Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung
helfen.
»Hör zu. Ich habe meiner Mutter gesagt, du wärst hier ganz alleine. Sie wird nach dir sehen. Und so wie ich sie kenne, wird sie auch einen Eintopf oder einen Auflauf mitbringen.«
»Das muss sie aber nicht.«
»Sie wird es sich nicht ausreden lassen. Jetzt, wo Jerry im College ist, ist das Haus leer. Sie sucht nach jemandem, den sie bemuttern kann.«
Carol erinnerte sich an die freundliche, rundliche Mrs Ryan aus der Zeit, als sie während der Highschool mit Bill ausgegangen war.
»Ich komme schon zurecht. Ganz bestimmt.«
Emma wartete im Haus. Sie geleitete Carol zu dem großen Ohrensessel in der Bibliothek und stützte sie dabei, als sei sie eine alte, gehbehinderte Tante.
»So! Ruh dich einfach hier in dem Sessel aus und ich hole das Mittagessen.«
»Das geht schon, Emma. Ich kann …«
»Unsinn. Ich habe Thunfischsalat gemacht. Den mit den Gurkenscheibchen, wie du ihn magst.«
Carol seufzte und lächelte. Emma war so bemüht, es ihr bequem zu machen und auf sie achtzugeben. Wie konnte sie ihr das vorhalten?
»Wo ist Jonah?«
»Er ist zu Hause und ruft seinen Vorarbeiter an. Er hat noch Resturlaub – eine Menge sogar – und er nimmt sich ein paar Wochen frei, um zur Hand zu sein und dir zu helfen, dieses Haus wohnlich zu machen.«
Das ist nun wirklich das Letzte, was ich brauche, dachte sie. Beide zusammen um sie herum.
Aber wieder war sie gerührt über ihre Sorge. In der ganzen Zeit, die sie ihn gekannt hatte, war Jims Vater – sein Adoptivvater – äußerst zurückhaltend gewesen. Aber seit der Beerdigung hatte sich sein Verhalten radikal gewandelt. Er war plötzlich besorgt, beflissen, sogar liebevoll.
Und sie konnte sich nicht erinnern, dass er in all den Jahren jemals Urlaub genommen hatte. Nicht ein einziges Mal.
Diese ganze Aufmerksamkeit wurde ihr einfach zu viel.
»Möchtest du zum Essen bleiben, Bill?«
»Nein, danke, ich …«
»Irgendwann musst du etwas essen. Und ich könnte etwas Gesellschaft gebrauchen.«
»Na gut. Aber nur ein schnelles Sandwich und dann muss ich zurück nach St. F’s.«
Die Sonne schien und der Tag war so warm, dass Carol fand, sie sollten draußen in der Gartenlaube essen, von wo aus sie einen freien Blick über die Bucht hatten. Emma wollte nicht mitkommen. Bill war bereits draußen und staubte die Stühle ab, als das Telefon schellte.
»Ich gehe schon!«, sagte Carol und überlegte, wer sie hier an einem Sonntagnachmittag anrufen könnte. Sie hob den Hörer ab.
»Hallo?«
»Carol Stevens?« Die Stimme klang gedämpft.
»Ja? Wer ist da?«
»Das ist unwichtig. Wichtig ist nur, dass Sie wissen, dass das Kind, das Sie austragen, der leibhaftige Antichrist ist«
»Was?« Furcht ergriff ihre Eingeweide und drückte zu. »Wer ist da?«
»Der Teufel ist aus der seelenlosen Hülle ihres Mannes in ihren Schoß übergegangen. Sie müssen den Teufel aus sich herausreißen!«
»Sie sind verrückt.«
»Werden Sie den Teufel von sich stoßen? Werden Sie das Ungeheuer aus sich heraus reißen und es zurück in die Hölle schleudern, wo es hingehört?«
»Nein! Niemals! Und rufen Sie nie wieder hier an!«
Mit einer Gänsehaut warf sie den schweren Hörer wieder auf die Gabel und rannte nach draußen, weg vom Telefon, bevor es erneut klingeln konnte.
Manhattan
3.
Grace löste das Taschentuch vom Mundstück des Hörers und steckte es wieder in die Tasche.
Das wäre geklärt.
Sie verabscheute es, auf diese Art mit Carol zu sprechen, aber sie musste wissen, ob das arme Mädchen sich so weit einschüchtern ließ, dass sie das Problem von sich aus klärte. Offensichtlich nicht. Dann war klar, was Grace tun musste.
Sie ging zurück ins Wohnzimmer der Wohnung, in dem sich dreizehn Personen drängten: Bruder Robert, Martin und die zehn Auserwählten, die auf wundersame Weise in der letzten Nacht in Martins Wohnung vom Heiligen Geist gezeichnet worden waren. Sie trugen Pullover und Windjacken und Hosen und Jeans – und alle hatten bandagierte Hände. So wie bei Grace hatten auch bei ihnen die Wunden innerhalb von einer Stunde nach dem Wunder aufgehört zu bluten.
Grace überlegte, ob die anderen wohl auch alle die ganze Nacht wach gelegen hatten. Ob sie auch ihre Handflächen und Füße angestarrt hatten, ob sie wie sie die Stichwunde unter der linken Brust untersucht und sich wieder und wieder davon überzeugt hatten, dass die Wunden echt waren, dass sie wahrhaft von Gott berührt worden waren.
Mr Veilleur war ebenfalls anwesend. Er
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