Wie angelt man sich einen Daemon
die angeschlagene Beziehung zu kitten. Im Grunde musste auch ich dasselbe tun. Ich wollte es zwar nicht wahrhaben, aber ich wusste, dass das Geheimnis, das ich vor Allie hatte, auch zwischen meine Tochter und mich einen großen Keil treiben konnte, wenn ich nicht achtgab.
Während ich die Lichterketten zusammensammelte, die auf dem Boden lagen, holte Laura ihre Tochter. Als ich ins Haus kam, verließen die beiden gerade durch die Verandatür das Wohnzimmer. Allie war damit beschäftigt, mit Timmy um die Fernbedienung zu streiten.
»Ich will Dora sehen«, erklärte er, ließ die Fernbedienung auf den Boden fallen und setzte sich darauf. Während der letzten Wochen war er ziemlich gewachsen. Nicht nur sein kleiner Körper hatte mehrere Zentimeter zugelegt, sondern auch sein Wortschatz und seine Ausdrucksweise hatten sich deutlich verbessert. Dummerweise benutzte er seine neuen Fähigkeiten vor allem dazu, sich zu streiten.
»Timmy…« Allie sah ihren Bruder finster an. Ihre Miene erinnerte mich auf erschreckende Weise an meine eigene in solchen Momenten. Wie die Mutter, so die Tochter. »Gib mir die Fernbedienung zurück!«
»Dom«, entgegnete er und verschränkte entschlossen die Arme.
Sie gab einen frustrierten Seufzer von sich, der etwas hysterischer klang, als sie aufblickte und mich entdeckte. »Mutter!«, klagte sie nun genervt. »Mach etwas.«
»Timmy«, sagte ich mit meiner strengsten Mutter-Stimme. »Gib mir sofort die Fernbedienung. Niemand schaut jetzt fern. Verstanden?«
»Aber Mami«, heulte Allie.
»DORAAAAA!«, brüllte Timmy.
Ich holte tief Luft und fragte mich, ob es wohl zu spät war, um mich einfach umzudrehen und wieder hinauszugehen. Es sollten sich doch irgendwo am Haus noch ein oder zwei Lichterketten finden lassen, die ich dringend herunterholen musste. Vielleicht gab es ja auch einen Busch, der zurechtgeschnitten werden wollte, oder ein Blumenbeet, das von Unkraut nur so überwuchert war. Auch ein Dämon wäre mir jetzt ganz recht gewesen.
Doch dummerweise sind Dämonen nie zur Stelle, wenn man mal dringend einen braucht.
»Du«, sagte ich und zeigte auf Allie. »Du holst jetzt sofort seine Bastelkiste. Und du«, fügte ich hinzu und zeigte auf Timmy, »für dich wartet in der Küche eine kleine Überraschung.«
Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber Timmys Interesse war geweckt. In weniger als zehn Minuten schafften es Allie und ich, ihn in seinem Kindersitz am Küchentisch zu verstauen. Vor ihm lagen ein Berg von übrig gebliebenem Geschenkpapier, ein Klebestift und eine Ansammlung von Pappstücken.
»Mach einen Stern, Mami«, forderte er mich sofort auf.
»Viel Vergnügen«, meinte Allie grinsend. »Ich werde mir jetzt die Fernbedienung unter den Nagel reißen.«
»Kommt nicht infrage«, sagte ich, als sie bereits auf dem Weg ins Wohnzimmer war. Sie blieb stehen, warf mir den vertrauten Schmollblick einer Pubertierenden zu und wartete darauf, dass ich diese Ungeheuerlichkeit erklären würde. »Wir müssen erst den Baum abschmücken«, sagte ich. »Am besten holst du die Schachteln vom Speicher, und dann treffen wir uns im Wohnzimmer wieder.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Du lässt ihn mit einem Klebestift allein? Wow. Ich hatte dich schon im Museum für ziemlich mutig gehalten.«
»Sehr witzig«, entgegnete ich und bemühte mich darum, ihr nicht zu zeigen, wie unendlich erleichtert ich war, dass sie darüber Scherze machen konnte. »Los, jetzt ab mit dir!«
Sie drehte sich um und verschwand im oberen Stock. Während der nächsten fünf Minuten zeichnete ich auf Pappe einen Stern, benutzte Timmys Kinderschere, um ihn sorgfältig auszuschneiden, und verwendete dann mein sagenhaftes künstlerisches Talent dazu, kleine Stückchen Papier daraufzukleben.
»Fantastisch«, sagte ich und hielt den Stern zufrieden in die Höhe.
»Nein, Mami. Noch nicht fertig.« Timmy riss mir das Kunstwerk aus der Hand und fuhr fort, noch mehr Geschenkpapier daraufzukleben. »Auch Glitzer? Bitte! Glitzer! Rot und blau und silbern und grün…«
»Einen Moment, kleiner Mann«, unterbrach ich ihn und lachte. Der Glitzer- und Glimmerstaub würde sich in der ganzen Küche verbreiten. Aber die Tatsache, dass Timmy zur Abwechslung einmal »Bitte« gesagt hatte und somit meine Bemühungen, ihm gute Manieren beizubringen, durchaus zu fruchten schienen, waren das drohende Chaos wert. Ich gab nach. Außerdem würde ich in etwa einer Stunde sowieso die ganzen Nadeln unseres Weihnachtsbaums
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