Wie angelt man sich einen Earl
unüberlegten Trip mit zweifelhaften Freunden, den sie in ihrer wilden Jugend nach Aberdeen unternommen und längst verdrängt hatte.
Auf der Karte lag es oberhalb Großbritanniens. Die Bilder, die Angel mit dem weiten Land verband und die ihr jetzt in den Kopf kamen, ließen sie schaudern: unendlich tiefe schwarze Wasserlöcher, jahrhundertealte Ruinen und antike Steinwälle in einer abweisend kargen Landschaft. Auf der anderen Seite gab es die Hauptstadt Edinburgh und das etwas größere, vibrierende Glasgow. Natürlich konnte keine der beiden Städte mit London mithalten!
„Schottland?“, vergewisserte sie sich noch einmal, ob sie auch richtig gehört hatte.
„Scottish Highlands“ , korrigierte Rafe sanft. „Ich spreche vom schottischen Hochland. Ein wunderschönes Fleckchen Erde.“
„Ist es nicht ein bisschen abgelegen?“, fragte Angel mit klopfendem Herzen.
Das schwache Lächeln und die erhobene Braue wirkten seltsam unerbittlich.
„Rafe, ich kann unmöglich in den Highlands leben!“ Angels Panik war echt und ließ keine Plänkeleien zu. „Genauso gut kannst du mich auf den Mond verfrachten!“
„Wir reden hier vom Familiensitz der Pembrokes“, sagte er sanft. „Er ist seit Jahrhunderten das Heim meiner Familie.“
„Du musst verrückt sein!“, stieß Angel voller Überzeugung hervor. Hilflos wedelte sie mit den Händen und lachte hysterisch. Im Geiste sah sie sich bereits über karge Äcker stampfen, Kühe melken, ein Schaf scheren oder was man sonst so auf dem Land tat, wenn man nicht gerade vor Langeweile einging. „Ich habe noch nie in meinem Leben außerhalb der Stadt gelebt und werde jetzt ganz sicher nicht damit anfangen. Besonders nicht, da dir so ein prachtvolles Stadthaus in London gehört!“
„Unglücklicherweise hast du gar keine Wahl“, kam es unbeeindruckt zurück.
Genauso gut hätte er ihr eine Ohrfeige geben können. Angel fühlte jeden Tropfen Blut aus ihrem Gesicht weichen.
„Eines der Dokumente, die du unterschrieben hast, besagt, dass du einverstanden bist, mit mir an dem Ort meiner Wahl zu leben, bis der zukünftige Erbe, den wir hoffentlich bald bekommen werden, das Schulalter erreicht hat.“
Diese Ungeheuerlichkeit präsentierte er ihr in einem Ton, als wäre es ihm völlig egal, wie sie die Nachricht aufnahm, solange sie sich nur seinem Willen unterwarf. Und wahrscheinlich meinte er es auch genau so!
„Ich habe dir zugesichert, dich nicht zu drängen, was die körperliche Komponente unserer Verbindung betrifft, und dieses Versprechen werde ich auch halten.“
Warum sie diese Zusicherung wie eine weitere Ohrfeige empfand, wollte Angel lieber nicht ergründen.
„Gegen unterschiedliche Wohnsitze habe ich gar nichts einzuwenden“, wurde die neue Countess of Pembroke weiter informiert, „allerdings erst, wenn die Sache mit dem Erben geregelt ist. Tut mir leid, wenn dieses Arrangement deinen Erwartungen nicht ganz entspricht, aber bis dahin werden wir gemeinsam in Pembroke Manor leben, abgesehen von vereinzelten Abstechern nach Glasgow oder London.“
In Angels Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander, das ihr auf den Magen schlug. Ihre Hände zitterten unkontrolliert, hinter den Lidern brannten ungeweinte Tränen, die sie eisern zurückhielt. Willkommen in der Realität! gratulierte sie sich selbst sarkastisch. Wie hatte sie nur die Wahrheit hinter ihrer gerade geschlossenen Ehe vergessen können? Und sich auch noch vorgenommen, Rafe keinen Schmerz zuzufügen, wo sie doch hätte wissen müssen, dass er keine derartigen Skrupel hatte. Dies war ein nüchtern kalkuliertes, kaltes Arrangement, keine Liebesehe!
Du pathetischer Dummkopf! Wie hast du das nur vergessen können?
„Und wenn ich das nicht kann?“, fragte sie laut.
„Du kannst gehen, wann immer du willst“, erwiderte Rafe völlig gelassen. „Ich darf dich nur daran erinnern, dass du in diesem Fall nicht mehr mitnimmst als das, was du in die Ehe eingebracht hast. Die Höhe deiner Verbindlichkeiten bleibt bestehen, aber anstatt dem Kreditinstitut schuldest du die fünfzigtausend Pfund dann mir.“
Angel brauchte einen Moment, um das zu verdauen, obwohl sie natürlich genau damit hatte rechnen müssen. „Wenn du es so ausdrückst, sollte ich unserer Ehe vielleicht doch noch eine Chance einräumen“, erklärte sie mit dem gewohnten Sarkasmus, nachdem sie innerlich bis zehn gezählt hatte.
„Wie du wünschst“, kam es höflich zurück.
Ich hasse ihn! In erster Linie für den milden,
Weitere Kostenlose Bücher