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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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war auch keine Hilfe zu erwarten. Seine Ruhe war dahin.
    »Sei dir dessen nicht so sicher, Martin«, sagte er mit blitzenden Augen. »Du hast zugelassen, dass aus den Menschen in deiner Obhut ein wilder Mob wurde.«
    »Es tut mir leid.«
    »Das weiß ich«, sagte Bruder Robert mit weicherer Stimme. »Und schlussendlich trage ich die Verantwortung. Ich hätte da sein sollen. Ein Haus steht in Flammen und ein Mensch ist tot und es ist alles meine Schuld.«
    »Ein Mensch? Du hast gesagt, er sei der Antichrist.«
    »Ich glaube jetzt, dass ich mich geirrt habe.«
    »Entschuldigung«, sagte Grace, »ich verstehe nicht recht. Warum glauben Sie, dass Sie sich geirrt haben?«
    »Weil es nicht vorbei ist«, sagte Bruder Robert mit tonloser Stimme. »Wenn Sie in sich gehen und nach diesem Gefühl des Falschen suchen, das Sie zu den Auserwählten geführt hat, dann werden Sie feststellen, dass es nicht verschwunden ist. Im Gegenteil, jetzt ist es stärker als zu dem Zeitpunkt, als Sie nach Monroe aufgebrochen sind.«
    Grace saß stocksteif da und suchte in sich nach dem Gefühl.
    Es ist immer noch da.
    »Gott vergebe uns unsere Schuld!«
    Sie vergrub das Gesicht in den Händen und begann zu weinen. Er hatte recht. Carols Mann war tot, aber nichts hatte sich geändert.
    Es war nicht vorbei.

XVII
     
    Mittwoch, 13. März
    Monroe
     
    Bill stand vor dem Grab auf dem Friedhof von Tall Oaks und sprach ein stilles Totengebet über Jims Sarg. Carol hatte auf einer Zeremonie ohne religiöses Beiwerk bestanden. Sie hatte ihm zwar gesagt, ihr wäre eine wirkliche Totenmesse lieber gewesen, aber das wäre einer Verspottung von Jims Haltung zur Religion gleichgekommen. Bill musste das respektieren, aber der Gedanke, einen alten Freund in das jenseitige Leben zu schicken, ohne ihm zumindest ein oder zwei Gebete mit auf den Weg zu geben, war unerträglich.
    Also stand er schweigend im morgendlichen Sonnenlicht zwischen den Familienangehörigen und Freunden, die sich um das blumengeschmückte Grab drängten. Die meisten der Freunde waren Freunde von Carol aus dem Krankenhaus. Jim war nie sonderlich gesellig gewesen. Er schloss nicht leicht Freundschaft und jetzt fiel das besonders auf. Wahrscheinlich hatte er die Hälfte der Leute, die um seinen Sarg herumstanden, nie getroffen.
    Bill blendete des fröhliche Zwitschern der Vögel und das Schluchzen der Trauergäste aus und spulte die Gebete aus dem Gedächtnis herunter. Dann fügte er noch einen persönlichen Nachsatz hinzu:
    Auch wenn er nicht gläubig war, oh Herr, war er doch ein guter Mann. Wenn er sich einer Sünde schuldig gemacht hat, dann war es der Stolz – der Stolz auf die unendliche Fähigkeit des Verstandes, den Du ihm gegeben hast, alle Rätsel der Existenz zu lösen. So wie Du Thomas dem Zweifler vergeben hast, der seine Finger in Deine Wunden legen musste, bevor er glauben konnte, so vergib bitte auch diesem guten und ehrbaren Mann, der vielleicht wieder zu Deiner Herde zurückgefunden hätte, hätte er die Zeit dazu gehabt.
    Bill spürte, wie sich seine Kehle zuschnürte.
    Die Zeit dazu … hatte man jemals genug Zeit?
    Carol stand auf der gegenüberliegenden Seite des Grabes, flankiert von Jonah und Emma Stevens und sah zu, wie jeder Trauergast vortrat und eine Blume auf den Sargdeckel fallen ließ. Bill konnte nur bewundern, wie sie den Albtraum der letzten Tage bewältigt hatte. Es irritierte ihn, dass er sich noch mehr als sonst von ihr angezogen fühlte. Er hatte sich ein paar Tage im Waisenhaus frei genommen, und war zu seinen Eltern nach Monroe gezogen, um zu helfen, soweit das möglich war. Carol hatte die letzten Tage bei ihren Schwiegereltern verbracht. Ihr eigenes Haus war nur noch eine ausgebrannte Ruine nach dem Feuer, das die Demonstranten am Sonntag gelegt hatten, und in der Hanley-Villa hatte sie nicht bleiben wollen.
    An einem Nachmittag hatte sie ihr Heim und ihren Ehemann verloren, trotzdem hatte sie sich bewundernswert gehalten. Die Stevens hatten ihr dabei geholfen, indem sie Carol von der Welt abgeschirmt hatten. Vor allem Jonah war ein hartnäckiger Beschützer. Selbst Bill hatte Probleme, an ihm vorbei zu ihr durchzudringen. Was Reporter anging, so hätten die genauso gut gegen Granitwände anrennen können. Was dann aber auch dazu geführt hatte, dass die Zeitungen voller Spekulationen über das waren, was am Sonntag passiert war.
    Zumindest bis heute morgen.
    Glücklicherweise hatte der Ausgang der Vorwahlen in New Hampshire das Rätsel um Jims Tod

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