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Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe

Titel: Widersacher-Zyklus 03 - Die Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Gabe
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verzweifelten Gesichtern, die Hände ausgestreckt und nach ihm greifend, stürmten sie auf ihn los. Nicht, um ihn zu verletzen. In ihren Augen lag keine Böswilligkeit, aber das verminderte seine Angst nicht. Nichts konnte sie aufhalten. Sie wollten ihn berühren, ihn ergreifen, ihn an sich reißen und zu ihren geliebten kranken Angehörigen bringen, oder zu ihren Wagen und Kleinlastern, um ihn dorthin zu fahren, wo die Hilfsbedürftigen warteten. Sie wollten ihn benutzen, ihn besitzen, nur eine Minute, nur ein paar Sekunden, nur so lange, bis er sein Wunder gewirkt hatte, und dann bekam er seine Freiheit zurück und er konnte wieder seinen Geschäften nachgehen und sie wären ihm ewig dankbar.
    Das war es, was ihm am meisten Angst machte. Für diese Leute war er zu einem Gegenstand geworden.
    Es waren so viele, und als sie sich gegenseitig schoben und stießen, um zu ihm zu gelangen, stolperte er und stürzte zu Boden. Und einige von ihnen stolperten auch und fielen über ihn, rissen ihn mit sich zu Boden, fielen auf ihn drauf und quetschten ihm die Luft aus der Brust. Es wurden immer mehr. Alan spürte die dicken Fasern des Teppichs an seine linke Wange reiben, als sich der Bauch von jemandem auf sein Gesicht legte. Ein Ellbogen rammte sich in seinen Magen. Voll Panik versuchte er, seinen Schmerz, seine Angst herauszuschreien, aber er bekam keine Luft.
    Wenn sie nicht von ihm abließen, damit er atmen konnte, würde er ersticken!
    Dann wurde alles schwarz.
     

31. Ba
     
    Die Missus schwieg während der ganzen Rückfahrt aus der Stadt. In letzter Zeit hatte sie im Wagen die meiste Zeit damit verbracht, ihn mit Fragen auf seine Einbürgerungsprüfung vorzubereiten. Er war froh, heute keine Fragen gestellt zu bekommen: Er war sich nicht mehr sicher, ob er überhaupt noch eingebürgert werden wollte. Nicht, weil ihm seine neue Heimat nicht am Herzen lag – das tat sie wahrhaftig –, aber die Einbürgerung erschien so endgültig – wie eine endgültige Abkehr von seinem Vaterland, eine endgültige Ohrfeige, ein Du bist tot und vergessen und nutzlos für mich, also habe ich mir eine andere Heimat gesucht und sage mich hiermit von dir los.
    Konnte er das wirklich tun?
    Andererseits – sein Dorf war zerstört, seine Freunde hatten das Land verlassen, und die neuen Machthaber würden ihn wahrscheinlich hinrichten lassen, falls er je zurückkäme.
    Er wünschte, es gäbe eine einfache Antwort.
    Die Missus beobachtete schweigend den bedrohlichen Himmel und die flackernden Blitze. Als sie an Dr. Bulmers Praxis vorbeifuhren, sprach sie schließlich.
    »Sieh dir das an – der Parkplatz ist leer.«
    Ba fuhr langsamer und sah hinaus in die Dunkelheit. Der Platz war nicht völlig leer – zwei Autos standen noch da –, aber es war ein himmelweiter Unterschied zu der Ansammlung, die in den vergangenen Wochen rund um die Uhr das Gebäude belagert hatte.
    »Ich frage mich, was passiert ist.«
    »Vielleicht haben sie aufgegeben und sind wieder gefahren, Missus.«
    »Das glaube ich nicht. Sie haben so lange gewartet – schwer zu glauben, dass sie alle plötzlich die Geduld verloren haben.«
    »Vielleicht wurden sie von der Polizei verjagt.«
    »Vielleicht … Tony hatte wahrscheinlich genug von der Bagage vor seinem Büro und hat den Parkplatz räumen lassen. Andererseits bin ich mir sicher, dass er das nicht getan hätte, ohne Alan vorher davon in Kenntnis zu setzen, und ich kann mir nicht vorstellen, dass Alan damit einverstanden gewesen wäre. Vielleicht …«
    Ihre Stimme verlor sich. Obwohl die Missus dachte, sie würde ihre Gefühle vor der Welt verbergen, wusste Ba von ihrer tiefen Zuneigung zu Dr. Bulmer. Die Legende warnte davor, den zu lieben, der über das Dat-tay-vao verfügte. Aber was sollte er ihr sagen? Wie konnte man vor Gefühlen warnen? Außerdem waren die Würfel bereits gefallen. Das Dat-tay-vao suchte diejenigen aus, deren Leben bereits in eine bestimmte Richtung ging. Ba wusste, der Doktor würde diesem Weg folgen, koste es, was es wolle. Es war sein Karma.
    Trotzdem hatte er aus unerklärlichen Gründen bei dem fast verlassenen Parkplatz ein ungutes Gefühl.
    Er fuhr schneller und wollte an der Kreuzung Richtung Toad Hall abbiegen, als die Missus sagte: »Lass uns kurz bei Dr. Bulmer vorbeischauen, bevor wir nach Hause fahren.«
    »Ja, Missus«, sagte Ba mit einem heimlich zustimmenden Lächeln. Die Missus spürte auch, dass etwas nicht stimmte.
    Die Blitze wurden intensiver, der Himmel dunkler, und der

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