiß und zu Fratzen verzerrt; tiefe, blutige Wunden klafften in ihren Hälsen. Kämpffer starrte sie entsetzt an, die Lampe noch immer hoch erhoben. Seine Lippen zitterten, doch der Schrei blieb ihm im Hals stecken.
    Dann bewegten sich die beiden Toten wieder. Lautlos neigten sie sich nach vorn, kippten um, fielen auf ihren befehlshabenden Offizier und begruben ihn unter sich.
    Kämpffer trat und schlug um sich und versuchte verzweifelt, unter den Leichen hervorzukriechen. In seiner Panik hörte er ein schrilles Heulen. Es dauerte eine Weile, bis er begriff, daß es von ihm selbst stammte.
     
    »Glauben Sie es jetzt ?«
    »Was soll ich glauben?« Kämpffer mied Wörmanns Blick und konzentrierte sich statt dessen auf das Glas Kümmelschnaps. Er hatte es bis zur Hälfte geleert und nippte nun am Rest. Langsam – ganz langsam – überwand er das Grauen und gewann wieder Kontrolle über sich.
    »Daß die SS-Methoden nicht geeignet sind, dieses Problem zu lösen.«
    »Sie funktionieren immer .«
    »Diesmal nicht.«
    »Ich habe gerade erst begonnen! Bisher sind noch keine Geiseln gestorben!«
    Noch während Kämpffer diese Worte aussprach, mußte er sich eingestehen, daß er mit einer Situation konfrontiert war, die über alle bisherigen SS-Erfahrungen hinausging. Es gab keine Präzedenzfälle und niemanden, den er um Rat fragen konnte. Die Feste beherbergte etwas, das sich nicht bekämpfen oder einschüchtern oder irgendwie unter Druck setzen ließ. Es handelte sich nicht um bewaffnete Fanatiker der Nationalen Bauernpartei. Das … Etwas … Es steht in keinem Zusammenhang mit dem Krieg, mit Nationalitäten oder Rassenfragen.
    Dennoch mußten die gefangenen Dorfbewohner beim nächsten Morgengrauen sterben. Wenn er sie freiließ, gab er damit seine Niederlage und damit auch

Weitere Kostenlose Bücher