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Wie angelt man sich einen Earl

Wie angelt man sich einen Earl

Titel: Wie angelt man sich einen Earl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caitlin Crews
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Heim, ein Schutz und Hort für eine Familie, etwas, das ihm Pembroke Manor nie wirklich gewesen war. Aber möglicherweise konnte es für künftige Generationen das sein, wovon er immer geträumt hatte.
    Wahrscheinlich stimmte etwas mit ihm nicht, weil er den größten Verlust, den dieser verheerende Brand gekostet hatte, nicht betrauern konnte: seinen Bruder Oliver. Vielleicht war er ein noch größeres Monster, als er bisher angenommen hatte. Doch selbst jetzt, während er auf die geschwärzten Überreste des Ostflügels schaute, fühlte er nichts.
    Sein Bruder war sinnlos betrunken gewesen, wie meistens, und sorglos wie gewöhnlich. Die Versicherungsagenten hatten Rafe versichert, dass er nicht gelitten hatte, weil er nicht bei Bewusstsein gewesen war, als der Ostflügel niedergebrannt und über ihm zusammengestürzt war. Die Katastrophe, die Oliver das Leben geraubt hatte, machte Rafe zum Eigentümer des verbleibenden Besitzes.
    Wahrscheinlich müsste man diesen Umstand auch noch als Gnade bezeichnen, was Rafe aber nicht dazu brachte, aufrichtig um Oliver und dessen vergeudetes Leben zu trauern, wie es seine Pflicht gewesen wäre.
    Wahrscheinlich gelang ihm das nicht, weil er es vorher schon getan hatte, solange er zurückdenken konnte. Jeden einzelnen Schritt auf den unvermeidlichen Abgrund zu hatte er mit ansehen müssen. Es war wie das unvermeidliche Echo auf die vernichtende Alkoholkarriere ihrer Mutter gewesen, die ebenfalls ihrer Sucht zum Opfer gefallen war.
    Rafe verbannte die quälenden Erinnerungen zurück ins Unterbewusstsein, wo sie weiter darauf lauerten, ihn in regelmäßigen Abständen heimzusuchen, und dafür sorgten, dass er niemals Ruhe finden würde.
    Die Hände tief in den Taschen seiner dicken Jacke vergraben, machte er sich auf den Weg zurück ins Haus und in sein eigenes Bett. Erneut flog sein Blick zu dem Fenster, das immer noch hell erleuchtet war.
    Erst heute Morgen hatte Angel ihm das Jawort gegeben und sich gleich danach von ihm zurückgezogen, weil er sich als das Monster erwiesen hatte, das er nun einmal war. Ohne Vorwarnung hatte er sie aus ihrem gewohnten Londoner Leben gerissen und in eine fremde Welt verfrachtet, die ihr Angst machte.
    „Ich werde unter Garantie eingehen in den Highlands !“, hatte sie ihm an Bord seines Privatjets prophezeit.
    „Du hast erzählt, dass du dein ganzes Leben gezwungenermaßen in der Stadt verbringen musstest“, hatte er erwidert. „Vielleicht wird aus dir ja noch ein richtiger Country-Fan .“
    „Ich meinte das nicht lustig oder literarisch. Will heißen, ich habe keine Angst, rastlos zu werden oder mich zu langweilen. Aber die Einsamkeit, die Leere … sie werden mich in den Wahnsinn treiben. Du wirst es erleben.“
    „Das Manor hat einen riesigen Dachboden“, lautete seine nüchterne Antwort. „Perfekt geeignet, um hysterische Zusammenbrüche überspannter Frauen in Ruhe auszukurieren. Du brauchst dir also keine Sorgen zu machen.“
    Daraufhin war es eine ganze Weile sehr still zwischen ihnen gewesen.
    „Wie beruhigend“, hatte seine frischgebackene Gattin schließlich gemurmelt. „Du hast wirklich an alles gedacht, nicht wahr?“
    Rafe blieb stehen, holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand über die Augen. Auch dafür würde er vermutlich bezahlen müssen …

6. KAPITEL
    In der Bibliothek hätte er seine Frau, die sich die dumme Bemerkung über hysterische Zusammenbrüche offenbar viel zu sehr zu Herzen genommen hatte, am allerwenigsten erwartet. In den letzten zwei Wochen war sie von dem vor Leben sprühenden Geschöpf, das ihn auf Anhieb fasziniert hatte, zu einem Schatten ihrer selbst geworden. Und dafür war Pembroke Manor mindestens so verantwortlich wie er selbst.
    Angel hatte ihn nicht eintreten hören. Die Bibliothek wirkte wie eine tiefe dunkle Höhle, in der man es im Winter allein wegen zweier riesiger Kamine aushielt. Einer an jedem Ende des Raumes, dazwischen deckenhohe Regale voller Bücher.
    Rafe hatte hier unzählige Stunden während seiner Kindheit verbracht, verloren in spannenden Geschichten über ferne Länder, weit weg von diesem Ort – und weit weg von dem, was von seiner Familie nach dem Tod des Vaters übrig geblieben war, als er gerade mal zehn Jahre alt gewesen war.
    Sie saß nahe am Kamin in dem alten Ledersessel, der immer sein Lieblingsplatz gewesen war. Die Beine hatte sie unter sich gezogen, und sie schien völlig vertieft in ein Buch, das auf ihrem Schoß lag. Neben dem Sessel sah er einen ganzen

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