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Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft

Titel: Widersacher-Zyklus 02 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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kannte sie ja kaum.
    »Ja, wenn es mir möglich ist.« Besorgnis spiegelte sich in ihren Augen. Einen Moment lang dachte er, auch einen Anflug von Furcht zu entdecken. »Ich hoffe es. Wirklich.«
    Sie gab ihm noch einen Kuss, dann war sie zur Tür heraus und auf dem Weg die Treppen hinunter.
    Jack schloss die Tür, verriegelte sie und lehnte sich dann schwer dagegen. Wäre er aufgrund des Schlafmangels und dem, was Kolabati ihm abverlangt hatte, nicht so erschöpft, dann hätte er versucht, die Ereignisse des Abends zu entschlüsseln.
    Er wankte zum Bett. Diesmal wollte er schlafen.
    Aber sosehr er es auch versuchte, der Schlaf wollte nicht kommen. Die Erinnerung an den Geruch, Kolabatis merkwürdiges Verhalten … er konnte es sich nicht zusammenreimen. Aber nicht das, was passiert war, machte ihm so zu schaffen. Es war das beunruhigende Gefühl, dass etwas Schreckliches beinahe passiert wäre.
     
    8
     
    Kusum schreckte aus dem Schlaf hoch und war sofort hellwach. Ein Geräusch hatte ihn geweckt. Sein Bhagavad Gita polterte auf den Boden, als er aufsprang und zur Kabinentür lief. Wahrscheinlich kamen die Mutter und ihr Junges zurück, aber es konnte nichts schaden, sich davon zu überzeugen. Man konnte nie wissen, was für Abschaum sich hier an den Docks herumtrieb. Es war ihm egal, wer in seiner Abwesenheit an Bord kam – der Dieb musste es schon sehr zielstrebig auf dieses Schiff abgesehen haben, weil Kusum die Gangway immer hochgefahren ließ. Sie wurde mit einer Fernbedienung heruntergefahren. Ein Unberührbarer auf Diebestour würde im Kabinentrakt nichts Wertvolles finden. Und sollte er sich unter Deck in die Laderäume verirren … dann gab es wenigstens einen Paria weniger auf den Straßen.
    Aber wenn Kusum an Bord war – und jetzt, wo Kolabati bei ihm wohnte, würde er wohl mehr Zeit hier verbringen, als ihm lieb war –, war er lieber vorsichtig. Er hatte keine Lust auf unliebsame Überraschungen.
    Kolabatis Ankunft war auch eine Überraschung gewesen. Er wähnte sie sicher in Washington. Sie hatte ihm in dieser Woche schon unendlichen Ärger gemacht und das war wohl noch nicht das Ende. Sie kannte ihn zu gut. Er musste ihr so gut wie möglich aus dem Weg gehen. Und sie durfte nie von diesem Schiff und seiner Fracht erfahren.
    Er hörte das Geräusch erneut und sah zwei unverkennbare Gestalten an Deck klettern. Sie sollten mit ihrer Beute beladen sein, aber das waren sie nicht. Aufgeschreckt rannte Kusum über das Deck. Im Laufen tastete er, ob seine Halskette auch da war, dann blieb er in einer Ecke stehen und beobachtete, wie die Rakoshi an ihm vorbeikamen.
    Zuerst kam das Junge, angetrieben von der Mutter hinter ihm. Beide schienen erregt. Wenn sie doch nur sprechen könnten! Es war ihm gelungen, den Jungen ein paar Worte beizubringen, aber das war reine Nachahmung, keine Sprache. Die Kommunikation mit den Rakoshi war ihm noch nie so wichtig vorgekommen wie heute. Aber das war unmöglich. Sie waren nicht dumm; sie konnten einfache Aufgaben erledigen und simple Befehle befolgen – schließlich hatte er sie dazu trainiert, als Mannschaft für das Schiff zu fungieren. Aber ihr Verstand arbeitete nicht auf einer Ebene, die intelligente Kommunikation zuließ.
    Was war passiert? Die Mutter war noch nie gescheitert. Wenn sie die Spur aufnahm, brachte sie auch das vorbestimmte Opfer. Aber heute Nacht hatte sie versagt. Warum?
    Hatte es einen Fehler gegeben? Vielleicht waren die Pralinen nicht angekommen. Aber wie hatte die Mutter dann die Witterung aufgenommen? Nur Kusum hatte Zugang zu dem Lockmittel. Es ergab alles keinen Sinn.
    Er kletterte die Leiter hinunter, die zum Unterdeck führte. Dort warteten die beiden Rakoshi, die Mutter niedergeschlagen durch die Erkenntnis, dass sie versagt hatte, während das Jungtier rastlos hin und her lief. Kusum schlüpfte an ihnen vorbei. Die Mutter war sich schwach seiner Gegenwart bewusst und hob den Kopf, aber das Jungtier lief fauchend weiter hin und her und bemerkte ihn überhaupt nicht. Kusum drehte das Rad an dem Schott und öffnete es. Das Junge wollte zurückweichen. Es gefiel ihm nicht, auf dem eisernen Schiff zu sein, und wollte nicht wieder in den Lagerraum zurück. Kusum wartete geduldig. Sie verhielten sich alle so nach ihrem ersten Ausflug in die Stadt. Sie wollten an der frischen Luft sein, weg von dem eisernen Raum, der ihnen ihre Kräfte raubte, draußen zwischen den Menschenmassen, wo sie sich an dem gemästeten Menschenvieh gütlich tun

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