Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
die er in ihr auslöste, war nichts Sexuelles. Es war einfach so, dass seine Gegenwart ihr ein solches Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gab, und Gott wusste, was für ein unschätzbares Gut Sicherheit nach dem Schrecken der letzten Nacht für sie bedeutete.
»Es muss eine furchtbare Erfahrung für Sie gewesen sein«, sagte er. »Ich war einfach der Meinung, Sie wollten danach bestimmt nicht allein sein.«
»Das wollte ich auch nicht. Aber woher wussten Sie das?«
»Ich habe angerufen – oder ich versuchte es –, um zu sehen, wie es Ihnen nach den Ereignissen vom letzten Sonntag ging. Das Telefon funktionierte nicht. Ich kam vorbei und habe vom Hausmeister von dem Einbruch erfahren.«
Sie hatte es nicht ertragen, in der letzten Nacht in der Wohnung zu bleiben. Der junge Polizist war so nett gewesen, sie zu Martins Haus zu fahren. Er und Bruder Robert waren bestürzt über ihre Geschichte. Sie hatten sie in einem der Gästezimmer übernachten lassen. Aber selbst mit dem Anbruch eines sonnigen neuen Tages hatte sie es nicht über sich gebracht, in ihre Wohnung zurückzugehen.
Dann war Mr Veilleur am Nachmittag dort aufgetaucht. Er hatte sich angeboten, sie zurückzubegleiten. Bruder Robert war mitgekommen. Der Hausmeister des Mietshauses hatte das Türschloss ausgetauscht und verschwand auf der Suche nach einem Ersatztelefon, das er ihr leihen konnte, bis die Telefongesellschaft einen neuen Apparat lieferte, um den zu ersetzen, der bei dem gestrigen Angriff zerschlagen worden war.
»Warum helfen Sie mir, Dinge zu reparieren, die Sie nur für die albernen Spielsachen einer alten Dame halten?«
»Ich bezweifle, dass Sie überhaupt etwas von dem wissen, was ich denke«, erwiderte er. Sie erkannte keine Feindseligkeit in der Bemerkung. Der Tonfall war beiläufig, als stelle er nur eine Tatsache fest.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie nicht an die Dinge glauben, an die wir glauben«, sagte Grace mit leichter Herausforderung in der Stimme. Sie wollte mehr über ihn erfahren. Er faszinierte sie so.
»Ich dachte, das hätte ich ziemlich deutlich gemacht.«
»Warum kommen Sie dann immer wieder zu uns – ich meine, zu den Auserwählten zurück? Und warum sind Sie heute hier? Ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie hier sind, aber sicher haben Sie an einem Freitagnachmittag doch etwas Besseres zu tun, als mir dabei zu helfen, meine Wohnung wieder herzurichten.«
»Im Augenblick habe ich das nicht«, sagte er mit einem leisen Lächeln. »Und was das Zurückkommen zu diesen selbsternannten Auserwählten angeht – da bin ich mir selbst nicht so sicher. Aber diese Gruppe von Ihnen …«
»Das ist nicht meine Gruppe«, sagte sie hastig, denn sie wollte in keiner Weise für das verantwortlich gemacht werden, was mit dem armen Jim geschehen war. Sie warf einen Blick auf den in seine Arbeit vertieften Mönch. »Es ist Bruder Roberts Gruppe.«
»Ich meinte nur, dass Sie zu ihnen gehören. Aber das spielt keine Rolle. Diese kleine katholische Gemeinde scheint wirklich alles zu sein, was sich der Rückkehr von …«
Seine Stimme verebbte.
»Vom Antichrist? Vom Teufel?«
Das schien ihn zu verärgern. »Ja, ja, wenn Sie meinen. Trotzdem zieht mich etwas zu dieser Gruppe hin. Ich spüre, derjenige, der sich schließlich der Drohung stellen muss, kommt aus dieser Gruppe.« Er sah sie fest an. »Vielleicht sind Sie das ja.«
Der Gedanke ließ Grace hochfahren. Sie hätte beinahe den zerbrochenen Sockel eines Prager Jesuleins fallen lassen, den sie in der Hand hielt. »Oh Himmel! Ich hoffe nicht.«
»In Ihrem Interesse hoffe ich das auch.« Er hielt inne, fuhr dann aber fort: »Aber ich werde den Verdacht nicht los, dass es sein könnte, dass der Angriff letzte Nacht zusammenhängt mit dieser … dieser Sache, mit der Sie da zu tun haben.«
Es zog ihr kalt den Rücken hinunter. »Sie meinen, jemand könnte es auf mich persönlich abgesehen haben?«
»Das ist nur eine vage Vermutung«, sagte er und winkte beschwichtigend ab. »Ich wollte Ihnen keine Angst machen.« Er hielt den reparierten Erzengel hoch. »Da. Der Kleber hält. Wo gehört er hin?«
Trotzdem ließ sich der Gedanke nicht mehr beiseite schieben. Was, wenn es kein Einbruch gewesen war? Was, wenn der Eindringling ihr aufgelauert hatte, und es nur darauf angelegt hatte, sie umzubringen? Was, wenn ihre Zeit um war, und sie jetzt für all die Leben bezahlen musste, die sie in ihrer Vergangenheit ausgelöscht hatte? Bitte nicht. Es
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