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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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aufgetreten. Gerry vermutete, dass der Mann schwul war. Sicher, er hatte Stevens gezeugt – nachdem er vor ein paar Minuten diese beiden Fotos gesehen hatte, war da kaum noch ein Zweifel möglich –, aber vielleicht handelte es sich dabei nur um einen einmaligen Ausrutscher. Oder vielleicht hatte er sich auch an beiden Ufern heimisch gefühlt. Gerrys Riecher für Nachrichten verriet ihm, dass in Roderick Hanleys Privatleben eine Menge skandalöser Zündstoff verborgen sein mochte. Jetzt musste er nur noch ein paar richtig saftige Sachen finden und seine Reportage war wirklich heißes Material.
    Eine Skandalstory, die überall nachgedruckt wurde, wäre sein Ticket weg von einem Provinzblatt wie dem Monroe Express und zurück ins journalistische Tagesgeschäft. Vielleicht schaffte er es zur Daily News. Vielleicht sogar zur Times!
    Gerry hatte mal im Brennpunkt des journalistischen Lebens gearbeitet. Jüngere Kerle wie Stevens – nur wenige Jahre jünger, aber heutzutage war das schon eine ganze Generation – schienen damit zufrieden, bei dem lokalen Provinzblatt herumzuhängen und nebenbei den großen amerikanischen Gegenwartsroman zu schreiben. Aber nicht Gerry. Das Nachrichtengeschäft war alles, was ihn interessierte. Er hatte sich langsam bei der Tribüne hochgearbeitet, hatte in einem Rattenloch irgendwo im vierten Stock gewohnt, aber er hatte sich peu a peu vorgearbeitet und er hatte das getan, was ihm Spaß machte. Dann war die Tribüne eingestellt worden, genau wie der World Telegraph und The Sun. Das waren schlechte Zeiten damals. Nur die News, die Post und die Times blieben übrig, und die hatten mehr als genug Jungs, die mehr Berufserfahrung aufweisen konnten als Gerry. Eine Zeit lang hatte er es bei The Light versucht, in der Hoffnung, in die Geschäftsführung aufzusteigen, nachdem der Herausgeber unter mysteriösen Umständen verschwunden war, aber der Job ging an jemand anderen. Ein Wochenblatt lag ihm nicht so recht, also ließ er sich von einer kleinen Tageszeitung anstellen und wartete auf seine Chance.
    Und die hatte er jetzt.
    Er schob ein Notizbuch zurück an seinen Platz. Mit diesem Regalbrett war er jetzt auch fertig. Nichts als Notizen, Zeichnungen, Gleichungen und Zusammenfassungen wissenschaftlicher Abhandlungen standen in diesen Kladden. Keine Liebesbriefe oder schweinischen Bilder – nichts in irgendeiner Form Skandalträchtiges.
    Weiter zum nächsten Regal. Das alles war unendlich langweilig, aber irgendwas würde sich schließlich doch finden und Gerry wollte dabei sein, wenn es so weit war.
    Er wollte einen Band aus dem nächsten Regal ziehen, aber der rührte sich nicht. Als er genauer hinsah, erkannte er auch, warum. Aufgeregt zwängte er seine Finger über den Büchern ins Regal, ergriff sie an den oberen Bünden und zog.
    Die ganze Buchreihe kam ihm in einem Stück entgegen.
    Aber es waren keine Bücher, sondern nur Buchrücken, die auf ein Brett geklebt waren. Plötzlich war Stevens neben ihm.
    »Was hast du da gefunden, Gerry?«
    Hinter dem Regal spiegelte sich eine mattgraue metallene Fläche im Licht, das durch die Fenster fiel.
    »Das scheint ein Safe zu sein, Jim. Ein großer Safe.«
    Aber wo war die Kombination dazu?

VIII
     
    Erster Fastensonntag
    3. März
     
    1.
     
    »Du bist herzlich eingeladen, zum Gottesdienst zu bleiben, Grace.«
    Grace lächelte Bruder Robert an und sah sich in dem lang gezogenen Kellerraum von Martins Haus in Murray Hill um. Er passte gar nicht zum Rest des Gebäudes. Hier war es so viel wärmer. Halogenstrahler, die in die beigefarbene, abgehängte Decke eingelassen waren, strahlten durch vielfarbige Blenden hindurch und erzeugten so den Effekt von Kirchenfenstern. Der von einer Wand zur anderen reichende Teppich ging in dunkel gemasertes Pinienparkett über. Stuhlreihen bildeten einen Halbkreis um ein flaches Podest am gegenüberliegenden Ende des Raumes. Die nackten Wände schmückte nur ein Kruzifix hinter dem Podest. Sowohl das Kruzifix wie auch die Statue der Jungfrau Maria in der linken Ecke waren mit purpurnen Tüchern verhüllt, so wie in Kirchen auf der ganzen Welt während der Fastenzeit.
    Aber das hier war keine Kirche.
    Annähernd zwei Dutzend Leute standen herum und unterhielten sich. Sie wirkten ganz normal. Die Auserwählten sahen aus wie ganz gewöhnliche Leute aus irgendeiner Mittelklassegegend irgendwo in der Stadt. Einige trugen Anzüge oder Kleider, andere Jeans, eine Frau trug einen Minirock, obwohl sie dafür nicht die

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