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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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von der Titelseite verdrängt. Die Schlagzeile und fast die gesamte Seite der heutigen Times war dem erstaunlich guten Abschneiden von Senator Eugene McCarthy gegen Präsident Johnson gewidmet. Im Fernsehen wurde von nichts anderem geredet.
    Und wenn Jims Tod nicht wäre, wäre das auch alles, worüber Bill reden und woran er denken könnte. McCarthy hatte besser abgeschnitten, als selbst seine überzeugtesten Anhänger für möglich gehalten hatten, Bill Ryan eingeschlossen, aber irgendwie schien das heute nicht mehr wichtig. Als er jetzt auf Jims Sarg hinunterblickte, überlegte Bill, was jemals wieder wichtig sein könnte, angesichts dieses verfrühten, sinnlosen Todes von einem Freund.
    Carol begann zu schluchzen. Sie hatte bis jetzt durchgehalten, aber jetzt, wo Jims Körper über dem Loch schwebte, das ihn für die Ewigkeit aufnehmen sollte, spürte Bill, wie ihre Fassade bröckelte. Er wollte zu ihr gehen, die Arme um sie legen und zusammen mit ihr weinen.
    Aber Emma tat jetzt genau das. Jonah stand einfach nur da, mit unbewegtem Gesicht, die Hand an Carols Ellbogen.
    Aus dem Augenwinkel sah Bill eine Bewegung auf der rechten Seite. Er erkannte Carols Tante Grace, die sich dem Grab näherte. Es war aufgefallen, dass sie zu dem Totengebet vor zwei Tagen nicht gekommen war. Sie blieb in einiger Entfernung stehen, senkte den Kopf und faltete die Hände im Gebet. Ihre watschelnde Annäherung und ihre ganze Haltung wirkten … verstohlen, so als fürchte sie, erkannt zu werden.
    Bill fragte sich, warum, bis Emmas Stimme die Stille durchbrach.
    »Da ist sie!«, rief sie. »Sie gehört zu denen! Sie war bei den Leuten, die meinen Jimmy getötet haben! Warum, Grace Nevins? Was hat mein kleiner Junge dir getan?«
    Die pummelige kleine Frau hob langsam das Haupt, bis sie Carol und ihre Anklägerin ansah. Sie schüttelte den Kopf. Bill biss sich auf die Lippen, als er das Schuldbewusstsein und die Reue auf ihrem Gesicht sah. Doch warum fühlte sie sich schuldig? Er hatte mit den Leuten geredet. Sie war nicht bei ihnen gewesen. Er war sich sicher, er hätte sie erkannt.
    »Sie war nicht dabei …«, begann er, aber Emma unterbrach ihn.
    »Doch, das war sie! Jonah hat sie in einem der Autos gesehen!« Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Fratze und ihre Stimme wurde schrill. »Du warst dabei! Du bist an dem hier schuld!«
    Bill sah, wie Carols verwirrter, tränenverhangener Blick zwischen den beiden Frauen hin- und herwanderte.
    »Bitte …«, sagte sie.
    Aber Emma war nicht im Zaum zu halten. Sie deutete mit einem zitternden Finger anklagend auf Grace.
    »Du wirst damit nicht davonkommen, Grace Nevins. Ich sorge dafür, dass du deine Strafe erhältst.« Sie wollte sich auf Grace stürzen, aber Jonah hielt sie mit seiner freien Hand fest. Hilflos kreischte sie: »Scher dich weg vom Grab meines Jungen! Scher dich weg, bevor ich dich hier und jetzt mit meinen eigenen Händen töte.«
    Laut schluchzend drehte sich Grace um und rannte davon.
    Nach einem Augenblick geschockter Stille kondolierten die peinlich berührten Trauergäste Carol und den Stevens abschließend und zerstreuten sich dann.
    Bill wartete bis ganz zum Schluss, weil er hoffte, mit Carol noch ein paar private Worte wechseln zu können, aber Jonah und Emma schoben sie weg, bevor er zu ihr gelangen konnte. Jonahs beschützende Haltung seiner Schwiegertochter gegenüber hatte schon fast etwas Besitzergreifendes, und das irritierte Bill.

XVIII
     
    Donnerstag, 14. März
    Monroe
     
    1.
     
    Carol schloss die Haustür der Villa hinter sich und stand im kühlen Halbdunkel der Eingangshalle. Sie wollte nicht hier sein. Selbst jetzt wusste sie nicht, wie sie sich dazu hatte überwinden können, an den spitzen Eisenstangen des Tores vorbeizufahren. Aber sie wusste nicht, wohin sonst sie gehen sollte. Ihr eigenes Zuhause gab es nicht mehr und sie hielt es bei Emma und Jonah nicht länger aus. Sie ertrug es nicht länger, dass Emma fortwährend um sie herumscharwenzelte, ihre extremen Stimmungsschwankungen zwischen Tobsucht und Trauer, und vor allem ertrug sie keinen weiteren Abend, an dem Jonah einfach nur dasaß und sie anstarrte.
    Sie hatte sich bei ihnen bedankt und war in aller Frühe gefahren.
    Gestern Abend hatte sie noch versucht, bei Tante Grace anzurufen, um herauszufinden, ob Emmas Behauptungen der Wahrheit entsprachen. War sie tatsächlich zusammen mit diesen Fanatikern dort draußen vor der Villa gewesen? Aber Grace ging nicht ans Telefon.
    Sie

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