Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
alles.«
Während sie Nick zu der Klinge führten, seine Hände um den Knauf legten und ihn zu der Angel dirigierten, erhob sich Glaeken mühselig und ging durch den Korridor in den hinteren Teil der Wohnung. Er musste allein sein, weg von der belastenden Verzweiflung im Wohnzimmer.
Er hielt bei Magdas Schlafzimmer an und sah hinein. Sie schlief. In letzter Zeit schien sie nur noch zu schlafen. Vielleicht war es auch eine Gnade. Er setzte sich neben sie und hielt ihre Hand.
Sylvia und die anderen verstanden das nicht. Sie konnten es nicht verstehen. Er war müde. Sie wussten gar nicht, wie müde man nach so viel Leben sein konnte. Einen letzten Sieg gegen Rasalom in die Wege geleitet oder auch nur einen letzten Kampf gegen ihn geführt zu haben, wäre wundervoll gewesen. Dann hätte er glücklich sterben können. Aber das sollte nicht sein. Er würde im Dunkeln sterben wie jeder andere auch – nein, schlimmer als jeder andere. Rasalom hatte sich etwas Besonderes für ihn aufgespart.
Trotzdem konnte er es nicht riskieren, auch nur in die Nähe des Werkzeugs zu kommen. Wer wusste, was dann passieren würde? Es könnte alles wieder von vorn beginnen und dann wäre er wieder in der Gewalt des Verbündeten. Sein Streiter. Sein Sklave. Auf ewig.
Ich habe meinen Teil getan. Ich habe mehr als meinen Anteil geleistet. Sie können nicht mehr verlangen.
Jemand anderes musste den Kampf weiterführen.
Der Bunker
»Müssen wir jetzt sterben?«
Gia blickte in Vickys angstgeweitete blauen Augen hinunter. Abe hatte sie zu Vicky ins Badezimmer geschoben und gesagt, er würde die Wühler so lange es ging aufhalten, dann würde er zu ihnen zur letzten Verteidigungsschlacht hereinkommen.
Sie hörte ihn da draußen, mit dem Rücken zur Tür, wie er Ladung um Ladung in die vorrückenden Kreaturen hineinballerte; sie stellte sich die davonfliegenden Teile Madenfleisch vor, den hochspritzenden gelben Glibber. Einerseits hatte sie das Gefühl, sie müsse dort draußen bei ihm sein, andererseits wusste sie aber auch, dass ihr Platz hier war, als letzte Verteidigung ihrer Tochter.
»Nein. Wir werden nicht sterben.« Sie hoffte, sie klang überzeugend. »Wir haben doch Jack, der etwas dagegen unternimmt, das weißt du doch.«
Sie nickte, lächelte aber nicht. Sonst lächelte sie fast immer, wenn Jacks Name fiel. »Ja, Jack. Er kriegt das hin.«
Oh, das Vertrauen der Jugend.
»Das tut er sicher. Und wenn …«
Gia schnappte erschreckt nach Luft und Vicky kreischte, als etwas Schweres gegen die Stahltür knallte und eine fußballgroße Beule hinterließ.
Das Gewehrfeuer auf der anderen Seite brach ab.
»Abe!« Gia hämmerte gegen die Tür. Oh, nein! »Abe!«
»Wo ist mein Glen?«
Aufgeschreckt von den ungarischen Worten sah Glaeken auf. Magda war wach und blickte ihn an. Ihre übliche Litanei würde jetzt wieder anfangen. Ihre Erinnerungen steckten noch im Zweiten Weltkrieg, als sie beide noch jung und munter und frisch verliebt waren.
»Ich bin hier, Magda.«
Sie zog ihre Hand weg. »Nein, du bist nicht Glen. Du bist alt. Mein Glen ist jung und stark.«
»Aber ich bin alt geworden, meine Liebe, so wie du.«
»Du bist nicht Glen!« Ihre Stimme wurde lauter. »Glen ist da draußen und kämpft gegen die Dunkelheit.«
Die Dunkelheit. Ein Teil ihres verwirrten Verstandes wusste über die Schrecken da draußen Bescheid und dass Rasalom damit zu tun hatte.
»Nein, das ist er nicht. Er ist hier bei dir.«
»Nein! Nicht mein Glen! Er ist da draußen! Er würde nie zulassen, dass das Dunkle gewinnt! Niemals! Jetzt geh weg von mir, du alter Dummkopf! Verschwinde!«
Glaeken wollte nicht, dass sie schrie, also stand er auf und ging.
»Und wenn du Glen siehst, dann sag ihm, dass Magda ihn liebt und weiß, dass er die Dunkelheit damit nicht davonkommen lässt.«
Die Worte schmerzten. Sie schlugen ihre Krallen in seinen Hals und seine Schultern und er zog sie hinter sich her, als er durch den Flur zurück ins Wohnzimmer ging.
Das Wohnzimmer … Es sah aus wie bei einer Trauerfeier. Die sieben schweigenden Anwesenden, obwohl kaum mehr als eine Armeslänge voneinander getrennt, waren kilometerweit weg, jeder in sich zurückgezogen, eingeschlossen hinter den Mauern der eigenen Gedanken. Und Ängste.
Sogar hier.
Nick und Jeffy starrten in die Luft. Ba saß im Schneidersitz hinten an der Wand, schweigend, mit geschlossenen Augen. Jack und Sylvia standen an den gegenüberliegenden Enden des riesigen Fensters und starrten in die ewige
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