Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
wirkliche Frau, und es war Carol.
»Komm schon«, sagte sie, lächelte und rückte näher an ihn heran. Sie nahm seine Hand und legte sie auf ihre Brust. Er spürte, wie sich die Brustwarze gegen seine Handfläche drückte. »Nur einmal, um der alten Zeiten willen.«
Ein einziges Mal? Auf lange Sicht, würde es etwas ausmachen, wenn er sein Keuschheitsgelübde ein einziges Mal brach? Er versuchte sich gegen diesen verlockenden Gedanken aufzulehnen, aber sein Verstand schien in diesem Augenblick nicht besonders gut zu funktionieren.
Sie ließ seine Hand los und ging vor ihm auf die Knie.
Nur dieses eine Mal. Auf lange Sicht, im Ganzen betrachtet, was spielte ein einziges Mal schon für eine Rolle?
7.
Seine Entschlossenheit bröckelte. Sie spürte, wie die Verteidigungslinien des arroganten Mistkerls zerbröselten, während sie vor ihm kniete und mit ihren Fingern über die deutliche Ausbeulung hinter seinem Hosenschlitz strich. Eine Welle der Hochstimmung überkam sie. Sie fühlte sich stark, mächtig, als könne sie die Welt erobern. Das Gefühl war besser als Sex, besser als der beste Orgasmus, den sie je gehabt hatte.
Sie griff nach dem Reißverschluss von Bills Hose. Wenn sie ihn in den Mund bekommen konnte, dann gehörte er ihr, das wusste sie. Dann gab es für ihn keinen Weg zurück.
Sie lächelte.
Von wegen, den Geist vom Fleisch nicht beschmutzen lassen, Herr Jesuit.
Plötzlich wich er zwei stolpernde Schritte zurück, mit gequältem, hochrotem Kopf. Auf seiner Stirn und seiner Oberlippe standen Schweißperlen.
»Nein.«
Das Wort wurde mit sachter, heiserer, gequälter Stimme gesprochen, aber es war wie ein rot glühendes Eisen, das ihr in den Unterleib gerammt wurde. Plötzlich war ihr Machtgefühl verflogen. Die Welt schien zu schwanken, die Mauern der Villa schienen sich über ihr zusammenzuziehen, als drohe sie einzustürzen.
Und der Schmerz – der Schmerz in ihrem Innern war die Hölle.
Bill hatte sich abgewandt. Seine Worte kamen hektisch, atemlos, an den leeren hinteren Teil der Eingangshalle gerichtet.
»Carol, bitte! Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, aber das ist nicht recht.«
Es schmerzte immer schlimmer, aber sie würgte die Worte heraus.
»Es ist Liebe. Es ist Sex. Was gibt es Natürlicheres als das?«
»Ja, aber ich habe Gelübde abgelegt. Und eines davon war Keuschheit. Man kann über den Sinn und Nutzen eines solchen Gelübdes argumentieren, wie man will, und ob es sinnvoll ist oder nicht – und du kannst mir glauben, ich kenne all die Argumente –, aber die Tatsache bleibt bestehen, dass ich dieses Gelübde aus freien Stücken abgelegt habe und gedenke, mich daran zu halten.«
Der Schmerz ließ Carol zusammenbrechen. Es fühlte sich an, als würde etwas in ihr auseinanderreißen.
»Aber das von allen Menschen gerade du dich so verhältst, Carol … Ich verstehe dich nicht.« Seine Stimme klang langsam wieder normal. »Selbst wenn du meinst, dass meine Gelübde dumm sind, weißt du doch, was sie mir bedeuten. Warum versuchst du dann, mich dazu zu verleiten, sie zu brechen? Und das gerade jetzt, wo Jim in seinem Grab noch nicht einmal richtig kalt …«
Er drehte sich um und sah wohl erst jetzt die Schmerzen in ihrem Gesicht.
»Mein Gott! Was ist los mit dir?«
Irgendetwas fühlte sich warm und heiß auf ihren Schenkeln an. Carol sah an sich hinab und sah Blut an ihren Beinen hinunterlaufen. Der Raum drehte sich um sie herum. Und der Schmerz wurde schlimmer und schlimmer.
»Bill, hilf mir! Ich glaube, ich sterbe!«
XX
Manhattan
1.
»Ziehen Sie wirklich Trost aus all diesen kleinen Statuen und diesem Krimskrams?«
Grace betrachtete Mr Veilleur mit einer Mischung aus Zuneigung und Skepsis. Er war gerade dabei, den Kopf des Erzengel Gabriels wieder an den Körper zu kleben. Bruder Robert war auf der anderen Seite des Wohnzimmers und sortierte die Einzelteile der großen Madonna.
Hätten Sie meine Vergangenheit, würden Sie sich auch an jedes Quäntchen Trost klammern, das sie finden könnten.
»Trost«, sagte sie. »Ja, das ist ein gutes Wort. Sie spenden mir Trost, so wie Sie beide es heute tun.«
Bruder Robert hörte nicht zu, aber Mr Veilleur sah mit diesen durchdringenden blauen Augen zu ihr hoch. Grace fühlte sich zu diesem Mann ungeheuer hingezogen. Nicht auf schmutzige Weise. Ganz und gar nicht. Er war wahrscheinlich zehn Jahre älter als sie und sprach offen von seiner Frau, der er anscheinend sehr ergeben war. In der Wärme,
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