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Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell

Titel: Widersacher-Zyklus 01 - Das Kastell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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zuckte mit den Schultern. Es gab andere Din ge, die seine Aufmerksamkeit beanspruchten. Wenn Kämpffer tatsächlich am nächsten Morgen aufbrach, mußten gewisse Entscheidungen getroffen werden. Soll ich hierbleiben oder das Kastell ebenfalls verlassen? Eins stand fest: Er konnte nicht länger damit warten, die Leichen nach Deutschland zu überführen. Sie lagen schon viel zu lange im Keller.
    Wörmann wandte sich ab und trat wortlos auf den Treppenabsatz. Als er die Tür schloß, sah er, daß der Professor nach dem silbernen Kreuz griff und es nachdenklich betrachtete.
     
    Wenigstens lebte er noch.
    Magda wartete ungeduldig, während einer der Torwächter ihren Vater holte. Ihr Blick glitt über den Hof. Alles war ruhig. Hier und dort erhoben sich einige Schutthaufen – ein deutlicher Hinweis auf die im hinteren Teil des Kastells eingerissenen Mauern, aber derzeit arbeitete niemand. Vermutlich saßen die Soldaten beim Frühstück. Warum dauert es so lange? dachte Magda nervös. Warum läßt sich der Mann soviel Zeit, den Rollstuhl hierherzuschieben?
    Ihre Gedanken glitten um einige Stunden in die Vergangenheit, zurück zu Glenn. Gestern abend hatte er ihr praktisch das Leben gerettet, als er sie daran gehindert hatte, über die Brücke zu stürmen. Sie erinnerte sich an das Gefühl, von ihm festgehalten zu werden, an die verwirrende Nähe seines Körpers …
    Magda versuchte, sich wieder auf die Feste und ihren Vater zu konzentrieren, doch vor ihrem inneren Auge formten sich andere Bilder.
    … Glenn, der nicht nur stark und energisch sein konnte, sondern auch sanft. Er hatte sie davon überzeugt, in ihr Zimmer zurückzukehren und am Fenster zu wachen. Welchen Sinn hatte es, am Rand der Schlucht zu bleiben? Sie war sich völlig hilflos vorgekommen, und Glenn hatte sie verstanden. Und als er sich an der Tür von ihr verabschiedet hatte, hatte sie Trauer in seinen Augen und eine seltsame Niedergeschlagenheit bemerkt und … und noch etwas anderes, das Magda nicht zu identifizieren vermochte. Schuldgefühle? Aber warum sollte er sich schuldig fühlen?
    Sie bemerkte eine Bewegung im Torbogen des Turms und trat über die Schwelle. Von einem Augenblick zum anderen verließen sie die Wärme und das Licht des Morgens. Es war, als verließe sie eine gut geheizte Stube und trete in eine kalte Winternacht hinaus. Magda wich sofort zurück, und als sie wieder auf dem Holz der Brücke stand, ließ der eisige Frost von ihr ab. Die unheilvolle Atmosphäre im Kastell schockierte sie zutiefst. Die Soldaten schienen davon kaum etwas zu bemerken; vielleicht hatten sie sich bereits daran gewöhnt. Aber nach dem Aufenthalt in der Herberge spürte Magda ganz deutlich das Böse jenseits der hohen Mauern.
    Ein Wächter schob den Rollstuhl über das Kopfsteinpfla ster, und als die junge Frau das Gesicht ihres Vaters sah, be griff sie sofort, daß irgend etwas nicht stimmte. In der vergan genen Nacht mußte etwas Schreckliches geschehen sein. Mitten im Tor ließ der Soldat den Rollstuhl los, Magda umfaßte hastig die Griffe und schob den alten Mann über die Brücke.
    »Was ist geschehen, Vater?« stieß sie auf halbem Weg zur anderen Seite der Schlucht hervor.
    »Eine ganze Menge.«
    »Hat er dich besucht?«
    »Warte, bis wir bei der Herberge sind. Dann erzähle ich dir alles. Hier könnte uns jemand hören.«
    Magda konnte es nicht abwarten, von den Ereignissen der letzten Nacht zu erfahren. Sie schob den Rollstuhl rasch über die Straße und dann um das Gasthaus herum. Helles Sonnenlicht glitzerte auf dem Tau des Grases, ließ den weißen Putz an der Rückwand des zweistöckigen Gebäudes erstrahlen.
    Sie stellte den Stuhl so auf, daß die Sonne ihren Vater wärmte, ohne ihn zu blenden, ließ sich vor ihm auf die Knie sinken und griff nach den mit Wolle umhüllten Händen. Das Gesicht des alten Mannes wirkte noch eingefallener als sonst, und sein Anblick weckte tiefe Besorgnis in Magda. Er sollte jetzt in Bukarest sein. Er hält diese Belastungen nicht lange aus.
    »Was ist passiert? War er bei dir?«
    Theodor Cuzas Blick blieb auf die Feste gerichtet, und seine Stimme klang wie aus weiter Ferne, als er antwortete: »Es ist warm hier. Nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele. Wer zu lange im Kastell bleibt, dessen Seele könnte welken wie Blätter im Herbst.«
    »Vater …«
    »Er heißt Molasar und behauptet, ein dem Fürsten Vlad Tepes treu ergebener Lehensherr gewesen zu sein.«
    Magda schnappte nach Luft. »Dann wäre

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