Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
durfte nicht sein. Noch nicht. Sie hatte noch nicht genug Zeit gehabt, das alles zu büßen. Sie wollte nicht die ganze Ewigkeit in der Hölle verbringen!
Und dann ertönte ein lautes Hämmern gegen die Tür. Sie zuckte verschreckt zusammen.
Mr Veilleur stand auf. »Ich gehe schon.«
Als er die Tür öffnete, stand Martin davor. Er musterte Mr Veilleur von oben bis unten.
»Was machen Sie denn hier?«
»Ich helfe nur aus«, sagte der alte Mann mit einem verschmitzten Lächeln. Martins aufgeblasenes Verhalten schien ihn zu amüsieren.
Martin wandte sich zu Grace. »Ich habe seit einer Stunde versucht, hier anzurufen.«
Grace deutete auf die ruinierten Überreste ihres Telefons.
»Das hat er auch erwischt. Ich warte immer noch auf den Ersatz.«
Martin sah sich um und schien zum ersten Mal den Zustand der Wohnung zu bemerken.
»Gott im Himmel, das sieht aus, als hätte der Teufel persönlich hier gewütet.«
»Ist ein Brecheisen das übliche Tatwerkzeug des Teufels?« Mr Veilleur schien immer noch amüsiert.
Bruder Robert trat dazwischen. »Was ist los, Martin?«
»Ich habe die Nichte von Grace beschatten lassen.«
Bestürzung und Verärgerung machten sich in Grace breit.
Auch Bruder Robert schien überrascht. Seine Finger spielten ziellos mit einer Strähne seines Bartes, als er sprach: »Warum wusste ich davon nichts, Martin?«
Martin sah ihm nicht in die Augen.
»Weil ich mir ziemlich sicher war, dass dir das nicht gefallen würde. Aber du hast gesagt, es sei noch nicht vorbei. Ich dachte mir, sie ist unsere beste Spur zu dem Seelenlosen und zu diesem Haus, wo ganz bestimmt die Auflösung des Rätsels liegt.«
Grace schaltete sich ein: »Wer sagt denn, dass …«
»Sie wurde heute Nachmittag ins Krankenhaus eingeliefert.«
Grace sprang auf: »Was ist passiert?«
»Ich weiß es nicht. Derjenige von uns, der heute die Beobachtung übernommen hatte, sagte, dass sie sich nach dem Mittagessen mit ihrem Freund, diesem Priester, getroffen hat – dem Jesuit, der am Sonntag versucht hat, uns vor dem Haus wegzuschicken – und dass sie mit ihm zum Friedhof und dann zurück zur Villa gefahren ist. Dann gingen sie beide rein und kurze Zeit später kam ein Krankenwagen mit Blaulicht und dann wurde sie auf einer Trage wieder herausgebracht. Der Priester ist die ganze Zeit bis zum Krankenhaus bei ihr im Krankenwagen geblieben.«
Grace spürte, wie ihr Herz pochte. Die arme Carol. So kurz nach Jims Tod. Lieber Gott, was kann ihr nur fehlen?
»Irgendwas an diesem Jesuit ist merkwürdig«, sagte Martin. »Er ist mit dieser ganzen Situation ein bisschen zu sehr vertraut. Ich kann nicht glauben, dass er damit gar nichts zu tun hat.«
Bruder Robert sagte: »Die Jesuiten haben ihre eigenen Grundsätze und ihre eigenen Ansichten, die nicht immer mit denen des Heiligen Stuhls übereinstimmen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er mit dem Teufel im Bund ist.«
»Er ist ein alter Schulfreund von Carol«, erklärte Grace. »Oh bitte Gott, lass es ihr gut gehen!«
»Vielleicht hatte sie einen Nervenzusammenbruch«, meinte Mr Veilleur. Er hatte wieder Platz genommen und begann die Teile einer Tafel zusammenzusetzen, auf der die Himmelfahrt dargestellt wurde. »Das würde mich nicht überraschen, nachdem sie mit angesehen hat, wie ihr Mann auf diese Weise ums Leben gekommen ist.«
Sie wandte sich zur Garderobe, um ihren Mantel zu holen.
»Ich muss nach ihr sehen.«
In diesem Moment klingelte es erneut und der Hausmeister brachte das Ersatztelefon.
Bruder Robert sagte: »Dann können Sie jetzt ja erst einmal anrufen und feststellen, was passiert ist.«
Grace sah ihn an und erkannte, dass er mindestens so dringend alles über Carols Erkrankung wissen wollte wie sie selbst.
»Vielleicht sollte ich das.«
Sie stöpselten das Telefon ein, dann rief Grace bei der Auskunft an und ließ sich die Nummer des Städtischen Krankenhauses von Monroe geben. Sie ließ sich verbinden und bat darum, zu Carol Stevens Krankenzimmer durchgestellt zu werden. Es gab eine Pause, dann wurde ihr mitgeteilt, Carol Stevens nehme keine Anrufe entgegen.
Das beunruhigte sie. Es konnte bedeuten, dass Carol etwas Ernstes fehlte, oder sie vielleicht gerade operiert wurde.
»Welche Zimmernummer hat sie?«
»212.«
»Und wer ist der behandelnde Arzt? Doktor Alberts?« Sie wusste, dass der schon seit Jahrzehnten Carols Hausarzt war.
»Nein, das ist Doktor Gallen.«
Wie vom Donner gerührt legte Grace auf, ohne sich zu verabschieden. Sie
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