Wie angelt man sich einen Earl
es sie davon abhalten konnte, sich die Finger zu verbrennen oder völlig in Flammen aufzugehen, was sie viel eher befürchtete …
Noch bevor Rafe seine Frau sah, wusste er, dass sie das Haus verlassen hatte und sich ihm näherte. Es war mitten am Nachmittag, und auch ohne – wie in den letzten Stunden – ständig zur Haustür zu schauen, spürte er Angels Anwesenheit.
Es war, als verändere sich die Luft, die er atmete, ja, die ganze Atmosphäre. Die laue Luft war plötzlich von Frühlingsduft erfüllt und schmeckte reiner und frischer. Oder du schnappst langsam über und mutierst wegen dieser Frau noch zum Poeten! verhöhnte er sich selbst.
Als er sich umdrehte, sah er sie direkt auf sich zukommen. Meine Frau! Er ließ die Worte in seinem Inneren nachhallen und musste sich eingestehen, dass sie ihm mehr gefielen, als er es sich wünschte. Dabei konnte er sich den Zauber, den diese kapriziöse Schönheit auf ihn ausübte, immer noch nicht erklären. Sie passte in keines der üblichen Schemata, war absolut nicht standesgemäß, herausfordernd und ziemlich respektlos und viel zu clever.
Und er? Er war schockierenderweise verrückt nach ihr.
Die Bauarbeiter hielten sich in Gegenwart des Earls of Pembroke mit neugierigen Blicken und losen Bemerkungen naturgemäß zurück, wofür Rafe ihnen dankbar war. Bisher hatte er Angel noch nicht darauf aufmerksam gemacht, dass es Frauen ihres Standes angeraten war, selbst hier auf dem Land eine gewisse Kleiderordnung zu beachten und nicht als Aushängeschild angesagter Designer der Londoner Party-Szene herumzulaufen.
Angel trug eine Designerjeans, die ihr direkt auf den Leib geschneidert zu sein schien, dazu völlig unpassende Schuhe und eins dieser Tops, die immer so aussahen, als fehle ein entscheidender Teil Stoff. Lautlos mit den Zähnen knirschend, versuchte Rafe, seine Libido im Zaum zu halten. Die High Heels sorgten dafür, dass ihre Hüften in einem herausfordernden Rhythmus schwangen, während sie auf dem Kiesweg vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte. Dazu die übergroße Sonnenbrille und das frisch gestylte kurze Blondhaar.
Diese Frau trieb ihn noch in den Wahnsinn, und auf eine fast perverse Weise genoss er die Tortur sogar!
„Wie ich sehe, hast du dich extra passend angezogen, um auf dem Bau zu helfen“, stellte er ironisch fest, doch Angel wollte sich nicht herausfordern lassen.
„Es gibt so gut wie keine Spiegel in diesem Haus“, erwiderte sie leichthin. „Darum war ich gezwungen, irgendwas überzuwerfen, ohne die Wirkung überprüfen zu können. Also trägst du selbst die Schuld daran, wenn dir das Resultat nicht gefällt.“
Die Sache mit den Spiegeln hatte er vergessen. Da er selbst keinen Drang verspürte, sein lädiertes Konterfei zu sehen, hatte er sie nach und nach fast alle abgehängt. Zu viele üble Geister in den verdammten Dingern, wie er fand. Und wenn er hineinschaute, sah er nur die Explosion und ihre schrecklichen Folgen.
„Ich hasse Spiegel.“
„Dieses Outfit ist dazu bestimmt, mir Courage und Selbstvertrauen einzuflößen“, verriet Angel, ohne auf sein bitteres Statement einzugehen, und schenkte dem Bauleiter ein so strahlendes Lächeln, dass der arme Mann unwillkürlich errötete. Rafe spürte zwar einen seltsamen Stich in der Brust, als sie sich ihm mit dem gleichen Strahlen zuwandte, konnte dem jungen Kerl aber kaum einen Vorwurf machen.
Dieses Lächeln erhellte die tiefste Dunkelheit und vertrieb die Geister. Und es ließ ihn davon träumen, Angel endlich nackt in seinen Armen zu halten und ihr zu zeigen, in welche Höhen der Ekstase er sie entführen konnte, bis sie um Gnade bat …
„Brauchst du nicht manchmal auch eine mentale Aufmunterung?“, fragte sie harmlos.
„Mental genau wie rein körperlich“, murmelte Rafe, sobald der Bauleiter außer Hörweite war.
„Ich verstehe nicht“, behauptete Angel, wobei ihre brennenden Wangen sie Lügen straften.
„Oh, doch, das tust du. Gib mir deine Hand und fühl selbst …“ Rafe konnte selbst nicht fassen, was er da sagte. Und das noch in aller Öffentlichkeit! So weit hatte diese Frau ihn bereits gebracht, dass ihm alles egal war, außer Angel selbst.
Ihre Wangen verfärbten sich nur noch mehr, während sie sich mit leichtem Lachen abwandte, um augenscheinlich höchst interessiert die baulichen Fortschritte an der Ostfassade zu begutachten. Innerlich jedoch befand sich Angel im absoluten Ausnahmezustand. Um das Zittern ihrer Hände zu kaschieren,
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