Wie angelt man sich einen Earl
versteckte sie sie in den engen Taschen ihrer Jeans, wodurch ihre Brüste nach vorn gedrückt wurden und sich noch deutlicher gegen den dünnen Stoff ihres Tops abzeichneten.
Rafe fürchtete ernsthaft um seinen Verstand.
„Und? Geht’s gut voran?“, fragte sie heiser. „Ich kann das nämlich nur schwer beurteilen. Alles, was ich sehe, ist eine müde Horde Handwerker, die sich anscheinend Tag und Nacht mit viel zu lautem Werkzeug auf der Baustelle tummeln.“
Wie immer reizten ihre flapsigen Bemerkungen ihn zum Lächeln, und wie immer verbiss er es sich, um keine Schwäche zu zeigen.
„Es geht gut voran.“ Rafe folgte ihrem Blick zu dem skelettartigen Gerüst vor dem neu errichteten Ostflügel, den er als Neubeginn seines Lebens hier auf Pembroke Manor ansah. Ein neues sauberes Kapitel in der kranken Geschichte seiner Familie. „Die lauten Werkzeuge sind der beste Indikator für Fortschritt und Neubeginn“, fuhr er wie an sich selbst gerichtet fort. „Sorgen musst du dir erst machen, wenn es hier draußen totenstill ist.“
Er hatte als Einziger die dunklen, schweren Jahre überlebt, in denen er mit ansehen musste, wie die restlichen Familienmitglieder ihren Dämonen unterlagen, einer nach dem anderen. Und es hatte ihm nicht nur eiserne Disziplin, sondern mindestens so viel geschäftliches Geschick abverlangt, aus dem relativ kleinen Erbe seines Vaters und dem persönlichen Besitz seiner Großmutter, den sie ihm schon vor ihrem Tod überschrieben hatte, ein stattliches Vermögen zu machen. Nur so hatte er Pembroke Manor retten können, das Oliver über die Jahre hinweg immer wieder beliehen und Stück für Stück ausverkauft hatte. Fast wäre der alte Familienbesitz für immer verloren gewesen, aber das hatte Rafe verhindert.
Und ich werde es niemals zulassen! schwor er sich nicht zum ersten Mal.
„Wie kommt es, dass du diesen Ort so sehr liebst?“, fragte Angel, die sein Mienenspiel beobachtet hatte.
Augenblicklich verschlossen sich Rafes dunkle Züge und machten dem gewohnt finsteren Ausdruck Platz. „Soll heißen, dir geht es anders?“ Er wusste, dass die Frage nicht fair war. Was hatte Angel, selbst als neue Countess von Pembroke, mit diesem Besitz zu tun, der seit Generationen seiner Familie gehörte, belastet mit seiner schweren Geschichte?
„Ich kann die Schönheit durchaus erkennen und schätzen“, sagte sie nach einem Rundumblick und sah dann wieder zum Haus zurück. „Und natürlich beeindrucken mich auch Stil und historische Bedeutung eines so alten Hauses. Aber das ist es nicht, was du fühlst, oder? Für dich geht es tiefer.“
Rafe verschränkte die Arme vor der Brust, aus Angst, Angel sonst in einem Überschwang der Gefühle an sich zu reißen. „Es ist mein Zuhause“, antwortete er rau. „Es war die Freude und der ganze Stolz meines Vaters und seines Vaters vor ihm. Das erste Gebäude wurde Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts errichtet, und es heißt, dass die McFarlands seit dem Beginn von Schottlands Geschichte hier lebten. Ich möchte all das in Ehren halten.“
Für ihn bedeutete es ebenfalls eine Art Wiedergutmachung, aber das konnte er Angel nicht sagen. Wie sollte sie auch nachvollziehen können, dass er sich eine Mitschuld am Untergang seiner Mutter und seines Bruders gab? Wäre er anders gewesen oder am besten überhaupt nicht geboren worden, hätten sich die beiden nicht ständig seinetwegen irritiert und herausgefordert gefühlt. Und vielleicht hätte das Desaster so verhindert werden können.
Ob es wirklich so war, würde er nie erfahren. Er konnte die grausame und belastende Geschichte seiner Familie nicht ändern, aber er konnte Pembroke Manor wieder aufbauen.
„Bist du hier eigentlich jemals wirklich glücklich gewesen?“, fragte Angel gedankenvoll. „Ich kann mich an keine fröhliche Anekdote aus deiner Kindheit erinnern. Du redest immer nur von Pflicht und Verantwortung gegenüber der Familie und dem Besitz. Ist dir das schon mal aufgefallen?“
Völlig unerwartet überfielen ihn jetzt auch andere Bilder aus der Vergangenheit … lange ruhige Spaziergänge mit seinem Vater, durch den Wald und über die weiten Felder. „Ich werde glücklich sein, wenn Pembroke Manor endlich wieder im alten Glanz erstrahlt“, sagte er zurückhaltend.
„Glaubst du das wirklich?“, hakte Angel nach, da seine Stimme sehr gepresst klang.
Verdammt! Was hat sie mit mir vor? Reicht es nicht, dass ich fast irre vor Verlangen nach ihr bin? Musste diese Frau jetzt auch
Weitere Kostenlose Bücher