Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe
jemals getroffen?«
»Natürlich.«
»Und was halten Sie von ihm?«
»Sein Circulus arteriosus unterliegt einem Ilius.«
Alan brach in Gelächter aus. Axford war alles andere als charmant, aber seine Offenheit war entwaffnend. Er hatte noch nie gehört, dass jemand es so gespreizt formuliert hatte, dass jemand anderes Scheiße im Kopf hatte.
Axford musterte ihn abschätzend: »Registriere ich da bei Ihnen eine gewisse Feindseligkeit gegenüber der medizinischen Grundlagenforschung?«
»Nicht mehr als beim durchschnittlichen praktischen Arzt.«
»Und ich vermute, Sie glauben, dass Sie gut zurechtkämen, wenn es die Ärzte in der Forschung und der pharmazeutischen Industrie nicht geben würde?«
»Sie haben Ihren Platz, aber wenn ein Bursche, der seit Jahrzehnten keinen Finger mehr auf einen lebenden Patienten gelegt hat, sich herablässt, mir erklären zu wollen, wie man Medizin praktiziert …«
»Soll das heißen, dass Sie tatsächlich Leute befummeln ?«, fragte Axford mit einer übertriebenen Grimasse von Abscheu.
Lou Albert ging in diesem Augenblick an ihnen vorbei, und Axford hielt ihn am Ellbogen fest.
»Was meinen Sie, warum rotten wir drei Ärzte uns nicht zusammen und fachsimpeln ein wenig? Ich hörte, Sie beide waren einmal Partner. Stimmt das?«
Sylvias Onkel wirkte alles andere als glücklich, aber er blieb stehen und nickte. Er war kleiner als Alan und Charles und mindestens zehn Jahre älter, aber er hielt sich wie immer militärisch gerade, und sein kurzer grauer Bürstenhaarschnitt passte zu dem disziplinierten Äußeren.
»Das wissen Sie verdammt gut. Sie haben mich das schon vor einer halben Stunde gefragt.«
»Das stimmt, das stimmt. Das habe ich, nicht wahr?« Alan sah, wie in Axfords Augen ein Glanz zu strahlen begann. Sein Lächeln wirkte plötzlich verschlagen. »Das ist Jahre her, nicht? Und haben Sie mir nicht erzählt, dass Alan Ihnen eine Menge Patienten geklaut hat?«
Lou errötete. »So etwas habe ich nicht gesagt!«
»Nun kommen Sie schon. Ich fragte Sie, wie viele Patienten er Ihnen gestohlen hätte, und Sie sagten …?« Axfords Stimme hob sich wie die Rute eines Anglers, der einen Fisch am Haken hat.
»Ich sagte ›ein paar‹, das war alles.«
Alan konnte nicht ergründen, worauf Axford hinauswollte, aber er wusste, es war nichts Gutes. Trotzdem war es ihm unmöglich, seine Zunge im Zaum zu halten. »›Gestohlen‹, Lou?«, hörte sich Alan sagen. »Seit wann gehören einem die Patienten? Ich habe noch nie jemanden gesehen, der mit deinem Brandzeichen zu mir kam.«
»Sie wären nicht zu dir gekommen, wenn deine Sekretärin nicht alle angerufen und ihnen mitgeteilt hätte, wo deine neue Praxis ist!«
Ich kann nicht glauben, dass ich mich da reinziehen lasse!, dachte Alan, als er den zufrieden lächelnden Axford anfunkelte.
»Pass auf, Lou«, sagte er. »Warum lassen wir das jetzt nicht einfach? Ich weise nur noch darauf hin, dass der einzige Grund, warum meine Sekretärin all diese Patienten angerufen hat, der war, dass die wenigen, die mich von sich aus fanden, erklärt hatten, man habe ihnen in der Praxis mitgeteilt, ich hätte die Stadt verlassen.«
»Gentlemen! Gentlemen!«, sagte Axford in einem gespielt versöhnlichen Ton. »Es trifft mich zutiefst, zwei Ärzte, die mitten im Tagesgeschehen stecken, zwei Fußsoldaten an den blutigen Frontlinien der Medizin zu sehen, die sich so zanken! Ich …«
»Ich habe genug davon!«, sagte Lou. »Was den Geschmack meiner Nichte bei ihren Freunden angeht, so ist der nicht besser als ihr Geschmack bei ihren Ärzten!« Er stürmte davon.
»Also, alter Junge«, sagte Axford, zu Alan gewandt. »Was war jetzt wirklich der Grund für die Trennung?«
Alan wollte gerade auf einen dunklen Ort hinweisen, an den Axford sich die Antwort stecken könne, als Ginny und Sylvia sich zu ihnen gesellten. Alan dachte, die Anwesenheit der Frauen würde Axfords Sticheleien hemmen, aber es schien ihn nur anzuspornen.
»Ich meine, verwendete einer von Ihnen zuviel B-12? Oder spritzte nicht genug Penizillin? Sagen Sie mir: Wird die Allgemeinmedizin nicht verflucht langweilig mit all diesen endlosen Halsschmerzen?«
»Manchmal«, sagte Alan, der cool blieb und vorgab, Axford ernst zu nehmen. »Aber immer noch besser, als seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen, dass man weiße Ratten quält.«
Axfords Augenbrauen zogen sich fast bis zu seinem Haaransatz.
»Ist das so? Und wie viele Erkältungen haben Sie die se Woche behandelt? Wie
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