Wie angelt man sich einen Daemon
Augen an. »Kate, du hast dich vom ersten Tag an
zu ihm hingezogen gefühlt. Und ihm geht es offenbar nicht anders. Du weißt das, und
er weiß es. Sogar ich weiß es!«
Ich spürte, dass sich meine Wangen erhitzten.
»Es ist ganz natürlich, sich zu anderen Menschen hingezogen zu fühlen,
Kate. Solange du nicht danach handelst, brichst du auch nicht dein Ehegelübde.«
Sie hatte recht. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, eine Grenze
überschritten zu haben. Doch da ich nicht vorhatte, das je zu wiederholen, war es wohl
das Beste, mir keine Gedanken mehr darüber zu machen und das Ganze einfach zu
verdrängen.
Ich beugte mich vor und zog einen weiteren Stapel Papiere auf meinen Schoß.
Laura folgte meinem Beispiel und blätterte ihren Aktenordner durch. »Ich will ja
nicht beleidigend sein«, sagte sie nach einigen Minuten des Schweigens. »Aber Eric
hat in seinem Büro ja ziemlich viel Mist angesammelt.«
»Das ist nicht beleidigend«, entgegnete ich. Sie hatte recht. Die Kartons
waren voller Dinge, die keine Bedeutung mehr hatten: zahllose Notizen über die
Anschaffung und Provenienz von Büchern, die in die Bibliothek aufgenommen wurden;
immer wieder ein paar Zeilen über Dinge, die wir als Familie unternommen hatten oder
unternehmen wollten; Hinweise auf das Hotel in Disneyland, wohin wir mit Allie
gefahren waren; Berechnungen über die Kosten einer Schifffahrt zu den Walen; kleine
Zettel, auf denen alle möglichen Zahlen standen, die mit irgendwelchen
Ferienbuchungen zu tun hatten. All das war nun schon so lange vorbei, dass es selbst
mir kaum mehr etwas bedeutete.
»Wir müssen uns das trotzdem genau ansehen«, sagte ich. »Oder zumindest
ich.«
»Ich helfe gern«, erklärte Laura. »Auch wenn es etwas umständlich ist, nur
mit einem Arm die Kisten zu durchwühlen. Aber so muss ich zumindest nicht ständig an
heute Abend denken.«
»Nervös?«
»Ein bisschen schon«, gab sie zu. »Übrigens, danke für das Kleid. Vor
allem, wenn man bedenkt, was alles damit passiert ist.«
»Außergewöhnliche Umstände«, erwiderte ich. »Du kannst mir glauben – ich
habe Stuarts bewundernden Blick gesehen. Wenn ich ihn vor dieser ganzen
Dämonengeschichte wegen Eddie gefragt hätte, wäre alles problemlos über die Bühne
gegangen. Du wirst heute Abend sicher fantastisch darin aussehen, meine Liebe.«
Sie zog die Nase kraus. »Ich bin schon einige Zeit aus dem Rennen.«
Nachdenklich strich sie sich die Haare zurück. »Im Grunde war ich nie im Rennen.
Schließlich habe ich gleich nach der High-School Paul geheiratet.«
»Ich kenne das Gefühl«, sagte ich. »Als ich anfing, nach Erics Tod wieder
auszugehen, wusste ich überhaupt nicht, wie das geht.«
»Und für dich hat sich alles schließlich zum Besten gewendet«, meinte sie.
Dann runzelte sie die Stirn. »Na ja, ich meine…«
»Keine Sorge«, unterbrach ich sie. »Ich weiß, was du meinst.«
Da sie offensichtlich genauso wenig wie ich noch einmal über David sprechen
wollte, beugte sie sich nach vorn und holte ein weiteres Bündel Papiere heraus, die
sie sich erneut mithilfe ihrer heilen Hand auf den Schoß wuchtete. »Nach dieser
Aktion bist du mir etwas schuldig.«
»Glaub mir, das weiß ich.«
Ich wollte ihr gerade vorschlagen, sie ihr ganzes Leben lang mit Brownies
zu versorgen, als das Telefon klingelte. Ich eilte in die Küche und hob ab. Es war
Delores Sykes, die Pfarrbüroangestellte, die für die ehrenamtliche Arbeit zuständig
war.
Sogleich bedauerte ich, nicht vorher auf das Display gesehen zu haben, um
herauszufinden, wer da anrief.
»Hallo, Delores«, sagte ich. »Es tut mir wirklich leid, dass ich mich in
letzter Zeit so wenig gerührt und keine weiteren Listen angefordert habe. Ich war
wahnsinnig beschäftigt, aber ich werde in den nächsten Tagen bestimmt vorbeischauen
und noch weitere abholen.«
Das hatte ich auch vor. Ich wollte nachsehen, ob es im Kirchenarchiv
irgendeinen Hinweis auf unseren geheimnisvollen Stein gab. Schon jetzt war ich
allerdings alles andere als scharf darauf, wieder in diesen staubigen Kisten wühlen
zu dürfen.
»Keine Sorge, ich verstehe das. Mit den Ferien und dann dem Schulbeginn
wirst du bestimmt unglaublich viel zu tun gehabt haben.«
»Kann man so sagen«, stimmte ich zu. »Was kann ich für dich tun?«
»Ehrlich gesagt, weiß ich es nicht genau. Father Ben telefoniert gerade,
aber er hat mich gebeten, dich anzurufen. Er würde sich freuen, wenn du ins
Pfarrbüro kommen und kurz mit ihm
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