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Wie angelt man sich einen Daemon

Titel: Wie angelt man sich einen Daemon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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widerstehen können. Jetzt wartete ich auf Father Ben, bis er die üblichen Begrüßungen und Verabschiedungen nach der Messe hinter sich gebracht hatte, damit wir uns noch einige Minuten über diese Andramelech-Sache unterhalten konnten.
    »Er trägt eine Windel«, sagte ich zu meiner Tochter. »Falls du sie wechseln musst, findest du eine frische im Auto. Samt Feuchttüchern und neuen Klamotten, wenn das auch nötig sein sollte.«
    »Ma-mi!« Sie bremste mit ihren Absätzen im Sand und drehte sich dann einmal um die eigene Achse, um mich vorwurfsvoll anzusehen. »Wieso muss ich denn schon wieder auf Timmy aufpassen?«
    »Das habe ich dir doch bereits gesagt. Ich muss rasch mit Father Ben sprechen.«
    Ihrem Seufzen nach zu urteilen, hätte man vermuten können, dass ich sie gerade dazu verdonnert hätte, wieder in die Junior High-School zurückzukehren.
    »Es dauert nur einige Minuten, Allie. Hast du denn etwas vor?«
    Sie zuckte lässig mit einer Schulter und zeichnete mit ihrem Schuh ein paar Linien in den Sand. »Keine Ahnung. Warum kann ich nicht mitkommen?«
    Mein Herz blieb für einen Moment fast stehen, während ich überlegte, ob Allie vielleicht doch etwas von meinem geheimen Leben ahnte. Ist es nicht geradezu genetisch vorprogrammiert, dass Teenager nichts von dem glauben, was ihnen ihre Eltern erzählen? Falls Allie annahm, dass ich noch immer als Dämonenjägerin beschäftigt war, dann würde es für sie auch Sinn machen, dass ich mit einem Priester unter vier Augen sprechen wollte.
    Obwohl ich erneut von meinem Schuldgefühl gequält wurde, weil ich ihr nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte, konnte ich mich trotzdem nicht dazu entschließen, das jetzt nachzuholen. Ich war noch nicht bereit und klammerte mich an die Hoffnung, dass es sich nur um ein typisch pubertäres Verhalten meiner Tochter handelte. Vielleicht suchte sie ja verzweifelt nach einer Ausrede, warum sie nicht auf ihren kleinen Bruder aufpassen konnte.
    »Ich will nur rasch mit ihm über die Archivierung sprechen«, erklärte ich. »Ist nicht sonderlich spannend. Und Timmy würde sich zu Tode langweilen«, fügte ich hinzu und stieß ihn erneut an, weil er immer lauter um Aufmerksamkeit gebrüllt hatte.
    »Es geht also nur um die Archivierung?«
    »Genau«, erwiderte ich. »Und ich bezweifle sehr, dass du gewillt wärst, dein Cheerleader-Training aufzugeben, um mir beim Ordnen der Nachlässe zu helfen. Diese Dinge sind außerdem in alten Kartons voller Ungeziefer aufbewahrt. Aber falls du doch möchtest…«
    Ich beendete den Satz nicht, da ich mir ziemlich sicher war, Allie abgeschreckt zu haben. Wenn ich mich irrte, musste ich eben mit Father Ben über das Archiv sprechen. Allerdings hätte das dann auch den Vorteil, dass ich meine tödlich langweiligen Verpflichtungen mit meiner Tochter teilen könnte.
    Ich hatte mich vor dem Sommer im Kirchenkomitee dazu bereit erklärt, das Archiv etwas in Ordnung zu bringen. Obwohl das Projekt nur bis in den Herbst dauern sollte, war ich noch immer nicht damit fertig – wie so oft bei ehrenamtlichen Tätigkeiten. Man hätte eigentlich annehmen können, dass ich nach meinen vielen Jahren im Elternbeirat gewarnt gewesen wäre…
    Allie hielt sich an den Ketten fest, an denen der Schaukelsitz hing, und lehnte sich zurück, um so laut und tief wie möglich zu seufzen. Ihre langen Haare berührten den Boden, und ich sah, wie sich ihre Brust hob und senkte.
    Leider wusste ich nicht, ob das nun ein Zeichen ihrer Frustration war oder ob sie möglicherweise dafür übte, sich als Schlangenmensch beim Zirkus zu bewerben. Ich hatte auch keine Ahnung, was ihr durch den Kopf ging. Obwohl es mir nicht leichtfiel, das zuzugeben, so vermochte ich doch nicht mehr, allein durch einen Blick in ihr Gesicht zu sagen, was sie bewegte. Vermutlich hatte sie in ihrer Mutter ein ausgezeichnetes Vorbild, wenn es darum ging, ein Pokergesicht aufzusetzen. Ich bin schließlich Meisterin darin, meine Familie anzuschwindeln.
    »Allie?«
    Sie zog sich wieder hoch und sprang von der Schaukel. »Okay. Gut. Ich bleibe hier bei Timmy.« Dann streckte sie ihre Hand aus. »Schlüssel.«
    Ich zögerte, was ihr natürlich auffiel.
    »Falls ich Timmy die Windel wechseln muss«, sagte sie. »Hallo? Jetzt komm schon. Befürchtest du etwa, dass ich den Wagen stehlen und einfach damit durch die Gegend fahren könnte oder was?«
    Das befürchtete ich zwar nicht, aber ich hatte früher auch nie erwartet, dass sie sich einfach so aus dem Haus

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