Wie angelt man sich einen Daemon
damit beschäftigt, eine Gruppe im Kickboxen zu unterrichten. Er nickte mir zu und gab mir zu verstehen, dass ich warten sollte. Gewöhnlich trainiere ich mindestens dreimal pro Woche bei ihm, doch während der Weihnachtsferien hatte ich diese Routine unterbrochen, und so freute ich mich jetzt, ihn wiederzusehen.
Ich setzte mich auf einen der Stühle, die am Rand der Übungsfläche aufgereiht waren, und beobachtete die Gruppe. Die meisten Teilnehmer waren Frauen, von denen ich einige wiedererkannte. Es handelte sich um Mütter, die in der Nachbarschaft wohnten und die Zeit nutzten, während ihre Kinder in der Schule waren, um ein wenig zu trainieren.
Die meisten waren ziemlich fit. Hier ging es aber vor allem darum, das Selbstbewusstsein zu stärken. Vielleicht würde ein lauter Schrei einen potenziellen Angreifer verjagen, vielleicht aber auch nicht. Es war also besser, vorbereitet zu sein. Ich wollte mir allerdings gar nicht vorstellen, was diese Frauen tun würden, wenn sie in einer dunklen Gasse einem Dämon über den Weg laufen würden, der entschlossen war, sein Spiel mit ihnen zu treiben. Eine tote Hausfrau bot nämlich eine perfekte Hülle für einen neuen Dämon.
Mir lief ein kalter Schauder über den Rücken. Diese Vorstellung behagte mir ganz und gar nicht. Es gab gute Gründe, warum ich mich bereit erklärt hatte, meine Arbeit wieder aufzunehmen, und dazu gehörten auch Frauen wie diese. Selbst für den Fall, dass San Diablo voller freiberuflicher Dämonenjäger sein sollte, die im Hauptberuf als Chemielehrer oder Ähnliches arbeiteten, wusste ich, dass ich trotzdem weitermachen wollte. Meine Arbeit war zwar geheim, aber sie war verdammt wichtig. Und obwohl diese Frauen keine Ahnung hatten, so waren sie doch auf mich angewiesen.
Ich verbrachte die nächsten fünf Minuten damit, Cutter zuzusehen, wie er die Unterrichtsstunde beendete. Einige Minuten lang schlugen die Frauen noch um sich, kickten und sprangen, während Cutter darauf achtete, dass sie ihre Bewegungsabläufe genau einhielten. Ich feuerte sie innerlich dabei an, ihr Bestes zu geben, die Arme etwas gerader zu halten und die Füße etwas fester auf den Boden zu setzen.
Schließlich verabschiedete sich Cutter von der Gruppe und trat zu mir. »Was hältst du davon?«
»Sieht gut aus«, sagte ich.
»Nicht so gut wie du«, entgegnete er mit einem breiten Grinsen.
»Wenn sie so gut wären, hättest du auch bald keine Arbeit mehr.«
»Wohl wahr.« Er ging zu seinem Schreibtisch, und ich folgte ihm. »Gib mir ein paar Minuten Zeit, und dann können wir mit dem Training beginnen.«
»Heute nicht.« Ich war sowieso nicht in Sportkleidung erschienen, aber das war nicht ungewöhnlich bei mir, weshalb Cutter wohl angenommen hatte, dass ich wie immer zum Training kam. Ich hatte ihm schon vor Monaten erklärt, wie sinnlos ich es fand, einen Keikogi zu tragen. Warum sollte ich mich extra umziehen? Ich hatte noch nie einen Dämon getroffen, der auf mich gewartet hätte, während ich nach Hause rannte und mir die richtigen Klamotten überwarf.
»Heute nicht?«, fragte Cutter überrascht und blieb direkt vor mir stehen. »Was verschafft mir dann das Vergnügen? Oder sollte heute endlich der Tag gekommen sein, an dem ich deine Geheimnisse erfahre, Kate Connor, du mysteriöses Wesen, du?«
Das Letzte sagte er mit einer solch tiefen, melodramatischen Stimme, dass ich laut lachen musste. »Was glaubst du, Cutter?«
»Ich glaube, dass ich wieder einmal kein Glück habe. Wieder einmal abgeschmettert. Wieder einmal gegen eine Wand gerannt. Nein, nein! Du musst gar nicht versuchen, mich zu trösten. Ich weiß, dass ich für dich bloß ein schwarzer Gürtel bin.«
»Ein sehr charmanter schwarzer Gürtel.«
Er grinste. »Das ist klar.«
»Du hattest allerdings nicht ganz unrecht. Ich bin zwar nicht hier, um dir mein ganzes Geheimnis zu enthüllen, aber ich hatte gehofft, dass du mir vielleicht etwas weiterhelfen könntest.«
Cutter wurde sogleich ernst – ein weiterer Grund, warum ich ihn so mochte. »Gern.«
Trotzdem zögerte ich noch. Bis auf Allie und Laura wusste bisher niemand etwas von dem Geheimnis, das Erics Tod umgab. Aber ich brauchte dringend Hilfe.
Außerdem vertraute ich Cutter. Vielleicht war das auch meine Art und Weise, ihn zu testen. Wenn ich seine Hilfe für ein kleineres Geheimnis in Anspruch nehmen konnte, war es vielleicht möglich, mich allmählich auch auf das größere zuzubewegen.
»Du erinnerst dich doch noch daran, wie wir
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