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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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dass du nicht an den Teufel glaubst –, das hätte so auch von Jim kommen können.«
    »Na ja, Jim und ich hatten meist die gleiche Meinung, wenn es um moralische oder ethische Dinge ging, wir waren nur anderer Ansicht über deren philosophische Grundlagen. Und wir hätten uns jederzeit darauf geeinigt, dass es keine Wesenheit wie den Teufel gibt. Ich kenne nicht einen Jesuiten, der an den Teufel glaubt. Es gibt Gott und es gibt uns. Es gibt kein individuelles Wesen, das das Böse verkörpert und auf der Erde herumschleicht und die Menschen dazu verführen will, Sünden zu begehen. Das ist ein Mythos, ein Volksmärchen, das nützlich ist, um einfachen Leuten zu helfen, das Konzept des Bösen zu verstehen. Aber das Böse in der Welt kommt von uns. « Er tippte sich mit dem Finger gegen sein Brustbein. »Von da drinnen.«
    »Und die Hölle?«
    »Hölle? Glaubst du, dass es irgendwo einen Ort gibt, einen riesigen Raum oder eine Höhle, in der all die Sünder von Dämonen gefoltert werden? Denk doch mal nach, Carol.«
    Sie tat es und es erschien ihr wirklich sehr weit hergeholt.
    »Das sind alles nur Symbole«, sagte er. »Es ist eine Möglichkeit, den Menschen einige komplexe Fragestellungen verständlich zu machen. Das funktioniert besonders gut bei Kindern – sie begreifen theologische Begriffe besser, wenn wir sie in Märchen kleiden. Wenn wir Kindern sagen ›hütet euch vor dem Teufel‹, dann sagen wir eigentlich nichts anderes, als dass sie dem Bösen, was in ihnen steckt, nicht nachgeben sollen.«
    »Viele Erwachsene glauben diese Märchen auch – ich meine, sie klammern sich richtig daran.«
    Bill zuckte die Achseln. »Viele Menschen sind, wenn es um Religion geht, nie erwachsen geworden. Sie könnten nie akzeptieren, dass der Teufel nur ein anthropomorphisches Symbol des Bösen ist, das in uns allen steckt.«
    »Und woher kommt das Böse in uns?«
    »Aus der Verbindung von Geist und Fleisch. Der spirituelle Teil in uns kommt von Gott und will zu ihm zurück. Der fleischliche Teil von uns ist wie ein wildes Tier, das will, was es will und wann es das will, und das sich nicht darum kümmert, wer bei seinem Versuch, genau das zu bekommen, zu Schaden kommt. Leben ist der Prozess, ein Gleichgewicht zwischen diesen beiden zu finden. Wenn der spirituelle Teil die Oberhand behält, darf er zu Gott zurückkehren, wenn das Leben vorüber ist. Wenn die niederen Gelüste und Gefühle des fleischlichen Teils den Geist zu sehr beflecken, dann darf er nicht zu Gott zurückkehren. Und das, Carol, ist die Hölle. Die Hölle ist kein flammenlodernder Ort voller Teufel mit Mistgabeln. Es ist der Zustand, wenn dem Mensch Gottes Gegenwart verlustig gegangen ist.«
     
    5.
     
    Carol versuchte noch Bills Worte zu verdauen, als sie an der Einfahrt zur Villa ankamen.
    »Ich weiß, dass klingt ziemlich drastisch«, sagte er, »aber eigentlich ist es das nicht. Es ist nur eine andere Perspektive. Wir neigen dazu, uns das zu merken, was uns die Nonnen in der Schule gelehrt haben, und es in unserem Hinterstübchen zu bewahren und für den Rest unseres Lebens für bare Münze zu nehmen. Aber richtige Erwachsene brauchen auch eine Theologie für Erwachsene.«
    »Ich arbeite daran«, sagte sie.
    »Und dann denk nur an dieses ›das Zeichen des Tiers‹, oder dieses ›Gefäß Satans‹ oder diesen ›Pforte für den Teufel‹-Mist. Selbst wenn man die alte Mythologie beibehalten will, sollte man doch daran denken, dass Gott nicht auf offenkundige Weise offenbar wird. Deswegen ist es manchmal eine Prüfung, den Glauben an ihn zu bewahren. Wenn es den Teufel gäbe, sollte man da nicht meinen, dass auch er das Offenkundige vermeiden würde? Denn wenn man einen Beweis für das Absolute Böse – den Teufel – finden würde, dann wäre es für uns Menschen doch um vieles leichter, an das Absolute Gute – Gott – zu glauben. Und das kann dem ollen Teufel ja nun wirklich nicht recht sein, oder?«
    Carol konnte nicht anders, sie musste lachen. Das erste Mal in der ganzen Woche.
    »Wenn du das sagst, klingt es so einfach.«
    »Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich es stark simplifiziert habe. Es ist nicht einfach. Aber ich hoffe, es hilft.«
    »Das tut es. Glaub mir, das tut es.«
    Sie fühlte sich erheblich besser. Sie sah in der ganzen Sache mit Jims Besessenheit durch den Teufel jetzt den kindischen, albernen Aberglauben, der er war. Die Furcht, die Ungewissheit fiel von ihr ab und wurde durch ein Gefühl des Friedens ersetzt.
    Alles nur

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