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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Beine hatte. Und sie waren alle sehr herzlich. Sie hatten sie wirklich freundlich begrüßt.
    »Ja, bleiben Sie doch bitte«, sagte Martin Spano.
    »Ich weiß nicht, Marty …«
    »Martin«, korrigierte der bleiche junge Mann bitter. »Bitte nennen Sie mich nicht Marty. Niemand nennt mich Marty.« Dann lächelte er sofort wieder. »Und, was halten Sie von unserer kleinen Gruppe?«
    »Sie scheinen alle sehr nett zu sein.«
    »Das sind sie auch, das können Sie mir glauben.«
    Einer der Auserwählten rief Martin zu sich, sodass Grace allein mit Bruder Robert zurückblieb.
    »Halten Sie hier eine Messe ab?«
    »Oh nein«, sagte der Mönch mit seinem französischen Akzent. »Nur Lesungen aus der Heiligen Schrift, aus dem Alten und dem Neuen Testament. Die Kirche erkennt Gruppen wie die unsere nicht wirklich an. Wir sind zwar unverkennbar katholisch, aber die Monsignores und die Bischöfe denken, wir – wie sagt man doch bei Ihnen –?« Er deutete mit dem Zeigefinger an seine linke Schläfe und machte eine kreisende Bewegung. »– Wir haben einen Sprung in der Schüssel.«
    »Ach du Schreck!«
    Sie wollte eigentlich mit solchen Leuten nichts zu tun haben. Sie hatte bereits von diesen Gruppierungen gehört: Pentecostalisten. Mitglieder der katholischen Pfingstbewegung.
    »So etwas ist mir sonst nirgendwo auf der Welt begegnet. Ich finde es faszinierend, höchst faszinierend. In gewisser Weise ist das eine Rückbesinnung auf die bescheidenen Anfänge des Christentums.« Er deutete in den Raum. »Gläubige, die sich in den Wohnungen der Gemeindemitglieder treffen, um zu beten und das Wort Gottes zu hören, um den Heiligen Geist zu erfahren. Darum sollte es im christlichen Glauben gehen. Sie haben mich zeitweilig als so etwas wie ihren Anführer anerkannt, aber nicht als Priester. Hier bin ich nur einer der Auserwählten wie alle anderen auch. Sie geben gar nicht vor, dass das, was sie hier tun, von der Kirche legitimiert oder ein Ersatz für die Sakramente ist. Es ist etwas Zusätzliches.«
    »Ich sehe nicht, warum die Kirche so etwas ablehnen sollte.«
    »Sie lehnt es nicht ab, sie heißt es aber auch nicht gut. Sie wird es nie zugeben, aber ich glaube, dass die Kirche bei Gruppierungen wie dieser ihre Bedenken hat. Auch wenn es bisher nur wenige davon gibt, so wächst ihre Zahl. Die Mitglieder gehen zur Messe und zur Beichte und empfangen ihre Kommunion auf die althergebrachte Weise, so wie wir alle heute Morgen. Aber an jedem Sonntagnachmittag und an jedem Mittwochabend, wenn sie sich in solchen Gruppen treffen, dann sind sie für sich, und es steht nichts mehr zwischen ihnen und Gott. Und dann passieren überraschende Dinge.«
    Er berührte sachte ihre Hand. »Bleiben Sie, und überzeugen Sie sich selbst.«
    Grace blieb.
    Sie saß in der hintersten Reihe und lauschte den Lesungen aus der Heiligen Schrift, aus verschiedenen Büchern des Alten Testaments – vor allem den schrecklichen Schilderungen aus dem Buch Kohelet – und einer Predigt von Bruder Robert. Seine Stimme war hypnotisch – er ermahnte die Auserwählten, die er die ›Armee Gottes‹ nannte, mit leidenschaftlichen Worten, immer wachsam zu sein und nach der Verkörperung des Teufels, dem Antichrist, Ausschau zu halten.
    Während er sprach, saßen einige stumm da und lauschten, aber andere unterbrachen ihn immer wieder mit ›Amen‹ und einige standen mit hochgereckten Armen da und wiegten sich zu einer Musik, die nur sie selbst hören konnten. Grace war entsetzt. Das war fast wie eine dieser fundamentalistischen Veranstaltungen, die immer auf diesen Bibelkanälen gezeigt wurden.
    Und dann begannen sie alle zu beten. Und dabei hielten sie sich an den Händen. Die Frau vor ihr drehte sich um und streckte Grace die Hand entgegen, damit die das auch tat, aber Grace schüttelte den Kopf und faltete ihre Hände. Sie wollte nicht beten und gleichzeitig Händchen halten! Was für eine Art Gebet war das denn?
    Und dann geschah es.
    Eine Frau in einem Tweedkostüm stand in der ersten Reihe auf, stockstarr und zitternd. Dann brach sie auf dem Boden zusammen und zuckte unkontrolliert. Die Krankenschwester in Grace reagierte sofort.
    »Sie hat einen Anfall!«
    Aber als sie zu ihr hinlaufen wollte, wurde sie zurückgehalten. Stimmen flüsterten ihr zu: »Nein. Warten Sie. Es geht ihr gut« … »Der Geist ist mit ihr!« … »Der Heilige Geist ist über sie gekommen.«
    Und tatsächlich, die Frau lag danach sofort still, dann rollte sie sich herum und setzte sich

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